Infiziert das Corona-Virus den Immobilienmarkt?
Auch am Immobiliensektor macht sich die Corona-Krise bemerkbar. Der Blick in die Zukunft ist ungewiss, denn aktuell wirken gegensätzliche Faktoren auf den Markt.25.03.2020 | 15:00 Uhr von «Christian Bayer»
Eines
war lange Zeit sicher und zwar der kontinuierliche Anstieg der Immobilienpreise
in den Ballungsräumen in Deutschland. Das ist auch das aktuelle Ergebnis des
jährlichen erscheinenden Wohnatlas der Postbank. Allerdings zeigt die
Bestandsaufnahme die Entwicklung im Rückspiegel, denn die Daten wurden vor der
Corona-Krise erhoben. In 90 Prozent der Landkreise und der kreisfreien Städte
gab es einen Anstieg der Immobilienpreise. Im Schnitt lag der Zuwachs
inflationsbereinigt bei 9,3 Prozent.
Leidet die Nachfrage?
Experten erwarten zumindest kurzfristig, dass in Zeiten der Unsicherheit über
die kommende Entwicklung die Nachfrage nach Wohnraum und Immobilien leidet. Dafür
dürften mehrere Gründe ausschlaggebend sein. Auf Umzüge in größerer Distanz
innerhalb Deutschlands wird zurzeit möglichst verzichtet. Zudem geht durch die
Schließung der Grenzen die Nachfrage durch Zuzug aus dem Ausland deutlich
zurück. Die dicht an dicht gedrängten Interessenten bei Wohnungsbesichtigungen
dürften in der nächsten Zeit der Vergangenheit angehören. Die Corona-Krise
könnte dazu führen, dass das, was lange als unmöglich gegolten hat, jetzt Realität
wird: Der Rückgang der Immobilienpreise in gefragten Lagen. Der drastische
Kursverfall am Aktienmarkt führt möglicherweise dazu, dass
Wohnungskaufinteressenten für den Immobilienkauf weniger Geld zur Verfügung
haben. Bei Unternehmern, die einen Immobilienkauf in Erwägung gezogen haben, geht
es vielfach an die Existenz. Daher müssen die zur Verfügung stehenden
finanziellen Mittel auch zielgerichtet eingesetzt werden. Immobilienkäufe
werden vor diesem Hintergrund wohl zurückgestellt und dafür eher Reserven für
das eigene Unternehmen aufgebaut.
Hilfe für die Mieter
Der Blick auf die Zeit nach der Corona-Krise ist unsicher, vor allem was die
Dauer des Lockdowns und die wirtschaftlichen Folgen betrifft. Die
Bundesregierung hat für Mieter im Schnellverfahren ein Gesetz umgesetzt, das es
Vermietern für einen begrenzten Zeitraum unmöglich macht, wegen Zahlungsverzug
bei der Miete zu kündigen. Das betrifft sowohl privaten Wohnraum als auch
gewerbliche Immobilien und die Pacht von Gaststätten. Allerdings sind die
Maßnahmen auf die Zeit bis Ende Juni befristet. Klar ist, dass die Zeit des krisenbedingten
finanziellen Engpasses für viele Mieter dann noch nicht zu Ende ist. So
hilfreich die Regelung für Betroffene auch sein mag, aber Wohltaten, die mit
der Gießkanne – oder in Krisenzeiten mit der Bazooka – verteilt werden, sind oft
wenig zielgerichtet. Denn ein Kleinunternehmer, der zur Altersvorsorge eine
Wohnung zur Vermietung gekauft hat, kann durch Zahlungsrückstände bei Mietern mit
der Zahlung der eigenen Kreditraten ebenfalls in Schwierigkeiten geraten.
Es geht noch niedriger
Vor dem Hintergrund, dass die Zinsen weiter ins Bodenlose sinken, bleiben Immobilienkredite weiter sehr günstig und damit attraktiv. Der Finanzierungsvermittler Interhyp verwies darauf, dass die Corona-Krise zu einem Allzeittief bei Bauzinsen geführt hat. Die Mehrheit der Kreditnehmer kann nach Beobachtung der Finanzierungsexperten Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung für 0,6 Prozent p. a. aufnehmen. Bei guter Bonität seien sogar 0,4 Prozent p. a. möglich. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und Unternehmenspleiten wäre allerdings eine Folge, dass Banken höhere Bonitätsanforderungen stellen als in Zeiten einer blühenden Wirtschaft und Vollbeschäftigung. Trotzdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass Optimisten, die eher von einer kurzen Dauer der Krise und einer deutlichen Erholung ausgehen, weiter auf Immobilien setzen. Durch die Krise könnte sich auch das neue Angebot an Immobilien verknappen, was für zumindest stabile Preise sprechen würde. Viele ausländische Arbeiter haben die Baustellen in Deutschland verlassen und sind in ihre Heimat zurückgekehrt. Durch Reisebeschränkungen ist auch kaum Ersatz möglich. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie befürchtet zudem Lieferprobleme bei Baustoffen und Materialien, wenn die Produzenten aufgrund von Krankheitsfällen schließen müssen. Gerade bei den sicherheitsorientierten deutschen Investoren könnte für viele Betongold interessanter bleiben als das Edelmetall, das auch in Krisenzeiten starken Preisschwankungen ausgesetzt ist.
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Quelle: BÖRSE ONLINE