Mit ETFs können Anleger kostengünstig in Aktien, Anleihen und Rohstoffe investieren. Der Preis sollte bei der Kaufentscheidung jedoch nicht das wichtigste Kriterium sein.
20.11.2024 | 14:30 Uhr von «Matthias von Arnim»
Exchange Traded Funds (ETFs) haben sich in den vergangenen Jahren zu einer populären Anlageform entwickelt. Kein Wunder: Sie bieten Anlegern eine kostengünstige Möglichkeit, in verschiedene Märkte und Anlageklassen zu investieren. Die Herausforderung besteht darin, aus der Vielzahl der Angebote die passenden herauszufiltern. Hier sind Finanzberater gefragt, die Unterschiede in Qualität, Risiko und Ertragspotenzial zu bewerten und ihren Kunden die Zusammenhänge zu erklären. Die Analyse einiger Schlüsselkennzahlen ist dabei essenziel, um die geeignetsten ETFs für verschiedene Kundentypen und Anlagestrategien zu identifizieren. Insbesondere auf diese wichtigen Kennzahlen für die ETF-Bewertung kommt es an:
Die Total Expense Ratio (TER) oder Gesamtkostenquote gibt die jährlichen Betriebskosten des ETFs als Prozentsatz des verwalteten Vermögens an. Da ETFs als kosteneffiziente Anlageprodukte bekannt sind, ist die TER oft das erste Kriterium, das Investoren und Berater betrachten. Ein niedriger TER führt zu geringeren Kosten, was vor allem bei langfristigen Investments eine signifikante Auswirkung auf die Gesamtrendite haben kann.
Tipp: Berater sollten zwar ETFs bevorzugen, deren TER unter dem Branchendurchschnitt liegt. Das gilt besonders für passiv verwaltete ETFs, deren Ziel es ist, die Wertentwicklung eines Index möglichst präzise abzubilden. Gleichzeitig sollte die TER aber auch im Verhältnis zur Gesamtleistung des ETFs betrachtet werden, da eine überdurchschnittlich gute Performance die Kosten eventuell rechtfertigen kann. Was überrascht, aber immer wieder vorkommt: Selbst bei ETFs auf Standard-Indizes gibt es manchmal bemerkenswerte Performance-Unterschiede.
Die laufenden Kosten sind ein breiter gefasster Begriff, der sich auf alle regelmäßig anfallenden Kosten eines ETF bezieht, die den Anleger direkt betreffen. Sie beinhalten in der Regel die TER, aber auch zusätzliche Kosten wie etwa Handelskosten für Käufe und Verkäufe von Wertpapieren innerhalb des ETFs sowie weitere betriebliche Aufwendungen, die nicht in der TER enthalten sind. Oft werden TER und laufende Kosten gleichgesetzt. Das ist aber nicht immer der Fall.
Tipp: Die laufenden Kosten geben ein realistischeres Bild der Gesamtkosten wieder, da sie mehr Positionen berücksichtigen als die TER. Beispiel: Die laufenden Kosten eines ETFs können 0,25 % betragen, obwohl die TER nur 0,2 % beträgt, weil zusätzliche Kosten wie Transaktionskosten eingerechnet werden.
Der Tracking Error misst die Volatilität der Abweichungen eines ETFs von seinem zugrundeliegenden Index. Je niedriger dieser Wert, desto genauer bildet der ETF den Zielindex nach. Die Tracking Difference hingegen zeigt den durchschnittlichen Unterschied zwischen der Wertentwicklung des ETFs und derjenigen des Indexes über eine bestimmte Periode. Eine hohe Tracking Difference bedeutet, dass der ETF hinter seinem Benchmark-Index zurückbleibt.
Tipp: Für passive Anlagestrategien sollte der Tracking Error so niedrig wie möglich sein. Der Tracking Error ist jedoch besonders bei ETFs auf exotische oder illiquide Märkte zu beachten, da hier stärkere Abweichungen möglich sind. Eine geringe Tracking Difference ist vor allem dann wichtig, wenn der ETF als Alternative zu einem Investment direkt im Index empfohlen wird.
Ein ETF mit hohem Handelsvolumen und einer stabilen Liquidität ermöglicht es Beratern und Kunden, bei Bedarf schnell Ein- und Ausstiege ohne größere Kursabschläge zu realisieren. Liquidität hängt dabei nicht nur vom Handelsvolumen des ETFs ab, sondern auch von der Liquidität der zugrunde liegenden Wertpapiere im Index. Besonders für größere Orders kann der Spread zwischen An- und Verkaufspreis entscheidend sein.
Tipp: ETFs mit hohem durchschnittlichem Handelsvolumen sind insbesondere für solche Kunden geeignet, die häufigere Transaktionen planen. Auch die Analyse des „Bid-Ask-Spreads“ (Geld-Brief-Spanne) gibt einen Hinweis darauf, wie leicht der ETF handelbar ist.
ETFs sind entweder ausschüttend oder thesaurierend. Ausschüttende ETFs zahlen Dividenden und Zinserträge regelmäßig an die Anleger aus, während thesaurierende ETFs die Erträge direkt wieder in den Fonds reinvestieren. Diese Entscheidung hat steuerliche und finanzielle Auswirkungen für Investoren.
Tipp: Finanzberater sollten die steuerliche Situation und Präferenzen ihrer Kunden berücksichtigen. Für Anleger, die von Dividendenausschüttungen profitieren möchten, sind ausschüttende ETFs oft vorteilhafter. Für Kunden, die langfristiges Wachstum und Steuerstundung priorisieren, kann hingegen ein thesaurierender ETF geeigneter sein.
Die Volatilität misst die Schwankungsintensität eines ETFs und ist ein Indikator für das Risiko. Zusätzlich sind Kennzahlen wie Sharpe Ratio und Beta wertvoll, um die Risikoeigenschaften eines ETFs besser zu verstehen. Die Sharpe Ratio zeigt, wie viel Rendite im Verhältnis zum eingegangenen Risiko erzielt wurde. Das Beta misst, wie sensitiv ein ETF auf Bewegungen des Gesamtmarktes reagiert.
Tipp: Für risikoscheue Anleger sollten Berater nach ETFs mit niedriger Volatilität und hoher Sharpe Ratio Ausschau halten, um ein günstiges Rendite-Risiko-Verhältnis zu erreichen. Ein niedrigeres Beta ist geeignet für Kunden, die eine geringere Korrelation mit dem Gesamtmarkt bevorzugen.
Ein hohes Fondsvolumen ist oft ein Zeichen für die Marktreife und Stabilität eines ETFs. Ein geringer Vermögenswert könnte auf eine bevorstehende Schließung des Produkts hinweisen, was für Kunden mit einer langfristigen Strategie nachteilig ist. Ältere ETFs verfügen zudem über eine längere Historie, die für die Analyse der Performance nützlich ist.
Tipp: ETFs mit einem Vermögenswert von über 100 Millionen Euro gelten allgemein als stabiler und haben eine geringere Schließungswahrscheinlichkeit. Fonds, die schon einige Jahre auf dem Markt sind, bieten zusätzlich den Vorteil einer besseren Datenbasis für die Performanceanalyse.
Viele ETFs bilden Indizes ab, die spezifische Regionen oder Branchen umfassen. Die Gewichtung dieser Sektoren und Länder beeinflusst die Performance und das Risiko des ETFs. ETFs, die stark in eine bestimmte Branche oder Region investieren, weisen oft höhere Volatilität auf, da sie anfälliger für sektorspezifische oder regionale Risiken sind.
Tipp: Berater sollten die Gewichtungen in Bezug auf die Marktbedingungen und die Risikobereitschaft der Kunden analysieren. Diversifizierte ETFs mit breiter Branchen- und Länderverteilung sind in der Regel stabiler und für konservative Anleger geeignet, während spezialisierte ETFs eine interessante Option für risikofreudigere Anleger darstellen können. Im Rahmen einer Core-Satellite-Strategie kann die Kombination von zum einen breit anlegenden (Core) und zum anderen sehr spezifischen ETFs (Satelliten) Sinn machen.
Fazit: Für Finanzberater ist die fundierte Analyse von ETF-Kennzahlen essenziell, um den bestmöglichen Mehrwert für ihre Kunden zu schaffen. Die Gesamtkostenquote, das Handelsvolumen, die Volatilität sowie die Abweichung zur Indexperformance sind einige der wichtigsten Faktoren, die die Qualität eines ETFs beeinflussen. Durch eine strukturierte und kennzahlenbasierte Analyse können Berater ihren Kunden helfen, ETFs zu finden, die sowohl den finanziellen Zielen als auch der Risikobereitschaft entsprechen.
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