Langer Atem statt kurzfristiger Panik
Die Aktienmärkte sind aktuell vom Coronavirus infiziert. Doch Anleger sind gut beraten, überlegt zu handeln und über den kurzfristigen Tellerrand zu blicken.02.03.2020 | 15:00 Uhr von «Christian Bayer»
Orakel von Omaha
Warren Buffett, das Orakel von Omaha, ist mit seinen fast 90 Jahren einer der erfahrensten
aktiven Investoren. Laut Interview mit dem Fernsehsender CNBC schätzt er das
Coronavirus als „beängstigend“ ein. Allerdings hält der Value-Investor Panik
für einen schlechten Ratgeber bei Entscheidungen und rät zu einem kühlen Kopf.
Für seine Investments hat er eine klare Entscheidung betroffen. „Wir werden
bestimmt nicht verkaufen“, so Buffett. Allerdings räumt er ein, dass ein nicht
unbedeutender Anteil der Unternehmen, in die er über seine Holding Berkshire
Hathaway investiert ist, von dem Virus betroffen sind.
Vorsichtiger Optimismus
Während Buffett als Value-Investor einen sehr langfristigen Anlagehorizont hat,
denken die meisten Investoren in kürzeren Zeiträumen. Vor dem Hintergrund, dass
S&P 500 und DAX in wenigen Tagen rund 15 Prozent von ihren Höchstständen
verloren haben, ist es für Anleger schwer, nicht in Panik zu verfallen. Die DWS
hat die aktuelle Lage nüchtern unter die Lupe genommen und ist verhalten
optimistisch: „Auch wenn die Kapitalmärkte in den kommenden Tagen volatil
bleiben dürften, halten wir aber an unserem positiven strategischen Ausblick
fest. (Dieser setzt auf ein Abflachen neuer Infektionen außerhalb Chinas vor
Ende des zweiten Quartals)“. Aus Sicht der DWS-Experten wird es immer
wahrscheinlicher, dass das globale Wachstum in der ersten Jahreshälfte
beeinträchtig werden wird und dadurch auch die Wachstumsraten für das
Gesamtjahr sinken dürften. „Dennoch glauben wir, dass die Wirtschaft in der
zweiten Jahreshälfte mindestens an ihren vormaligen Wachstumspfad anknüpfen
wird“, so die DWS.
Schlüsselrolle der Notenbanken
Eine Schlüsselrolle wird, wie schon bei vorangegangenen Krisen, den Notenbanken
zukommen. Entscheidend dürfte nicht nur sein, ob ein Senken des Zinssatzes erfolgt,
sondern auch zu welchem Zeitpunkt. „Eine zu frühe Reaktion könnte die
Nervosität der Märkte noch verstärken. Wir würden aber erwarten, dass eine
Unterstützung bis Mitte dieses Jahres erfolgt. Bislang gehen wir für dieses
Jahr von einer Zinssenkung der Fed und keiner von der EZB aus“, so die DWS.
Allerdings signalisiert die Entwicklung des Geldmarkt-Zinssatzes EONIA am
Terminmarkt, dass eine überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet, dass
der Einlagensatz für Geldinstitute im April in der Eurozone durch die EZB um 0,10
Prozentpunkte auf dann -0,60 Prozent gesenkt wird. Eine Ausweitung der Niedrig-
und Negativzinsen würde die Attraktivität von Aktien erhöhen.
Renditebringer Aktie
Einen sehr langfristige Perspektive auf die Entwicklung unterschiedlicher Anlageklassen hat die Credit Suisse im „Global Investment Returns Yearbook“ ins Auge gefasst. In der Studie, die in Zusammenarbeit mit der London Business School und der Cambridge University erstellt wurde,wurden unterschiedliche Anlageklassen in 23 Ländern sowie am globalen Finanzmarkt über einen Zeitraum von 120 Jahren untersucht. Spitzenreiter als Renditebringer waren mit einem annualisierten inflationsbereinigten Wertzuwachs von 5,2 Prozent internationale Aktien. Damit lagen sie deutlich vor Anleihen mit zwei Prozent und Geldmarktpapieren mit 0,8 Prozent. Während die annualisierte Rendite von Aktien zwischen 1900 und 2019 in den USA bei real 6,5 Prozent und damit in der Spitzengruppe lag, musste sich Deutschland mit dem fünftletzten Platz zufriedengeben. Der jährliche Wertzuwachs bei Aktien nach Inflation lag bei nur 3,3 Prozent. Deutsche Anleihen verbuchten in den 120 Jahren sogar einen jährlichen inflationsbereinigten Verlust von 1,2 Prozent. Im Vergleich überdurchschnittlich gut sah es in den vergangenen zehn Jahren für Aktionäre aus. In diesem Zeitraum lag die reale Rendite am internationalen Aktienmarkt sogar bei 7,6 Prozent p.a.