Nachhaltig Investieren: Wunsch und Wirklichkeit

Während sich die Mehrheit der vermögenden Privatanleger wünscht, ihre Investitionen mit gesellschaftlichem Nutzen einzusetzen, folgen professionelle Anleger überwiegend nicht ethisch-sozialen Vorgaben.

06.09.2018 | 11:43 Uhr von «Angelika Bönisch»

Wohlhabende Privatanleger wollen mit ihren Investitionen einen positiven Beitrag leisten und gesellschaftliche Probleme lösen. An die Wirksamkeit von Nachhaltigkeitsinvestitionen glaubt eine knappe Mehrheit. Von den Banken und Asset Managern erwarten die Vermögenden, dass sie entsprechende Produkte anbieten. Ethische Aspekte spielen die größte Rolle, soziale und ökologische erscheinen ebenfalls wichtig. Institutionelle Anleger setzen zwar ebenfalls verstärkt auf Nachhaltigkeit, dennoch tun sich viele Profis weiter schwer mit der Umsetzung im Investitionsprozess. Bedeutenden Einfluss auf die Anlageentscheidung misst nur eine Minderheit dem Kriterium zu. Bemerkenswert ist auch die Lücke zwischen Privaten und Profis in der Einschätzung der zukünftigen Relevanz von Nachhaltigkeit. So glauben die meisten Privatanleger, es handele sich bloß um ein Modethema. Demgegenüber schätzen die Profis, Nachhaltigkeit werde zukünftig noch mehr Gewicht erhalten.

Nachhaltige Investments sind aktuell einer der stärksten Wachstumsmärkte. Nach Angaben der Global Sustainable Investment Alliance verwalteten Asset Manager weltweit rund 23 Billionen US-Dollar in nachhaltigen Anlagen. Eine Steigerung von 76% gegenüber 2013. Im weltweiten Vergleich legen Europäer besonders großen Wert auf Nachhaltigkeit. Sie stellen knapp mehr als die Hälfte des nach Nachhaltigkeits-Kriterien angelegten Kapitals. Während sich private und professionelle Anleger im Großen und Ganzen einig über die Relevanz von nachhaltigen Anlagen sind, klafft eine Lücke zwischen erwünschter Investitionstätigkeit und getätigter Investition. Diesen Schluss legen zwei Studien nahe.

Den Wünschen und Ansprüchen von wohlhabenden Privatanlegern hatte sich der LGT Private Banking Report 2018 gewidmet. Das lichtensteinische Finanzinstitut LGT hatte gut 360 Vermögende aus der Schweiz, Österreich und Deutschland nach ihren Präferenzen gefragt. Fast neun von zehn Befragten sehen die Umwelterhaltung als eine anzugehende Herausforderung. Gut zwei Drittel forderten darum, dass sich die Banken und Asset Manager dem Thema Nachhaltigkeit vermehrt annehmen sollten. Was die Wirksamkeit der nachhaltigen Investitionen betrifft, zeigt sich allerdings eine deutliche Skepsis – vor allem gegenüber den Finanzinstituten. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten gab an, davon überzeugt zu sein, mit ihren Investitionen einen positiven Beitrag zu leisten. Auch das Vertrauen in die Umsetzung seitens der Finanzinstitute ist eher gering. Fast zwei Drittel der Vermögenden hält Nachhaltigkeit für Etikettenschwindel, etwas mehr als die Hälfte sogar für ein „Modethema, das mich nicht betrifft“.

Trotzdem gaben jeweils signifikante Mehrheiten Nachhaltigkeitskriterien als Motiv für die Anlageentscheidung an. So legen 66% der wohlhabenden Deutschen Wert auf ökologische Aspekte, 68% gaben an, ihnen seien soziale Aspekte wichtig, für 76% ist die Beachtung ethischer Aspekte ein Anlagekriterium.

Aussagen zum Thema Nachhaltigkeit

Quelle: LGT Private Banking Report 2018

Während sich Private Anleger Nachhaltigkeit wünschen, tun sich institutionelle Investoren schwer mit der Umsetzung. So gaben in der jüngsten Schroders Institutional Investors Study immerhin ein knappes Drittel aller Befragten Asset Manager an, Nachhaltigkeit im Investmentprozess kaum zu berücksichtigen. An der Studie hatten 650 Institutionelle Investoren mit AuM in Höhe von 24 Bio. US-Dollar teilgenommen. Stattdessen setzen sie auf mathematische Kenngrößen. Fast zwei Dritteln ist die Befolgung der strategischen Vorgaben am wichtigsten, knapp sechs von zehn richtet sich nach der erwarteten Rendite, für gut 56% ist das Risikomanagement bestimmender Faktor. Insgesamt steht Nachhaltigkeit auf Platz neun von zehn Kriterien. Weniger Wert legten Institutionelle nur auf die Empfehlung eines Beraters.

Nachhaltigkeit spielt untergeordnete Rolle bei Investments

Quelle: Schroders Institutional Investor Study 2018

Dennoch dürfte sich der Umfrage zufolge diese Wertschätzung bald ändern. So gaben fast drei Viertel aller Manager an, nachhaltiges Investieren werde in den nächsten Jahren zunehmen. Ob sich bis dahin die nach Angaben der Studie größte Hürde für institutionelle Investoren Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen – eine Wertentwicklung, die nicht den eigenen Ansprüchen entspricht – auflöst, bleibt dahin gestellt. Neben den Renditeerwartungen hält auch die starke Differenzierung von Nachhaltigkeitsansätzen, die einen Vergleich von nachhaltigen Anlagen erschwert, viele Institutionelle von einer Investition ab.


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