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US-Zollschock: Was die Finanzprofis sagen

Trump verschärft Handelskonflikt
Handelsstreit

Donald Trump hat mit seiner Ankündigung weltweiter Strafzölle die Finanzmärkte in schwere Turbulenzen gestürzt. Zu den weitreichenden Folgen des Handelskriegs hat TiAM FundResearch Stimmen von Finanzexperten für Sie gesammelt.

03.04.2025 | 11:30 Uhr

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF SE erklärt:

„1) Mit diesen einseitigen Zollerhöhungen verlassen die USA die multilaterale Handelsordnung. Er geht damit das Risiko eines Handelskriegs der USA mit ihren wichtigsten Handelspartnern ein.

2) Aufgrund der Höhe der beschlossenen Zölle beschwört Trump Risiken für die Weltwirtschaft herauf, die sich aus heutiger Sicht nicht verlässlich abschätzen lassen.

Die USA selbst werden die Leidtragenden von Trumps Handelspolitik sein. Die Zollerhöhungen werden die Preise für Importgüter in die USA verteuern. Insofern sich diese nicht durch US-Produkte ersetzen lassen, werden dadurch die Verbraucherpreise in den USA steigen und das verfügbare Einkommen der amerikanischen Bürger entsprechend sinken. Die Zölle wirken für die amerikanischen Haushalte wie eine zusätzliche Verbrauchssteuer.

Die neue Zollpolitik wird den Wechselkurs des US-Dollar schwächen. Damit einher werden Wechselkursverluste für ausländische Anleger gehen, die in Aktien oder Anleihen in den USA investieren. Durch einen schwächeren Dollar gefährdet Trump die Finanzierung des amerikanischen Haushaltsdefizits durch ausländische Investoren.

Trumps konfrontative Zollpolitik verdunkelt die Wachstumsaussichten der USA. Der IWF hat bisher das Wirtschaftswachstum in den USA für dieses Jahr auf 2,7 Prozent veranschlagt. Diese Schätzung wird unserer Einschätzung nach kaum noch zu halten sein."


Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank:

„Wirtschaft und Finanzmärkte müssen sich darauf einstellen, dass Zölle ein dauerhaftes Instrument der US-Wirtschaftspolitik sein werden. Die jüngsten Ankündigungen von Basiszöllen und reziproken Zöllen gegenüber allen Handelspartnern der USA sind wahrscheinlich das Kernstück der handelspolitischen Agenda der neuen US-Administration, selbst wenn in den kommenden Tagen einiges hiervon bereits wieder zurückverhandelt wird. Zum einen erhofft sich die US-Regierung, dass die Produktion von Industriegütern in die USA zurückkehrt. Zum anderen versprechen Zölle dauerhafte Staatseinnahmen. Der US-Staat hat kein Geld und die Verschuldung ist bald ausgereizt. Nebenbei kann der US-Präsident andere Länder mit Zöllen unter Druck setzen, um politischen Forderungen durchzusetzen.

Der durchschnittliche Außenzoll der USA hat sich von etwa 4 Prozent Anfang der 2000er Jahre auf nun wieder über 20 Prozent erhöht. Die Weltwirtschaft wird reagieren. Großen integrierte Wirtschaftsräume, wie etwa die Europäische Union oder die ASEAN-Staaten geben den Unternehmen Ausweichspielraum. Wir erleben einen Umbau der Weltwirtschaft, keinen Abbau. Große Wirtschaftsblöcke werden die internen Handels- und Produktionsprozesse intensivieren und untereinander bilaterale Handelsabkommen abschließen, wie es etwa jüngst zwischen der Europäischen Union und den Mercosur- Staaten Südamerikas oder Australien geschehen ist.

Für einzelne Unternehmen und Branchen ist das eine große Herausforderung, aber die Volkswirtschaften als Ganzes werden das meistern. Für die Finanzmärkte geht die Phase des Umbaus mit Unsicherheiten einher. Das weltwirtschaftliche Wachstum, welches der Treibstoff für steigende Börsenkurse ist, wird aber auch in diesem Szenario weitergehen. Wirklich problematisch für Konjunktur und Finanzmärkte wäre ein Handelskrieg, bei dem sich die Protektionsmaßnahmen auch auf Felder außerhalb der Industrie ausdehnen würden, also auf Dienstleistungen, Kapitalverkehr, Daten oder Standards.“


Adam Hetts, Global Head of Multi-Asset, Janus Henderson Investors, kommentiert wie folgt:

„Die horrenden Zölle für jedes einzelne Land schreien nach „Verhandlungstaktik“, was die Märkte auf absehbare Zeit in Atem halten wird. Glücklicherweise bedeutet es, dass es ab jetzt einen beträchtlichen Spielraum für niedrigere Zölle gibt, wenn auch mit einer 10 %-igen Ausgangsbasis. Die Regierung hat gezeigt, dass sie gegenüber Marktschmerzen eine erstaunlich hohe Toleranz hat. Die große Frage lautet: Wie viel Toleranz hat sie im Verlauf der Verhandlungen gegenüber echten Wirtschaftsschäden?“


Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, meint zu den Zöllen: 

„Wirtschaftlich wirken Zölle wie andere Handelsrestriktionen wachstumsschädlich und inflationstreibend in allen beteiligten Volkswirtschaften. Das tatsächliche Ausmaß des Schadens ist indes nur schwer kalkulierbar und hängt vom Ausmaß und Anwendungsdauer der US-Zölle sowie von der Art der Gegenmaßnahmen ab. Die OECD veranschlagt die Auswirkungen eines dauerhaften Zolls in Höhe von 10 Prozent auf alle Warenimporte in die USA (außer Rohstoffe) und von Gegenzöllen der betroffenen Partnerländer in gleicher Höhe auf ca. 0,25 Prozentpunkte weniger gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung der Weltwirtschaft im dritten Jahr nach Implementierung. Regional wären die USA selbst mit ca. 0,7 Prozentpunkten sowie deren wichtigste Handelspartner Kanada mit ca. 0,6 und Mexico mit 1,3 Prozentpunkten weniger Output am stärksten betroffen, während für die Eurozone knapp 0,2 Prozentpunkte realistisch wären. Kurzfristig könnten die Wachstumsdämpfer allerdings höher ausfallen. Die Inflation in den USA, Kanada und Mexico dürfte gemäß OECD im Mittel der nächsten drei Jahre um 0,6 bis 0,9 Prozentpunkte höher ausfallen.“


Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz analysiert  die wirtschaftlichen Folgen der aktuellen US-Politik :

„Die Geschichte lehrt uns, dass die Stimmung an der Börse die fundamentale Entwicklung vor allem kurzfristig überzeichnet. Eine rasche Beruhigung und Rückkehr in die Wohlfühlphase der Jahre 2023 und 2024 scheint aber wenig wahrscheinlich, denn dafür fehlt nun das Vertrauen in einen glaubwürdigen Put für die Märkte durch die US-Regierung oder die US-Notenbank. Die Agenda der Trump-Administration wird also wohl weiter für Ungemach sorgen. Die Zollankündigungen am „Liberation Day“ gehen dabei deutlich über die Befürchtungen hinaus und erhöhen das Risiko einer US-Rezession. Gleichzeitig sind die Fundamentaldaten sowohl auf der makroökonomischen Seite als auch auf Seiten der Unternehmen noch sehr robust. Sollten die Zölle tatsächlich wie angekündigt steigen, sind ein Inflationsschub und eine deutliche Wachstumsverlangsamung nun aber sehr wahrscheinlich. Dies ist der ökonomische Preis für die höhere Unsicherheit und die aggressive Handelspolitik."


Ryan Lee, leitender Analyst bei Bitget Research, schreibt:

„Trumps unerwartet harte Zölle, die 10 bis 49 Prozent auf Importe betragen, könnten einen panikartigen Ausverkauf auf dem breiteren Markt ausgelöst haben. ETH und SOL fielen um rund 6 Prozent und der Markt verlagerte sich auf Stablecoins, als die Angst überhandnahm.

Abgesehen vom ersten Schock, bedrohen diese Zölle die US-Wirtschaft, was sich auf die Kryptomärkte auswirken könnte. Höhere Importkosten - insbesondere von wichtigen Partnern wie China - könnten die Inflation anheizen. Einige Modelle prognostizieren bis zum zweiten Quartal 2025 einen Anstieg des Verbraucherpreisindex um 2 bis 3 Prozent, falls der Handelskrieg eskaliert.

Gleichzeitig könnte sich die GDPNow-Schätzung der Atlanta Fed von 2,8 Prozent BIP-Rückgang für das Q1 2025 noch verschlechtern, da die Verbraucherausgaben und Unternehmensinvestitionen unter dem Druck der Zölle ins Stocken geraten.
Ein durch wirtschaftliche Belastungen und eine potenzielle Lockerung der Fed schwächer werdender Dollar könnte BTC als Absicherung begünstigen, wobei die Daten erste Akkumulationstendenzen zeigen. Allerdings benötigen Altcoins möglicherweise stärkere Fundamentaldaten, um langfristig zu profitieren.“


Dirk Chlench, Analyst Landesbank Baden-Württemberg, erklärt:

"Die nun angekündigten Zollerhöhungen haben die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Sollte man die Rede von Donald Trump in einem Satz zusammenfassen, so wäre 'Donald holt den Zollhammer raus' eine treffende Formulierung. (...) Es bleibt zu hoffen, dass das letzte Wort in Sachen Zöllen noch nicht gesprochen ist und die jüngsten Verlautbarungen nur der Auftakt für weitere Verhandlungen sind. Donald Trump hat in seiner Rede damit geprahlt, wie stark der US-Aktienmarkt während seiner ersten Amtszeit gestiegen ist. Vielleicht kann die Reaktion des Aktienmarktes dabei helfen, dass Donald Trump von seinem eingeschlagenen Kurs wieder ein Stück abweicht."


Stephen Dover, Marktstratege bei Franklin Templeton Institute meint:

"Rezession und Inflation sind jetzt wahrscheinlicher. Zölle funktionieren nicht, wenn die Preise nicht steigen. Die durchschnittliche amerikanische Familie könnte aufgrund der heutigen Zölle bis zu 4.200 US-Dollar mehr pro Jahr zahlen (bei einem durchschnittlichen Zollsatz von 20 Prozent auf Importe). Zölle werden daher wahrscheinlich die Ausgaben der Haushalte und Unternehmen bremsen, und wir gehen davon aus, dass sie das Risiko von Rückschlägen beim Wachstum und bei den Gewinnen in den USA im Jahr 2025 erhöhen werden." (dpa/pg)


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