Warum viele Anleger ratlos sind

Die Mehrheit der deutschen Anleger ist verunsichert bis ratlos. Eine aktuelle Studie zeigt: Mehr als Dreiviertel der Deutschen wissen nicht, wo und wie sie ihr Geld noch sinnvoll anlegen können. Gleichzeitig ist mehr als ein Drittel unzufrieden mit ihrer Anlage.

15.12.2016 | 08:00 Uhr von «Matthias von Arnim»

Die Zinsen bewegen sich schon länger knapp über, auf oder teilweise sogar unter der Nulllinie. Selbst professionelle Investoren hadern mit dem Niedrigzinsumfeld und dem starken Einwirken der Notenbanken auf die Finanzmärkte. Während Profis immer komplexere Antworten auf das Niedrigzinsumfeld finden, verzweifeln die meisten Privatanleger mittlerweile an der Herausforderung Kapitalanlage. Das jedenfalls legt eine repräsentative Umfrage nahe, die die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Düsseldorfer TARGOBANK unter 1.006 beratungsaffinen deutschen Anlegern ab einem Alter von 40 Jahren und einem Anlagevolumen von mindestens 2.500 Euro durchgeführt hat. Forsa-Angaben zufolge lässt die Umfrage auf ein Potenzial von knapp zwölf Millionen Menschen schließen, für die diese Ergebnisse zutreffen.

Wohin mit dem Geld – die Deutschen sind verzweifelt

Der Forsa-Befragung zufolge ist die überwiegende Mehrheit der deutschen Anleger aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verunsichert bis ratlos. So wissen 77 Prozent der Anleger aktuell nicht, wo und wie sie ihr Geld noch sinnvoll anlegen können.

Schockstarre – Unsicherheit und Kosten halten Anleger von einer Depotoptimierung ab

Was auffällt, ist eine geradezu fatale Passivität der vieler Anleger: Zwar ist mehr als ein Drittel der Privatanleger unzufrieden mit ihrer Anlage: 36 Prozent von ihnen geben an, dass ihre aktuelle Anlagestrategie wenig bis überhaupt nicht zum aktuellen Marktumfeld passt. So parken 67 Prozent der Befragten ihr Geld derzeit auf dem Konto, in dem unguten Bewusstsein, dass es dafür so gut wie keine Zinsen gibt. Immerhin halten 71 Prozent der Befragten ihre Anlagestrategie aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen durch die EZB für verbesserungswürdig. Doch aus Angst etwas falsch zu machen und Geld zu verlieren, scheuen 77 Prozent der Befragten eine Depotoptimierung. „Das Verharren aus Angst, etwas falsch zu machen, ist sicher keine empfehlenswerte Anlagestrategie“, kommentiert Alfredo Garces, Direktor Vorsorge und Vermögen bei der TARGOBANK die Umfrageergebnisse. Der Anlageexperte sieht aber auch ein weiteres, wichtiges Handlungsfeld: Ein Grund für die Passivität ist nämlich die Angst der Anleger vor hohen Kosten. 83 Prozent der Befragten geben an, dass Ausgabeaufschläge sie davon abhalten, Anlageprodukte wie Fonds häufiger zu kaufen oder zu tauschen. „Flatrate-Angebote in der Anlageberatung unabhängig von Ausgabeaufschlägen oder Orderprovisionen sind deshalb klar auf dem Vormarsch“, ist Garces überzeugt.

Anleger wollen mehr Sicherheit und nehmen weniger Rendite in Kauf

Offensichtlich haben deutsche Anleger ein hohes Sicherheitsbedürfnis. So beschreiben mehr als zwei Drittel (65 Prozent) ihre persönliche Anlagestrategie als konservativ (40 Prozent) bis sicherheitsorientiert (25 Prozent). Lediglich jeder Zehnte hat seine Anlagestrategie mit gewinnorientiert (8 Prozent) beziehungsweise risikobewusst (1 Prozent) beschrieben.

Zurückhaltend äußert sich auch die Mehrheit der Befragten hinsichtlich der Renditeerwartung: So gelten Geldanlagen mit einer jährlichen Rendite zwischen 2 und 5 Prozent für die Mehrheit der Anleger als attraktiv.

Bankberater sind gefragt

Trotz der stetig zunehmenden Informationsquellen zu Geldanlagemöglichkeiten, insbesondere auch im Internet, fühlt sich laut Umfrage jeder dritte Anleger wenig gut (28 Prozent) bis überhaupt nicht gut (2 Prozent) informiert. Die mit großem Abstand wichtigste Informationsquelle beim Thema Geldanlage ist weiterhin der Bankberater, den 72 Prozent der Befragten genannt haben. Danach folgen Freunde, Bekannte und Familie als Infoquelle (43 Prozent), dann erst die Onlineangebote (37 Prozent) gefolgt von TV-Ratgebern (31 Prozent) und Fachzeitschriften (25 Prozent). „Im aktuellen Zinsumfeld wird der Bedarf an professioneller Beratung eher zu- als abnehmen“, so Alfredo Garces.

Aktienfonds sind bekannt, ETFs haben Nachholfbedarf

Bei der Abfrage der Bekanntheit unterschiedlicher Anlageprodukte belegen Aktienfonds (90 Prozent), Festverzinsliche Wertpapiere (88 Prozent) und Rentenfonds (79 Prozent) die ersten drei Plätze. Neu in der Top-Ten sind die Exchange Traded Funds, kurz ETFs, mit einer Produktbekanntheit von mittlerweile 22 Prozent. Wesentlicher schlechter bestellt ist es allerdings mit dem Wissen über die Funktion von ETFs. So geben 78 Prozent der Befragten an, sich nicht genug mit ETFs auszukennen. 53 Prozent glauben zudem, dass ETFs nur etwas für Leute seien, die sich gut mit dem Thema Geldanlage auskennen. Entsprechend geben 39 Prozent der Befragten an, dass ihnen eine professionelle Beratung zu ETFs weiterhelfen würde.

Selbst Kenner von ETFs tun sich mitunter schwer, potentielle Vorteile von ETFs zu benennen. Die Möglichkeit der breiten Streuung und damit verbunden eine geringeres Risiko wird von nahezu 60 Prozent der ETF-Kenner als Vorteil gegenüber anderen Fonds genannt. 46 Prozent nennen deutlich geringere Kosten als bei aktiv gemanagten Fonds als Vorteil. Und immerhin 42 Prozent der Kenner loben ETFs als einfache und verständliche Produkte. „Wir sind überzeugt, dass sich ETFs auch in der persönlichen Anlageberatung als Beimischung zu klassischen Fonds durchsetzen werden“, so Alfredo Garces.

Bankberatung – Anleger im Zwiespalt

Einen interessanten Widerspruch hat die Umfrage auch in Bezug auf Bankberater zutage gefördert: Wie erwähnt nennen 72 Prozent der Anleger den Bankberater als mit großem Abstand wichtigste Informationsquelle beim Thema Geldanlage. Andererseits äußern 68 Prozent der Anleger die Befürchtung, dass Berater meist Anlageprodukte anbieten, an denen die Bank am meisten verdient.

Darüber hinaus bemängeln viele Anleger eine fehlende Flexibilität bei den Anlageprodukten: So gaben 41 Prozent der Anleger an, mit den von vielen Banken angebotenen Produkten nicht ausreichend auf Marktschwankungen reagieren zu können. Das führt unter anderem dazu, dass schwächere Marktphasen lieber ausgesessen werden statt schwach performende Geldanlagen zu tauschen (68 Prozent).

„Wer als Bank konkurrenzfähig bleiben möchte, muss sein Produkt- und Beratungsangebot den sich ändernden Kundenwünschen und -ansprüchen anpassen“, weiß TARGOBANK-Experte Garces.

Die Ergebnisse der Umfrage als pdf-Dokument.

(MvA)

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