„2021 war ein Ausnahmejahr. Die Fondsgesellschaften verwalten mit 4.334 Milliarden Euro ein Rekordvermögen, und Fonds erzielten mit einem Neugeschäft von 256 Milliarden Euro ihr bestes Absatzjahr“, sagt Alexander Schindler, Präsident des deutschen Fondsverbands BVI.
10.02.2022 | 15:00 Uhr
Die Gründe für den Absatzrekord sind laut dem BVI die Inflationsrate von 3,1 Prozent
im letzten Jahr sowie die Negativzinsen. Zuletzt waren Anleger in den 70er
Jahren mit so niedrigen Realzinsen konfrontiert. Angesichts dieser Lage haben
viele Bürger 2021 die Wertpapieranlage für sich entdeckt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass immer mehr Sparer auch in Publikumsfonds anlegen. „Besonders
stark ist die Zahl der Verträge mit Fondssparplänen gestiegen, wie einige Mitgliedsgesellschaften im vergangenen Jahr berichtet haben. Viele Sparer haben
offenbar ihre chronische Distanz zur Wertpapieranlage verloren“, sagt
Schindler.
Deutschland ist mit einem Anteil von 27 Prozent der größte EU-Fondsmarkt
Die kräftigen Mittelzuflüsse und die steigenden Aktienkurse haben zu der neuen
Bestmarke beim verwalteten Vermögen geführt. In den letzten zehn Jahren ist
das Vermögen um über 140 Prozent gestiegen. Der deutsche Fondsmarkt bestätigt
damit einmal mehr seine führende Position in Europa. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank ist Deutschland mit einem Anteil von 27 Prozent der
größte Fondsmarkt in der EU. In Deutschland sind offene Spezialfonds mit einem
Vermögen von 2.188 Milliarden Euro die größte Fondsgruppe. Zusammen mit
den Mandaten im Wert von 634 Milliarden Euro entfallen fast zwei Drittel des verwalteten Gesamtvermögens auf das rein institutionelle Geschäft mit zum Beispiel
Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften.
Alternative Assetklassen gewinnen an Bedeutung
Eine weitere Bestmarke gibt es bei den offenen Publikumsfonds. Sie verwalten ein Rekordvermögen von 1.471 Milliarden Euro. Bemerkenswert ist das Wachstum der geschlossenen Fonds. Ihr Netto-Vermögen ist in den letzten drei Jahren von 14 auf 41 Milliarden Euro gestiegen. Der Anstieg zeigt, dass die Bedeutung von alternativen Anlageklassen wie zum Beispiel „Private Equity“ und „Private Debt“ für institutionelle Investoren angesichts der Nullzinsen und der attraktiven Renditechancen an den Privatmärkten erheblich zugenommen hat. Allein Beteiligungsfonds haben ihre Assets in den letzten drei Jahren auf 24 Milliarden Euro fast verzehnfacht.
Seit 2019 haben Publikumsfonds ihre Zuflüsse pro Kalenderjahr jeweils mehr als verdoppelt
Mit Zuflüssen von 256 Milliarden Euro beim Neugeschäft erzielten Fonds einen
neuen Absatzrekord. Die stabile Stütze im Neugeschäft sind offene Spezialfonds.
Ihnen floss mit netto 131 Milliarden Euro eine neue Rekordsumme zu. Bislang
war 2015 mit 121 Milliarden Euro ihr stärkstes Absatzjahr. Offene Publikumsfonds
übertrafen beim Neugeschäft mit 118 Milliarden Euro deutlich ihre Rekordmarke
aus dem Jahr 2000 (75 Milliarden Euro). Seit 2019 haben Publikumsfonds
ihre Zuflüsse pro Kalenderjahr jeweils mehr als verdoppelt. Dazu haben vor allem
Privatanleger beigetragen. Nach Angaben der Bundesbank entwickeln sie sich
seit 2013 wieder zur tragenden Säule bei den Zuflüssen von Publikumsfonds. In
den letzten beiden Jahren entfielen zusammen über 90 Prozent des Neugeschäfts
von Publikumsfonds auf Privatanleger.
Deutsche Fondsgesellschaften vorsichtig bei Klassifizierung ihrer Fonds
als nachhaltig
Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen erzielten 2021 Zuflüsse von 60
Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es 21 Milliarden Euro. Die Fondsbranche verwaltet
insgesamt 588 Milliarden Euro in Publikums- und Spezialfonds, die gemäß
Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung als nachhaltig gelten. Damit stecken
16 Prozent des gesamten Fondsvermögens in Produkten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Bei Publikumsfonds sind es 31 Prozent. Im Vergleich zu anderen Fondsmärkten ist der Anteil eher gering. In Frankreich zum Beispiel liegt er
bei 60 Prozent. In der EU entfallen im Schnitt 40 Prozent des Publikumsfondsvermögens auf Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen.Offenbar sind die Fondsgesellschaften in Deutschland bei der Klassifizierung ihrer Fonds als nachhaltig im Sinne der Offenlegungsverordnung vorsichtiger als ihre Kollegen im Ausland, die ihre Fonds deutlich offensiver als nachhaltig im Sinne der Offenlegungsverordnung einstufen.
Aktien fonds haben 50 Milliarden Euro eingesammelt
Beim Neugeschäft der offenen Publikumsfonds führen Aktienfonds mit 50 Milliarden
Euro die Absatzliste erneut an. Allein im ersten Quartal des letzten Jahres erzielten
sie fast die Hälfte des Neugeschäfts. Im Gesamtjahr 2021 haben sich die
Zuflüsse in Aktienfonds gegenüber 2020 (20,9 Milliarden Euro) mehr als verdoppelt.
Aktiv gemanagte Aktienfonds erzielten netto 31,8 Milliarden Euro und Aktien-
ETFs 18,2 Milliarden Euro. Mischfonds verbuchen seit zehn Jahren Zuflüsse.
Nachdem sie in den Jahren 2013 bis 2018 mit großem Abstand die Absatzliste
anführten und Absatzrekorde erzielten, verharrte das Neugeschäft 2019 und
2020 auf vergleichsweise geringem Niveau. Im letzten Jahr erreichten sie mit Zuflüssen
von 41,8 Milliarden Euro eine neue Bestmarke im Neugeschäft. Der Auslöser
für diesen Rekord war die Rekordfahrt des Dax nach dem Einbruch im März
2020, die Anfang 2021 zu einer positiven Stimmung der Anleger gegenüber Aktien
führte. Sparer, die von den Renditechancen der Aktien profitieren, aber das
Risiko reduzieren wollen, haben dann Mischfonds statt Aktienfonds gekauft. An
dritter Stelle im Neugeschäft folgen Rentenfonds mit Nettozuflüssen von 10,3 Milliarden Euro. Immobilienfonds verzeichneten Zuflüsse von netto 7,2 Milliarden
Euro. (jk)
Diesen Beitrag teilen: