„Stressige Märkte? Wir sind gewappnet“

Chris Iggo ist CIO Global Fixed Income bei AXA IM in London. Er ist ein exzellenter Investor, fährt begeistert Rennrad, unterstützt den Fußballclub Manchester United und hat die Bondmärkte noch lange nicht abgeschrieben.

01.09.2016 | 09:03 Uhr von «Teresa Laukötter»

FundResearch: Einige Experten sind der Meinung, dass man mit Bonds in naher Zukunft kein Geld mehr verdienen kann. Herr Iggo, wie hart ist Ihr Job zurzeit? 

Chris Iggo: Nun ja, er ist zumindest recht schwierig momentan. Es stimmt schon, ein guter Teil des Markts bezahlt aktuell negative Renditen. Wir müssen also höhere Risiken eingehen, um positive Renditen zu bekommen. Das macht es für uns schwieriger. Was hinzukommt: Um sicher zu stellen, dass wir in die richtigen Unternehmen und Länder investieren müssen wir heute deutlich mehr Research betreiben als früher – auch im Bereich Politik. Zudem werden die Märkte volatiler, was die Komplexität weiter steigert. 

FundResearch: Als Journalist glaubt man zu beobachten, dass Fondsmanager momentan mehr und mehr politische Zusammenhänge analysieren müssen. Richtig oder falsch?

Chris Iggo: Richtig. Schauen Sie sich demgegenüber mal die ökonomische Situation an. Die ist eigentlich relativ stabil zurzeit und nicht besonders spannend: Moderates wirtschaftliches Wachstum, extrem niedrige Zinsen und vergleichsweise geringe Inflationsraten. Aber: Wir sehen trotzdem viel Volatilität in den Märkten. Und die geht oft genug von politischen Ereignissen aus. Nehmen Sie das Brexit-Referendum. Das hat Auswirkungen auf die Wirtschaftsdaten in Großbritannien, auf den Kurs des Pfunds und auf weitere Dinge, die wir uns ansehen müssen. Doch es gibt weitere politische Ereignisse in den kommenden sechs bis 12 Monaten, die wir uns ansehen müssen und die für größere Volatilitäten sorgen können: Etwa das  Verfassungsreferendum in Italien im Oktober dieses Jahres. Oder die Präsidentschaftswahlen Anfang 2017 in Frankreich und später die Bundestagswahlen in Ihrem Land. Schon seit einiger Zeit wirken sich politische Entscheidungen extremer auf die Finanzmärkte aus. Dieser Trend ist absolut intakt. 

 

„Es wird auch in Zukunft möglich sein, 3-4% Rendite p.a. mit Bonds zu erzielen.“

 

FundResearch: Warum ist das so? 

Chris Iggo: Meiner Ansicht nach ist das primär eine Antwort auf die schwachen konjunkturellen Entwicklungen weltweit. Das Primat der Politik gewinnt Überhand und sorgt - wegen der möglicherweise anstehenden Änderungen -  für Unsicherheit. 

FundResearch: Ist es denn überhaupt noch möglich, künftig dauerhaft 3-4% Rendite nach Kosten mit Bonds zu erwirtschaften? 

Chris Iggo: Ja, das wird auch in Zukunft gehen. Aber es wird dazu ein paar Dinge brauchen: Zunächst müssen die Zinsen wieder nach oben gehen oder sich Credit-Spreads ausweiten. Was unglücklicherweise bedeutet, dass man zunächst Geld verlieren dürfte. Aber die von Ihnen angesprochenen Renditen werden meiner Ansicht nach zurückkommen… 

FundResearch: …momentan ist das doch nur mit High-Risk-Bonds drin? 

Chris Iggo: Ja, im Wesentlichen. Hier sehe ich insbesondere zwei Bereiche: Einige Hartwährungsländer der Emerging Markets sowie bestimmte USD-High-Yield-Anleihen.  

FundResearch: Wieder zurück zur Politik und den dortigen Extremen: Sind Ihre US-Portfolios bereit, sollte Donald Trump nächster US-Präsident werden? 

Chris Iggo: Das ist gar nicht so leicht… das wird sehr von der Reaktion der Märkte abhängen: Sollten die Märkte eine negative Sichtweise zu Trumps ökonomischen Vorstellungen einnehmen, werden wohl die riskanteren Anlageformen zunächst schlechter performen. Also Aktien und wohl auch High-Yield- sowie ein Teil der Unternehmensanleihen. Unser US Short Duration High-Yield Fund ist, aufgrund der Kurzläufer-Struktur sehr konservativ aufgestellt. Mit den kurzen Durationen haben wir bereits eine grundsätzliche Sicherung eingebaut. Nach einem möglichen Sieg Trumps müssten wir sicher die Volatilitäten gut managen, darauf wird es ankommen. Wir haben das in der Vergangenheit sehr gut geschafft und ich bin zuversichtlich, dass uns das auch künftig gelingen wird… 

FundResearch: …selbst wenn es zu einem Sell-Off wegen Trump käme? 

Chris Iggo: Selbst für diesen Fall fühlen wir uns relativ komfortabel aufgestellt. Auch dann würde unser Portfolio noch gut aussehen. Kurzläufer würden weitaus weniger stark reagieren als der Gesamtmarkt. 

FundResearch: Mr. Iggo, wird die Fed noch 2016 die US-Zinsen anheben? 

Chris Iggo: Ich denke, das wird sie. Das Wachstum der US-Wirtschaft ist solide, der Arbeitsmarkt ist robust, die Inflationszahlen zeigen ebenfalls in die richtige Richtung. Die Fed hat also die wichtigsten Voraussetzungen für einen Zinsschritt noch in diesem Jahr. Allerdings sind einige Fed-Gouverneure momentan noch skeptisch. Sie haben sich im Juni aufgrund des Brexits gegen eine Zinserhöhung ausgesprochen. Einige meinen, die Wirtschaft sei noch immer anfällig. Und natürlich spielen da auch die internationalen Aspekte einer US-Zinsanhebung eine Rolle: Wie würde sich das auf den Wechselkurs des Dollar auswirken oder auf die Emerging Markets? Dennoch meine persönliche Meinung ist: Es ist Platz für eine Zinserhöhung in den USA noch in diesem Jahr…

FundResearch: …in Europa eher nicht? 

Chris Iggo: Nein, eher nicht. Die EZB müsste hierzu zunächst höhere Inflationszahlen in der Eurozone sehen. Zudem müsste das Wirtschaftswachstum breiter zulegen und z.B. die Lage der italienischen Banken geklärt und stabilisiert sein. Außerdem wird sich EZB-Präsident Mario Draghi vorstellen, dass die Strukturreformen der Politik deutlicher greifen, dass also die Fiskalpolitik hilft, die Wachstumsschwäche zu überwinden. In den kommenden ein bis zwei Jahren halte ich höhere Zinsen in Europa für unwahrscheinlich. 

FundResearch: Sind denn Short-Duration-Strategien vor diesem Hintergrund weiter attraktiv? 

Chris Iggo: Gegenfrage: Warum investieren Investoren in Bonds? Hauptsächlich deshalb, weil es hier einen vergleichsweise hohen Schutz ihres Kapitals und es gleichzeitig regelmäßige Zinszahlungen gibt. Wir investieren z.B. beim AXA IM US Short Duration High Yield ausschließlich in den USA, sehr vorsichtig in die dortigen High-Yield-Branchen in konservativere Bonds mit zwei, drei, vier Jahren Restlaufzeit. Dies tun wir, um die Rückzahlungs-Wahrscheinlichkeit so hoch wie möglich zu halten. Short-Duration bedeutet im jetzigen Umfeld also mehr Sicherheit und weniger Volatilität. Damit fühlen wir uns sehr wohl. Bei den High-Yield-Bonds sind wir, weil wir hier etwas mehr Rendite bekommen als anderswo. 

FundResearch: Welche Branchen haben Sie in den vergangenen Wochen und Monaten eher verkauft? 

Chris Iggo: Die Ölproduzenten und die Energiebranche haben wir seit etwa Jahresanfang reduziert. Vor dem Brexit haben wir die stärker UK-basierten Unternehmen zurückgenommen, aber das war eher ein taktischer Schritt. 

FundResearch: Was haben Sie gekauft? 

Chris Iggo: Wir sind insgesamt etwas konservativer geworden in den vergangenen Wochen. Zugekauft haben wir im Immobilienbereich und bei einigen Qualitätstiteln, die uns die Gelegenheit boten. Die Idee war, das Risiko im gesamten Portfolio ein wenig zu reduzieren und entsprechend haben wir gehandelt. Grund hierfür sind vorwiegend die politischen Risiken, die ich eingangs beschrieben habe. 

FundResearch: Was genau macht Ihr Team eigentlich speziell bzw. besonders? 

Chris Iggo: Zuallererst haben wir einen Teamansatz. Bei uns arbeiten keine Starfondsmanager, wir bevorzugen Prozesse und Entscheidungsfindungen, die in Teams stattfinden. Zweitens haben wir einen sehr definierten Investmentprozess. Er erlaubt es uns, die makroökonomischen Bedingungen auf die einzelnen Portfolios herunter zu brechen. Drittens legen wir sehr viel Wert auf den Bereich Research und investieren dementsprechend hier einen hohen Zeit- und Ressourcenaufwand. Wir haben mehr als 35 Analysten in unseren Teams, die mit den Fondsmanagern zusammenarbeiten und die gemeinsam sicherstellen sollen, dass wir keine Gelegenheiten verpassen bzw. keine Risiken übersehen. 

FundResearch: Wo sitzen die Analysten und Fondsmanager? 

Chris Iggo: In Paris, London und in Greenwich (Connecticut). Das klappt mit den modernen Kommunikationsmitteln sehr gut. 

FundResearch: Wie gehen Sie bei einzelnen Kauf- und Verkaufsentscheidungen genau vor? 

Chris Iggo: Zunächst lassen wir uns von den makroökonomischen Bedingungen leiten. Dabei beachten wir besonders, wie sich die Bedingungen auf die unterschiedlichen Bereiche der einzelnen Bondmärkte auswirken. Zweitens schauen wir auf die Bewertungen: Wir versuchen herauszufinden, wo es den besten relativen Wert gibt. Eher bei Regierungs- oder bei Unternehmensanleihen? Wie ist das Verhältnis zwischen Investmentgrade und High-Yield? Bevorzugen wir die Energie- oder eher z.B. die Konsumbranche? Und dann analysieren wir natürlich die Kennzahlen der einzelnen Emittenten. Der dritte wichtige Faktor ist das sogenannte Sentiment: Wie ist z.B. die genaue Risikotoleranz des Marktes?  Wer hat Appetit, riskantere Assets zu kaufen? Manchmal ist es beispielsweise relativ klar, ob ein bestimmter Markt überverkauft oder gekauft ist. Dann reagieren wir entsprechend und versuchen Gelegenheiten zu identifizieren. Der vierte Faktor schließlich die Markttechnik, die dann ebenfalls ihren Anteil an den finalen Kauf- oder Verkaufentscheidung übernimmt. Nur wenn wir alle diese vier Faktoren kombinieren, haben wir eine vollständige Sicht auf die Dinge. 

FundResearch: Haben Sie bei AXA IM Nettomittelzuflüsse in die Bond-Produkte? 

Chris Iggo: Seit dem Brexit haben wir steigende Zuflüsse. Ich denke, das liegt u.a. an der Unsicherheit, die mit dem bevorstehenden Austritt von Großbritannien aus der EU nun herrscht. Das ist tatsächlich sehr signifikant…

FundResearch: …welche Produkte profitieren besonders? 

Chris Iggo: Der European Short Duration High Yield Fund, der EM Short Duration und auch der US Short Duration High Yield Fund. 

FundResearch: Mal eine komplett andere Frage, Herr Iggo: Wie entspannen Sie eigentlich, wenn Sie mal gerade nicht Bondmärkte analysieren oder Ihre Teams abfragen? 

Chris Iggo: Darauf war ich vorbereitet (lacht). Mein Sohn ist ein Rennradfahrer und mit ihm zusammen verbringe ich einige Zeit auf dem Rad, bzw. bringe ihn zu den unterschiedlichsten Sportveranstaltungen, bei denen ich dann manchmal auch zusehe. Das ist in der Regel aber nicht wirklich entspannend. Wenn ich Zeit für mich habe, fahre ich ebenfalls gerne Rennrad. Zusammen mit meiner Frau reise ich sehr gerne, probiere Restaurants aus. Und ich liebe es, Fußball zu schauen. 

(DIF)

DER FONDS: 

Fondsname: AXA IM US Short Duration H.Y. 

Schwerpunkt: Kurzlaufende US-Anleihen 

Fondsgesellschaft: AXA IM 

Fondsmanager: Carl Whitbeck 

Laufende Kosten: 1,00 % 

Wertentw. 5 Jahre: 18,1 % *

Volatilität 1 Jahr 3,98 % *

Ertragsverwendung: ausschüttend + thesaurierend

ISIN: LU292 586 350 (ausschüttend) 

Fondsinfos: www.axa-im.de 
*zum 22.07.2016

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