Investoren in Feierlaune - Teil 1: Aktien

Das neue Jahr verspricht Investoren vielfältige Chancen, versichern fast unisono die Anlagechefs und Börsenstrategen der Asset-Manager. US-Aktien, Unternehmensanleihen und häufig auch Gold gelten den Geldmanagern als die aussichtsreichsten Investments

23.01.2025 | 10:30 Uhr von «Ronny Kohl und Uli Kühn»

Seit der US-Wahl geben die Börsen noch einmal richtig Gas. Diese Feierlaune bleibt uns auch 2025 erhalten, versprechen die Strategen und Anlagechefs der großen Asset-Manager. Der Tenor in ihren Jahresausblicken  ist eindeutig: Im Westen nichts Neues.

Auch dieses Jahr bleibt der US-Aktienmarkt für viele der heilige Gral. Schon in den vergangenen Jahren profitierten die Aktien an der Wall Street von robusten Unternehmensgewinnen und günstigen politischen Rahmenbedingungen. Daran soll sich wenig ändern. „Amerikanische Aktien werden auch 2025 weiter glänzen“, prognostiziert stellvertretend Robert Halver von der Baader Bank

Nicht nur in seinen Augen untermauert das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl die Führungsposition des amerikanischen Aktienmarkts. Allerdings: Viele Strategen empfehlen jetzt eine etwas breitere Aufstellung. 2025 dürften die Gewinne der Unternehmen im S & P 500 Index um ordentliche 15 Prozent wachsen. Doch natürlich sind sich die Anlageverantwortlichen der Marktkonzentration und der hohen Bewertungen der US-Titel bewusst.

Andererseits werden inzwischen aber auch Anzeichen für eine zunehmende Marktbreite registriert. Weiterhin stehen deshalb zwar Technologiewerte weit oben auf der Kaufliste der Geldmanager, doch Aktien aus dem Finanz- und Industriesektor gelten vielen als aussichtsreiche Ergänzung. Auch bei Small und Mid Caps wittern Börsenprofis jetzt neue Chancen.

Vielleicht könnte sogar Europa bald wieder stärker in den Fokus rücken. Europäische Aktien gelten als unterbewertet. „Vor allem in Europa gibt es gute Chancen im Bereich der Value-Aktien“, erklärt Werner Kolitsch von M&G Investments. Sogar europäische Small Caps könnten früher oder später wieder einen Blick wert sein. „Nebenwerte mit globaler Ausrichtung und starkem Cashflow haben Aufholpotenzial“, sagt Björn Glück von Lupus alpha. Doch wahrscheinlich dürfte etwas Geduld nötig sein, denn viele der Kleinen warten noch auf den Turnaround.

Diversifizierung ist ratsam

Unterm Strich verspreche 2025 „eine Vielzahl an Gelegenheiten“, sagt Kolitsch. Jedoch bleibe „Streuung, Streuung und nochmals Streuung“ der richtige Investmentansatz. Dazu sind nicht nur für ihn Anleihen ein probates Instrument. Zinspapiere liefern heute wieder die Erträge, die Carry und die defensiven Eigenschaften, die Investoren suchen. Weitere Zinssenkungen und eine steilere Zinskurve schaffen ein günstiges Umfeld für eine Fortsetzung dieser Entwicklung.

Viele Asset-Manager setzen vor allem auf die Renten der Unternehmen, weniger auf Staatsanleihen. „Unternehmensanleihen bleiben 2025 aufgrund ihrer hohen laufenden Verzinsung und der robusten Wirtschaft attraktiv“, erklärt beispielhaft Vincenzo Vedda, seit diesem November der neue Chief Investment Officer der DWS. Besonders attraktiv seien Investment-Grade-Anleihen, sagt Vedda, und liegt mit dieser Einschätzung ganz auf der Linie seiner Kollegen.

Attraktive Aussichten bestehen vielleicht auch für Bankdarlehen, die ja schon letztes Jahr gut abschnitten. „Bank Loans bieten das beste Risiko-Ertrag-Potenzial“, versichert Paul Jackson von Invesco. Hochzinsanleihen sind dagegen mit niedrigen Risikoaufschlägen und der Befürchtung leicht steigender Ausfallraten belastet.

Gold zur Absicherung

Sinkende Realzinsen und eine anhaltend hohe Nachfrage der Zentralbanken treiben weiterhin den Goldpreis. Nicht nur Benjamin Louvet von Ofi Invest sieht Gold als „Versicherung gegen finanzielle Risiken und geopolitische Unsicherheiten“. Hinzu komme ein begrenztes Angebot. Neue Vorkommen zu erschließen sei teuer, was die Knappheit weiter verschärft.

Die Kursexplosion des Bitcoin ist dagegen in den meisten Jahresausblicken kein Thema. Nur Ed Yardeni fragt: „Kann der Bitcoin-Preis auf eine Million Dollar steigen?“ Seine Antwort: „Sicher, warum nicht! “ Doch Anlageprofis schauen lieber von der Seitenlinie aus zu.

Die Kryptowährung hat in den letzten Jahren wohl zu viele spektakuläre Höhen und Tiefen erlebt. Ein plötzlich steigendes Interesse kann den Preis nach oben katapultieren, ein unvermuteter Rückgang schickt ihn in den Keller. Gerade das macht die Kryptowährung für Spekulanten interessant. Die Strategen der Asset-Manager gehören offensichtlich nicht dazu.

AKTIEN

Fokus auf die Wall Street

Selten waren sich die Experten so einig wie beim Aktienausblick 2025 – aller Augen sind auf die USA gerichtet. „Amerikanische Aktien werden auch 2025 weiter glänzen“, sagt Robert Halver stellvertretend für viele. Der Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank geht davon aus, dass US-Präsident Donald Trump die angekündigte „America first“-Politik rigoros durchzieht, etwa über Steuererleichterungen und Maßnahmen zur Deregulierung, wovon in erster Linie die US-Börsen profitieren werden.

Die meisten Portfoliomanager haben sich bereits positioniert. Der monatlichen Umfrage der Bank of America (BofA) zufolge haben viele spätestens nach der US-Wahl ihre US-Aktienbestände aufgestockt. Das zeigt sich auch an den Mittelzuflüssen bei ETFs mit US-Aktien, die nochmals stark zugenommen haben.

Diese Präferenz des US-Markts ist angesichts der robusten Gewinnentwicklung der Unternehmen nachvollziehbar. Analysten erwartet 2025 für die Aktien im S & P 500 ein Gewinnwachstum von 15 Prozent. Besonders gute Chancen sehen viele Anlageprofis für Aktien aus der Finanzbranche und der Industrie. Auch Technologiewerte bleiben Favoriten.

„Insbesondere US- Substanzwerten aus der zweiten
Reihe kommt Donald Trumps Comeback zugute. “

Robert Halver,
Leiter Kapitalmarktanalyse Baader Bank

Marktrotation in Sicht

Allerdings sind auch Mahnungen zu vernehmen, dass aufgrund der hohen Bewertungen eine mögliche Korrektur nicht auszuschließen ist. So beziffert William Davies, Global CIO bei Columbia Threadneedle, das Forward-KGV des US-Markts mit über 25 – als teuerstem Aktienmarkt der Welt. Zum Vergleich: Das Forward-KGV des MSCI All-Country World Index ex-US beträgt lediglich 16,3. „So groß war dieser Abstand seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr“, sagt Davies. Mit einer Underperformance rechnet er hingegen erst dann, wenn andere Märkte schneller wachsen. Doch bis dahin gelten die USA als dynamischster Markt der Welt.

Die Frage, die sich aktuell viele Anleger stellen: Werden die Magnificent 7, also Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla, auch weiterhin das Maß aller Dinge sein? Für Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group, eher nicht. Seiner Einschätzung nach sind bereits erste Anzeichen einer Marktrotation zu erkennen. „Es gibt viele Unternehmen in allen Branchen, die über hervorragende Geschäftsbereiche, starke und zuverlässige Cashflows und Gewinnwachstumspotenzial verfügen. Insofern denke ich, dass die Anleger ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten zu erkennen beginnen.“ Ähnlich das Ergebnis der BofA-Umfrage, wonach die Profis verstärkt nach kleineren und mittleren Unternehmen Ausschau halten.

Und Europa?

In Europa stehen nach Ansicht von Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege bei M&G Investments, unterbewertete Value-Titel im Fokus. Hier sei viel Pessimismus eingepreist, aber eben auch enormes positives Überraschungspotenzial.

Björn Glück, Portfolio Manager bei Lupus alpha, neigt hingegen zu Nebenwerten. Hier ließen sich Unternehmen finden, „die international aufgestellt sind, attraktive Cashflows generieren und über Preissetzungsmacht verfügen“. Das Problem: Die Börsenbewertung spiegelt das zurzeit nicht wider. Glücks Rat: „Es ist immer sinnvoll, eine Assetklasse, die momentan nicht beliebt und historisch niedrig bewertet ist, ins Portfolio aufzunehmen, denn wenn der Turnaround kommt, dann kommt er meist sehr schnell.“

EINDEUTIGE GEWINNER

Der amerikanische Index S & P 500 hat sich deutlich besser entwickelt als der weltweite Aktienmarkt ohne die USA.

Heute Nachmittag lesen Sie an gleicher Stelle wie die Experten die Chancen bei Anleihen und Bitcoin in diesem Jahr einschätzen.

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