„Mitnahme“ von Kundendaten ist Diebstahl

Berater aufgepasst: Transfer von Kundendaten auf privaten PC stellt Kündigungsgrund dar. Abmahnung nicht erforderlich.

21.05.2012 | 07:45 Uhr von «Patrick Daum»

Das Landesarbeitsgericht Hessen hat im August 2011 einer Bank Recht gegeben, die einen angestellten Kundenberater fristlos entließ. Dieser hatte insgesamt 94 E-Mails mit 1.660 Datenanhängen von seinem Firmen-PC auf sein privates E-Mail-Konto transferiert.

Die Bank und der Firmenkundenbetreuer – seit Oktober 2008 bei der Bank angestellt und seit April 2009 als Abteilungsleiter mit Prokura beschäftigt – einigten sich zunächst im Juni 2010 einvernehmlich über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010. Vereinbart wurde ferner eine unwiderrufliche Freistellung des Beraters ab dem 1. Juli 2010. Die Fortzahlung der Vergütung einschließlich des 13. Monatsgehalts wurde ebenfalls festgeschrieben. Kurz vor Beginn der Freistellungsphase transferierte der Betreuer die ca. 622 Megabyte große Datenmenge auf sein privates E-Mail-Konto. Dabei handelte es sich um überwiegend dem Bankgeheimnis unterliegende Dateien (Kontaktdaten der betreuten Kunden, Unterlagen für die Vorbereitung von Kundenbesuchen bzw. Besuchsberichte, so genannte Bankenspiegel, SWOT-Analysen, Planungsunterlagen zur kundenseitigen Unternehmensplanung, Organigramme sowie Kreditanträge und –verträge). Nachdem die Bank am 7. Juli 2010 davon erfuhr sprach sie am 20. Juli 2010 die fristlose Kündigung aus. Der Kundenberater reichte Klage gegen die Bank ein.

Die Richter in Frankfurt am Main begründeten ihr Urteil damit, dass es sich nicht um mehr oder weniger frei zugängliche Daten der Bank handele. Vielmehr sei es in großem Umfang um vertrauliche Daten der Kunden gegangen. Diese haben ein „begründetes Interesse daran, dass die Angaben, die sie gegenüber einer Bank z.B. im Rahmen von Kreditverhandlungen machen, unter allen Umständen vertraulich behandelt werden“, heißt es im Urteil. Es sei letztlich dahingestellt, ob es sich um eine Straftat handele: „Denn der hier unstreitig gegebene Verstoß gegen elementare Prinzipien der Geheimhaltungspflicht von Bankdaten hat kündigungsrechtlich ein nahezu gleich großes Gewicht wie eine strafbare Handlung zu Lasten des Arbeitsgebers“, begründeten die Richter. Das Argument des Beraters, dass er die Daten keinesfalls an Dritte weitergeben wollte, sondern sie während der Zeit seiner Freistellung zu Trainingszwecken und zum Erhalt seiner fachlichen Kompetenz nutzen wolle, wertete das Gericht als „unerhebliche Schutzbehauptung“.

Ebenso ist nach Ansicht des Gerichts eine vor der fristlosen Kündigung auszusprechende Abmahnung nicht nötig. Dem Berater hätte aufgrund seiner Tätigkeit als Firmenkundenbetreuer und Abteilungsleiter klar sein müssen, dass die Bank die Übertragung einer bedeutenden Menge vertraulicher Daten nicht billige.

Auf die für die Freistellungszeit vereinbarte Vergütung muss der Berater darüber hinaus verzichten. Das LAG Hessen war der Auffassung, dass angesichts der Schwere der Pflichtverletzung, eine solche Zahlung sowie die vereinbarte Abfindung der Bank nicht zuzumuten seien.

(PD)

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