UBS: „Perspektiven für Schwellenländer bleiben gut“

FundResearch sprach mit UBS-Aktienexperte Uwe Röhrig über die Entwicklung der globalen Aktienmärkte.

20.02.2014 | 06:45 Uhr von «Patrick Daum»

Uwe Röhrig ist Senior Equity Strategist bei UBS Global Asset Management. Mit FundResearch spricht er über die bisherige Entwicklung und den Ausblick der globalen Aktienmärkte und geht dabei detailliert auf die einzelnen Regionen ein. Eine Weltreise von Europa über die USA nach Japan, die asiatischen Schwellenländer bis nach Russland und in die Türkei.

FundResearch: Herr Röhrig, europäische Aktien liefen im vergangenen Jahr trotz noch andauernder Eurokrise gut. Worauf führen Sie diese Entwicklung in erster Linie zurück?

Uwe Röhrig: Die Stimmung für Europa hat sich deutlich verbessert, allerdings waren die Erwartungen auch niedrig. Die Konjunktur beginnt sich zu stabilisieren. Von einem tiefen Niveau ausgehend sehen wir jetzt ein moderates Wachstum. Zudem hat Europa im Vergleich zu den USA in den letzten Jahren eine schwächere Performance an den Aktienmärkten gezeigt. Daher wird  nach unserer Einschätzung das Interesse an europäischen Aktien wachsen.

FundResearch: Wird 2014 ähnlich stark wie 2013?

Uwe Röhrig: Wir erwarten ein weiterhin positives Sentiment. Zudem bietet der europäische Markt ein gewisses Überraschungspotenzial. Unser Optimismus drückt sich auch in der Übergewichtung europäischer Aktien in unserer Asset-Allokation bei klassisch-gemischten Mandaten aus.

FundResearch: Welche Gefahren sehen Sie für europäische Aktien?

Uwe Röhrig: Wichtig wird sein, dass die Unternehmensgewinne überzeugen können. Der Anstieg der Aktienmärkte hat die Erwartungen erhöht, jetzt müssen die Unternehmen zeigen, was sie können. Daneben steht immer noch die Gefahr im Raum, dass politische Umstände wieder zu einem Aufflackern der Schulden-Krise führen könnten. Die Lage hat sich zwar stabilisiert, dennoch gibt es nach wie vor einige Problemfelder in Europa. Diese könnten für Spannungen oder temporäre Rückschläge an den Finanzmärkten sorgen.

FundResearch: Haben europäische Aktien im vergangenen Jahr eine gesunde Entwicklung durchlaufen, oder sind sie überbewertet?

Uwe Röhrig: Wenn man klassische Bewertungen heranzieht, dann sind europäische Aktien nach wie vor attraktiv. Sicherlich ist nun eine gewisse Erwartungshaltung vorhanden – ausgehend von unserer aktuellen Bewertung sind solche Papiere aber immer noch interessant.

FundResearch: Worauf sollten Anleger achten, wenn sie in europäische Aktien investieren? Sollten bestimmte Regionen oder Sektoren im Vordergrund stehen bzw. gemieden werden?

Uwe Röhrig: Wer in Fonds investiert, sollte nicht nur die Performance, sondern insbesondere auch die Investmentphilosophie und die Positionierung des Portfoliomanagers kennen.

Für uns steht das Stockpicking im Vordergrund. Wir sind in einem unser Europafonds zum Beispiel sehr selektiv. Der europäische Raum befindet sich aktuell in einem Prozess der Veränderung – mit der Folge, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Auf der einen Seite wollen wir natürlich stark bei den Gewinnern positioniert sein. Auf der anderen Seite gehen wir aber auch Short-Position in Aktien ein, die sich in Industrien mit strukturellen Problemen befinden oder überbewertet sind. Durch diesen Investmentansatz können Anleger eventuell zusätzlich profitieren.

UBS European Opportunity Unconstrained: Seit Auflage mit Outperformance zur Peergroup

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)

FundResearch: Die EZB hat den Leitzins Ende vergangenen Jahres auf ein neues Rekordtief gesenkt. Wird sich das bald ändern?

Uwe Röhrig: Kurzfristig erwarte ich keinen Zinsanstieg durch die EZB und auch die Inflation wird niedrig bleiben. Europa hat noch einige Probleme zu bewältigen. Zudem haben die Finanzmärkte eine gewisse Erwartungshaltung, dass sich die Dinge verbessern werden. Man kann nicht sagen, dass alles gut ist, aber wir haben für Europa einen moderaten Optimismus.

FundResearch: Neben den europäischen Aktienmärkten lief auch der US-Markt im vergangenen Jahr sehr gut. Vor wenigen Jahren war das so nicht zu erwarten. Aber die USA sind stark aus der Finanzkrise hervorgekommen. Warum?

Uwe Röhrig: Die Gewinnsituation der US-Unternehmen hat mittlerweile das Vorkrisen-Niveau von 2008 erreicht. Zum Vergleich: Das europäische Gewinnniveau liegt noch rund 35 Prozent darunter. In den USA gab es also eine deutlich stärkere Gewinnentwicklung. Das führte zu einer viel besseren Kursentwicklung. Hinzu kommt die expansive Geldpolitik der Federal Reserve. Und die Probleme anderer Regionen – wie die Eurokrise – gab es in den USA nicht.

FundResearch: Auch Japan hat ein super Aktienjahr hinter sich. Ist der dortige Boom ausschließlich auf die Zinssenkungspolitik der Bank of Japan vom März 2013 zurückzuführen oder stecken auch starke Unternehmen dahinter?

Uwe Röhrig: Viele Anleger hatten Japan überhaupt nicht auf dem Radar. Entsprechend gab es viele Untergewichtungen oder gar keine Positionierungen. Dann folgten das sehr starke Konjunkturprogramm und die expansiven Maßnahmen der Zentralbank, die massiv Liquidität in den Markt hineinbrachten. Diese beiden Faktoren zusammen zogen ein relativ drastisches Sentiment nach sich. Aber auch durch den wirtschaftlichen Fortschritt der japanischen Unternehmen haben sich die Gewinne positiv entwickelt. Die Frage wird sein, ob auch auf Unternehmensebene weitere Reformen folgen. Nur so können die Betriebe dauerhaft Erfolg haben.

FundResearch: Würden Sie Anleger dazu ermutigen, in japanische Aktienfonds zu investieren?

Uwe Röhrig: Es ist ein sehr volatiler Markt, bei dem die nächsten sechs Monate ganz entscheidend sein werden. Werden die Unternehmen Schritte einleiten, um sich strukturell zu verbessern? Wenn ja, dann ist Japan taktisch nach wie vor interessant. Aber auch hier sollten Anleger sehr selektiv vorgehen und sich die Fondsmanager genau anschauen. Der Markt ist definitiv interessant, aber er kann auch ein hohes Enttäuschungspotenzial bergen.

FundResearch: Die Entwicklung der Industrieländer lief im vergangenen Jahr insgesamt deutlich besser als die der Schwellenmärkte. Worauf führen Sie den massiven Einbruch der Schwellenländer zurück?

Uwe Röhrig: Zum einen hat das etwas mit den Liquiditätsströmen zu tun. Die Ankündigung des berühmten „Fed-Tapering“ im Sommer hat natürlich dazu beigetragen. Es muss um Liquidität gekämpft werden, und die ging deutlich in die entwickelten Märkte. Das zweite sind die eher enttäuschenden Unternehmensgewinne, obwohl die Perspektiven für die Emerging Markets mittelfristig weiterhin sehr gut sind. Das zeigen unter anderem die steigende Mittelklasse, die zunehmende Urbanisierung oder das strukturell höhere Wachstum. Für uns sind die Gewinne der zentrale Faktor für die weitere Entwicklung der Schwellenländer über die nächsten Monate. Die Unternehmen müssen aus sich heraus Gewinnsteigerungen hervorbringen. Das höhere Wirtschaftswachstum allein hat bisher nicht dazu geführt.

FundResearch: Wie bewerten Sie die Entwicklung in China? Da machten zuletzt Bankenprobleme, aber auch der Wille zu Reformen Schlagzeilen.

Uwe Röhrig: Ich bin überzeugt, dass die chinesische Regierung es schafft, das Land zu transformieren. Es gibt einen klaren Plan mit vielen Schritten. Das braucht natürlich Zeit. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Die deutliche Tendenz hin zu stärkerer heimischer Nachfrage und weg davon, nur die verlängerte Werkbank der Welt zu sein, ist die richtige Entwicklung. Gerade bei Small- und Mid-Caps gibt es sehr gute Chancen, in den chinesischen Markt zu investieren. Auch aus der Bewertungsperspektive ist der Markt sehr günstig. Auf mögliche Schwankungen sollten Anleger jedoch eingestellt sein.

UBS Equity China Opportunity: Mitte 2013 konnte der Fonds die Peergroup überholen

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)

FundResearch: Von den BRIC-Staaten ist im vergangenen Jahr nur der chinesische erfolgreich gelaufen. Vor allem Indien und Russland kommen nicht in Schwung. Was erwarten Sie für diese Länder im laufenden Jahr?

Uwe Röhrig: Russland ist grundsätzlich ein sehr preiswerter Markt. Investoren erhalten hier eine große Prämie für die politische und rechtliche Unsicherheit. Die Olympischen Spiele werden maximal temporär einen Anschub geben, aber darauf würde ich keine Investmentstrategie aufbauen.

In Indien wird in diesem Jahr gewählt. Es ist sehr schwierig vorauszusagen, wie das Ergebnis lauten wird. Hier finden sich viele spannende und interessante Unternehmen. Die Makro-Situation ist aber schwierig. Es dauert viel zu lange, bis Dinge umgesetzt werden. Jedoch besteht ein hoher Bedarf, beispielsweise bei Investitionen oder dem Abbau der Bürokratie. Indien ist sozusagen zweigeteilt: viel Potenzial und ein hohes Bevölkerungswachstum auf der einen Seite, strukturelle Probleme und Umsetzungsschwierigkeiten auf der anderen Seite. Die Inflationsrate ist weiterhin relativ hoch. Dazu kommt aktuell das Zahlungsbilanzproblem. Das ist das Tückische bei den Finanzmärkten: lange Zeit wurden Indien oder auch die Türkei als Vorzeigeländer gesehen und viel in die dortigen Finanzmärkte investiert. Die Zahlungsbilanz wurde von den Marktteilnehmern lange Zeit ignoriert. Aber irgendwann schwenkte der Fokus auf genau diesen Faktor und die Staaten gerieten unter Druck. Die Märkte, die dann am verwundbarsten sind – die sogenannten „Fragile Five“ – haben dann die größten Probleme. Für Indien ist die Umsetzung von Reformen entscheidend.

FundResearch: Die Türkei könnte gegenüber den anderen Fragile-Five den großen Vorteil haben, dass die EU das Land aufgrund der Puffer-Funktion zum arabischen Raum nicht hängen lassen wird.

Uwe Röhrig: Strategisch ist die Türkei exzellent positioniert. Ich denke, das Land schafft es aus eigener Kraft. Nach Jahren sehr guten Wachstums sind nun Zahlungsbilanzprobleme und auch innenpolitische Probleme aufgetreten. Wenn eine Volkswirtschaft dadurch anfällig wird, kann das Sentiment sehr schnell umschwenken. Nun muss sich die Türkei zunächst erst einmal konsolidieren und die inneren Strukturen anpassen. Dann wird es vermutlich auch wieder aufwärts gehen.

(PD)

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