Vor 30 Jahren startete der DAX mit 30 Mitgliedern. Die Hälfte der Erstmitglieder oder deren Nachfolger sind heute noch dabei. Eine aktuelle Studie zeigt, warum es besser ist, in den gesamten Index zu investieren anstatt in einzelne DAX-Unternehmen.
13.07.2018 | 12:59 Uhr
Im Juli 1988 startete der Deutsche Aktienindex (DAX) mit 30 Unternehmen, den größten in Deutschland gelisteten Aktiengesellschaften. Immerhin die Hälfte der 30 ursprünglichen Unternehmen ist durchgängig seit Gründung dabei, davon 12 noch namensgleich, drei weitere – Daimler, E.ON und ThyssenKrupp – sind durch ihre Vorgängerunternehmen seit Beginn im DAX vertreten. Auf der einen Seite zeichnen sich die 15 noch vertretenen Gründungsmitgliedern im DAX mit Konstanz aus. Auf der anderen Seite zeigt der DAX auch eine hohe Fluktuation: Bis heute waren insgesamt 53 Unternehmen Mitglied im DAX.
Dementsprechend hat sich die Branchenzusammensetzung im deutschen Leitindex im Laufe der Zeit gravierend verändert. Stellte die Finanzbrache beispielsweise 1988 mit der Bayerischen Vereinsbank, der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, der Dresdner Bank, der Commerzbank und der Deutschen Bank gleich fünf Banken, so sind heute nur noch zwei Banken (Commerzbank und Deutsche Bank) dabei, wobei mit der Allianz, der Münchener Rück und der Deutschen Börse weitere Finanzdienstleister im DAX hinzugekommen sind. Der Gesamtanteil der Finanzbranche im DAX fiel von 24,3 Prozent 1988 auf 15,0 Prozent 2017.
Die Analysten der Sutor Bank haben sich die Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten genauer angesehen und die wesentlichen Veränderungen zusammengefasst. Ihr Ergebnis: Von den fünf Startern aus der Automobilbranche (BMW, Daimler, Volkswagen, Continental und MAN) sind in der Kategorie Nicht-Basiskonsumgüter im Prinzip noch alle dabei. Allerdings legte Continental von 1996 bis 2003 und von 2008 bis 2012 zwei DAX-Pausen ein, MAN wurde von Volkswagen übernommen. Informationstechnologie (IT) hat als Branche über die Jahrzehnte kontinuierlich an Gewicht im DAX gewonnen (1988: 1,5% / 1999: 6,1% / 2017: 11,7%). Die heutigen IT-Vertreter sind Infineon und SAP, wobei SAP mit rund 120 Milliarden Euro sogar das wertvollste Unternehmen im DAX darstellt. Nachdem sich Karstadt und Kaufhof aus dem DAX verabschiedet haben, ist der Leitindex nun schon seit einigen Jahren handelsbranchenfrei. Kontinuierlich abgenommen hat der Anteil der Versorgungsbetriebe: Lag der Anteil 1988 noch bei 10,6 Prozent (Veba, RWE, Viag), so ist dieser inzwischen bei nur noch 2,5 Prozent (E.ON, RWE).
Spannend ist den Verfassern der Studie zufolge ein Blick auf das Frühjahr 2000: Zu dieser Zeit wurde mächtig um die UMTS-Lizenzen gebuhlt und die Telekommunikationsbranche machte mit den Schwergewichten Deutsche Telekom und Mannesmann im DAX gut 35 Prozent aus. Zum DAX-Start war die Telekommunikationsbranche noch gar nicht vertreten, heute macht sie mit der Deutschen Telekom noch rund 6 Prozent aus.
Einige Unternehmen gaben im DAX-Lebenszyklus nur kurze Gastspiele: MLP schaffte es nur zwei Jahre, Epcos war drei Jahre dabei. Am kürzesten war die Hannover Rück mit von der Partie – mit gerade einmal sechs Monaten von März bis September 2009.
„Dass sich die Zusammensetzung des DAX in seiner dreißigjährigen Geschichte immer wieder geändert hat, ist kein Wunder, sondern nur logisch. Da der DAX ein Spiegel der deutschen Unternehmenslandschaft ist, verändert er sich genauso wie die deutsche Wirtschaft. Das ist für Anleger von Vorteil. Denn erfolgreiche, starke Unternehmen rücken auf und ersetzen andere Firmen, die an Bedeutung verlieren. So profitieren Anleger ganz automatisch von den ‚Selbstreinigungskräften‘ des DAX und setzen auf einen Verbund von Siegertypen“, erklärt Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Sutor Bank.
Ein Blick auf das Performance-Ranking der 15 Unternehmen, die seit DAX-Gründung dabei sind, zeigt, dass der Kapitalmarkt – und damit auch der DAX – unberechenbar ist. „Schaut man beispielsweise auf die Lufthansa-Aktie wird deutlich, dass diese im Ranking auf- und absteigt wie die hauseigenen Flugzeuge“, sagt Lutz Neumann. Demnach befand sich die Lufthansa-Aktie im Jahr 2010 unter den Top 5, 2011 war sie Drittletzter und 2012 Tabellenführer. Beispiel Commerzbank: 2002 Vorletzter, dann 2003 Erster mit einer Kurssteigerung von 108,72 Prozent, 2004 Viertletzter und 2005 wieder Erster.
„Viele Anleger in Deutschland setzen gerne auf heimische Einzelwerte, da sie ihnen vertraut erscheinen. Doch bei Einzelwerten braucht es starke Nerven – fast jede einzelne der 15 Aktien lag in den letzten 20 Jahren einmal abgeschlagen und einmal weit vorne in der Performance-Rangliste“, sagt Lutz Neumann. Auch unter den neu dazugekommenen DAX-Werten gab es zum Teil dramatische Kursentwicklungen. Beispiel Infineon: 2008 noch mit einem Minus von 88,10 Prozent auf dem absteigenden Ast, brachte das Unternehmen im darauffolgenden Jahr einen Kursanstieg von 351,16 Prozent zustande. Oder adidas: 2014 mit 37,80 Prozent im Minus, 2015 mit 56,04 Prozent im Plus.
Wer in der Vergangenheit in den gesamten Index investierte und damit sein Geld über die 30 DAX-Unternehmen streute, reduzierte sein Risiko und erlebte deutlich geringere Schwankungen. Dass die Diversifikation beim DAX wirkt, zeigt seine gute Performance mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 8,13 Prozent (1.7.1988 bis 28.6.2018). Gleichwohl sollten Anleger nicht nur den heimischen Markt im Blick haben. „Der DAX ist ein gutes Basisinvestment. Eine weltweite Streuung erweitert das Anlageuniversum jedoch deutlich. Dadurch wird auch vermieden, dass bestimmte erfolgreiche Branchen unterrepräsentiert sind. Beim DAX fehlt beispielsweise die Ölindustrie völlig“, sagt Lutz Neumann.
Auch sollte nicht nur auf Unternehmen mit großer Marktkapitalisierung – wie im DAX – gesetzt werden. „Wissenschaftliche Untersuchungen über viele Jahrzehnte hinweg zeigen, dass Investments in Klein- und Substanzunternehmen zwar mit höheren Risiken verbunden sind, jedoch langfristig mit höheren Renditen belohnt werden. Anleger sollten daher auch mittelständische Firmen im Blick haben“, empfiehlt Lutz Neumann.
In ein ideales Depot gehörten nach Ansicht des Anlageexperten zudem nicht nur Aktien, sondern auch Anleihen, um den gesamten Kapitalmarkt abzubilden und für mehr Stabilität zu sorgen. „Die Anleihen geben Sicherheit und sorgen für eine gute Straßenlage, die Aktien sind der Turbo, der für den Fahrspaß sorgt“, so Neumann.
(MvA)
Diesen Beitrag teilen: