Der Risk-Off-Modus an den Börsen hat auch Small-Cap-Growth Aktien kräftig zugesetzt. Daher sind sie jetzt so günstig, wie seit langem nicht mehr. TiAM FundResesarch traf Amy Zhang, eine der erfolgreichsten Small-Cap-Managerinnen weltweit, exklusiv in München und erörterte mit ihr die Aussichten der kleinen Werte.
15.12.2022 | 12:15 Uhr von «Jörn Kränicke»
TFR: Mrs. Zhang, wachstumsstarke Small Cap Fonds wie der Alger Small Cap Focus liefen zuletzt nicht so gut. Haben Sie Hoffnung, dass sich dies bald ändern könnte?
Amy Zhang: Wachstumsfonds sind in letzter Zeit zurückgeblieben, da sich Value-Aktien in einem Abwärtsmarkt einfach besser gehalten haben als Wachstumswerte. Ich habe 20 Jahre Erfahrung im Management von US-Small-Cap-Wachstumsstrategien, daher weiß ich, dass es immer Phasen gibt, wo unsere Strategie nicht so gut abschneidet. Nichtsdestotrotz bleiben wir unserem Investmentansatz treu und investieren weiterhin in wachstumsstarke Small Caps. Denn langfristig hat sich unsere Strategie bewährt und unseren Kunden gute Ergebnisse geliefert.
Können Sie ihren Investmentstil erläutern?
Wir versuchen immer aussichtsreiche Unternehmen in einem sehr frühen Stadium zu identifizieren. Dies ermöglicht uns unser fundamentales Bottom-up-Research. Für uns geht es um Wachstum, das nicht eingepreist ist, und wir versuchen, ein kleines Unternehmen zu entdecken, bevor es jemand anderes entdeckt und es auch von den Wall Street-Analysten noch nicht beachtet wird. Small Caps sind und bleiben einfach die ineffizienteste Assetklasse und sind daher ein toller Platz für Stock Picker. Im Alger Small Cap Focus Fund suchen wir im Allgemeinen nach Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 500 Millionen Dollar. Wenn wir uns ein solches Unternehmen ansehen, suchen wir zunächst nach dem Potenzial, dass daraus in einigen Jahren ein großes Unternehmen wird. Wir verbringen sehr viel Zeit damit, zwischen kleinen Schwankungen und einer dauerhaften Beeinträchtigung der Fundamentaldaten zu unterscheiden. Wenn wir zudem sehr großes Vertrauen in das Management und die künftigen Wachstumsaussichten haben, würden wir eine höhere Aktienvolatilität zum Vorteil nutzen Denn unabhängig von der Volatilität folgen die Aktienkurse langfristig in der Regel immer dem Umsatz- und Rentabilitätssteigerung.
Welche Renditeerwartungen haben Sie bei solchen Unternehmen?
Wir versuchen, Aktien zu identifizieren und in sie zu investieren, die sich langfristig verdoppeln oder verfünffachen, verzehnfachen oder verzwanzigfachen können. Ein solcher Titel, den wir früh entdeckt hatten, war zum Beispiel Shopify. Das kanadische Unternehmen verzeichnete einen deutlichen Anstieg , bevor wir ausstiegen. Und wir haben zahlreiche Beispiele für solche Werte. Bei solchen Titeln haben wir auch die nötige Geduld und halten sie drei bis fünf Jahre manchmal auch zehn Jahre und länger.
Sind solche „Vervielfacher“ nicht sehr risikoreich, das sie wohl kaum über solide Bilanzkennzahlen verfügen?
Natürlich ist dies keine Einbahnstraße. Aber wir versuchen in Titel zu investieren, die gesunde Finanzen und solide Bilanzen aufweisen. Derzeit weisen viele unserer Portfoliounternehmen Net-Cash-Positionen aus und 60 Prozent verfügen über einen positiven Free-Cash-Flow. Denn für Small Caps ist Cash King.
Leiden die kleinen Unternehmen nicht unter dem rezessiven Umfeld und verbrennen nun ihr Cash?
Ganz im Gegenteil – sie kommen sogar besser durch die Rezession, da sie in Nischen tätig sind und dadurch selbst in einer Rezession noch wachsen können. Das Makrobild hat nicht wie bei Large Caps große Auswirkungen auf ihr Geschäft. Ebenso verhagelt der starke Dollar ihnen nicht die Bilanz, da sie sich in der Regel auf die USA konzentrieren.
In welchen Branchen finden Sie solche konjunkturunabhängigen Titel?
Vor allem im Gesundheitsbereich, den wir mit rund 45 Prozent gewichtet haben und auch im Technologiebereich, der rund 25 Prozent des Portfolios ausmacht. In solchen Sektoren gibt es einfach Unternehmen, die disruptiv sind und für die die Inflation und das BIP-Wachstum keine so große Rolle spielen. Zudem haben sie auch oftmals skalierbare Geschäftsmodelle, die ein exponentielles Wachstum möglich machen.
In der Vergangenheit wurden wachstumsstarke Small-Caps oftmals mit einem Premium gehandelt. Wie sind sie derzeit bewertet?
Aktuell sind die Bewertungen historisch sehr niedrig. Der S&P 600 Small Cap Growth wird mit einem Abschlag von etwa 25 Prozent gegenüber dem S&P 500 gehandelt. Das ist der stärkste Abschlag seit 1998. Derzeit spricht für Small-Cap-Growth neben dieser niedrigen Bewertung auch die Tatsache, dass sie sich nach einer Rezession sehr stark erholen. In den zwölf Monaten nach dem Tiefpunkt der drei letzten Rezessionen legte der Russell 2000 im Schnitt um 38 Prozent zu. Beim S&P 500 waren es dagegen nur 22 Prozent. Deshalb sind wir der Meinung, dass Small-Cap-Growth-Strategien für Anleger jetzt besonders interessant sind. Denn derzeit ist dieses Segment so attraktiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Zur Person:
Amy Zhang ist Portfoliomanagerin des Alger Small Cap Focus, Mid Cap Focus und Small Cap Growth. Sie kam 2015 zu Alger und verfügt über 25 Jahre Anlageerfahrung. Bevor sie zu Alger kam, arbeitete Zhang bei Brown Capital Management als Partnerin, Geschäftsführerin und leitende Portfoliomanagerin für Small Caps. Zuvor war sie unter anderem als Portfoliomanagerin und Analystin bei Epsilon Investment Management, als Research-Analystin bei Templeton Worldwide und als Mitarbeiterin bei Citicorp Securities tätig.
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