Prof.
Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer von ODDO BHF SE erklärt:
„1) Mit diesen einseitigen Zollerhöhungen verlassen die
USA die multilaterale Handelsordnung. Er geht damit das Risiko eines
Handelskriegs der USA mit ihren wichtigsten Handelspartnern ein.
2) Aufgrund der Höhe der beschlossenen Zölle beschwört
Trump Risiken für die Weltwirtschaft herauf, die sich aus heutiger Sicht nicht
verlässlich abschätzen lassen.
Die USA selbst werden die Leidtragenden von Trumps
Handelspolitik sein. Die Zollerhöhungen werden die Preise für Importgüter in
die USA verteuern. Insofern sich diese nicht durch US-Produkte ersetzen lassen,
werden dadurch die Verbraucherpreise in den USA steigen und das verfügbare
Einkommen der amerikanischen Bürger entsprechend sinken. Die Zölle wirken für
die amerikanischen Haushalte wie eine zusätzliche Verbrauchssteuer.
Die neue Zollpolitik wird den Wechselkurs des US-Dollar
schwächen. Damit einher werden Wechselkursverluste für ausländische Anleger
gehen, die in Aktien oder Anleihen in den USA investieren. Durch einen
schwächeren Dollar gefährdet Trump die Finanzierung des amerikanischen
Haushaltsdefizits durch ausländische Investoren.
Trumps konfrontative Zollpolitik verdunkelt die
Wachstumsaussichten der USA. Der IWF hat bisher das Wirtschaftswachstum in den
USA für dieses Jahr auf 2,7 Prozent veranschlagt. Diese Schätzung wird unserer
Einschätzung nach kaum noch zu halten sein."
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank:
„Wirtschaft und Finanzmärkte müssen sich darauf einstellen,
dass Zölle ein dauerhaftes Instrument der US-Wirtschaftspolitik sein werden.
Die jüngsten Ankündigungen von Basiszöllen und reziproken Zöllen gegenüber
allen Handelspartnern der USA sind wahrscheinlich das Kernstück der
handelspolitischen Agenda der neuen US-Administration, selbst wenn in den
kommenden Tagen einiges hiervon bereits wieder zurückverhandelt wird. Zum einen
erhofft sich die US-Regierung, dass die Produktion von Industriegütern in die USA
zurückkehrt. Zum anderen versprechen Zölle dauerhafte Staatseinnahmen. Der
US-Staat hat kein Geld und die Verschuldung ist bald ausgereizt. Nebenbei kann
der US-Präsident andere Länder mit Zöllen unter Druck setzen, um politischen
Forderungen durchzusetzen.
Der durchschnittliche Außenzoll der USA hat sich von etwa 4
Prozent Anfang der 2000er Jahre auf nun wieder über 20 Prozent erhöht. Die
Weltwirtschaft wird reagieren. Großen integrierte Wirtschaftsräume, wie etwa
die Europäische Union oder die ASEAN-Staaten geben den Unternehmen
Ausweichspielraum. Wir erleben einen Umbau der Weltwirtschaft, keinen Abbau.
Große Wirtschaftsblöcke werden die internen Handels- und Produktionsprozesse
intensivieren und untereinander bilaterale Handelsabkommen abschließen, wie es etwa
jüngst zwischen der Europäischen Union und den Mercosur- Staaten Südamerikas
oder Australien geschehen ist.
Für einzelne Unternehmen und Branchen ist das eine große
Herausforderung, aber die Volkswirtschaften als Ganzes werden das meistern. Für
die Finanzmärkte geht die Phase des Umbaus mit Unsicherheiten einher. Das
weltwirtschaftliche Wachstum, welches der Treibstoff für steigende Börsenkurse
ist, wird aber auch in diesem Szenario weitergehen. Wirklich problematisch für
Konjunktur und Finanzmärkte wäre ein Handelskrieg, bei dem sich die
Protektionsmaßnahmen auch auf Felder außerhalb der Industrie ausdehnen würden,
also auf Dienstleistungen, Kapitalverkehr, Daten oder Standards.“
Adam Hetts, Global Head of Multi-Asset, Janus Henderson
Investors, kommentiert wie folgt:
„Die horrenden Zölle für jedes einzelne Land schreien nach
„Verhandlungstaktik“, was die Märkte auf absehbare Zeit in Atem halten wird.
Glücklicherweise bedeutet es, dass es ab jetzt einen beträchtlichen Spielraum
für niedrigere Zölle gibt, wenn auch mit einer 10 %-igen Ausgangsbasis. Die
Regierung hat gezeigt, dass sie gegenüber Marktschmerzen eine erstaunlich hohe
Toleranz hat. Die große Frage lautet: Wie viel Toleranz hat sie im Verlauf der
Verhandlungen gegenüber echten Wirtschaftsschäden?“
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER
& REUSCHEL, meint zu den Zöllen:
„Wirtschaftlich wirken Zölle wie andere Handelsrestriktionen
wachstumsschädlich und inflationstreibend in allen beteiligten
Volkswirtschaften. Das tatsächliche Ausmaß des Schadens ist indes nur schwer
kalkulierbar und hängt vom Ausmaß und Anwendungsdauer der US-Zölle sowie von
der Art der Gegenmaßnahmen ab. Die OECD veranschlagt die Auswirkungen eines
dauerhaften Zolls in Höhe von 10 Prozent auf alle Warenimporte in die USA
(außer Rohstoffe) und von Gegenzöllen der betroffenen Partnerländer in gleicher
Höhe auf ca. 0,25 Prozentpunkte weniger gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung der
Weltwirtschaft im dritten Jahr nach Implementierung. Regional wären die USA
selbst mit ca. 0,7 Prozentpunkten sowie deren wichtigste Handelspartner Kanada
mit ca. 0,6 und Mexico mit 1,3 Prozentpunkten weniger Output am stärksten
betroffen, während für die Eurozone knapp 0,2 Prozentpunkte realistisch wären.
Kurzfristig könnten die Wachstumsdämpfer allerdings höher ausfallen. Die
Inflation in den USA, Kanada und Mexico dürfte gemäß OECD im Mittel der
nächsten drei Jahre um 0,6 bis 0,9 Prozentpunkte höher ausfallen.“
Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb &
Wallwitz analysiert die wirtschaftlichen
Folgen der aktuellen US-Politik :
„Die Geschichte lehrt uns, dass die Stimmung an der Börse die
fundamentale Entwicklung vor allem kurzfristig überzeichnet. Eine rasche
Beruhigung und Rückkehr in die Wohlfühlphase der Jahre 2023 und 2024 scheint
aber wenig wahrscheinlich, denn dafür fehlt nun das Vertrauen in einen
glaubwürdigen Put für die Märkte durch die US-Regierung oder die US-Notenbank.
Die Agenda der Trump-Administration wird also wohl weiter für Ungemach sorgen.
Die Zollankündigungen am „Liberation Day“ gehen dabei deutlich über die Befürchtungen
hinaus und erhöhen das Risiko einer US-Rezession. Gleichzeitig sind die
Fundamentaldaten sowohl auf der makroökonomischen Seite als auch auf Seiten der
Unternehmen noch sehr robust. Sollten die Zölle tatsächlich wie angekündigt
steigen, sind ein Inflationsschub und eine deutliche Wachstumsverlangsamung nun
aber sehr wahrscheinlich. Dies ist der ökonomische Preis für die höhere
Unsicherheit und die aggressive Handelspolitik."
Ryan Lee, leitender Analyst bei Bitget Research,
schreibt:
„Trumps unerwartet harte Zölle, die 10 bis 49 Prozent auf
Importe betragen, könnten einen panikartigen Ausverkauf auf dem breiteren Markt
ausgelöst haben. ETH und SOL fielen um rund 6 Prozent und der Markt verlagerte
sich auf Stablecoins, als die Angst überhandnahm.
Abgesehen vom ersten Schock, bedrohen diese Zölle die
US-Wirtschaft, was sich auf die Kryptomärkte auswirken könnte. Höhere
Importkosten - insbesondere von wichtigen Partnern wie China - könnten die
Inflation anheizen. Einige Modelle prognostizieren bis zum zweiten Quartal 2025
einen Anstieg des Verbraucherpreisindex um 2 bis 3 Prozent, falls der
Handelskrieg eskaliert.
Gleichzeitig könnte sich die GDPNow-Schätzung der Atlanta
Fed von 2,8 Prozent BIP-Rückgang für das Q1 2025 noch verschlechtern, da die
Verbraucherausgaben und Unternehmensinvestitionen unter dem Druck der Zölle ins
Stocken geraten.
Ein durch wirtschaftliche Belastungen und eine potenzielle Lockerung der Fed
schwächer werdender Dollar könnte BTC als Absicherung begünstigen, wobei die
Daten erste Akkumulationstendenzen zeigen. Allerdings benötigen Altcoins
möglicherweise stärkere Fundamentaldaten, um langfristig zu profitieren.“
Dirk Chlench, Analyst Landesbank Baden-Württemberg, erklärt:
"Die nun angekündigten Zollerhöhungen haben die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Sollte man die Rede von Donald Trump in einem Satz zusammenfassen, so wäre 'Donald holt den Zollhammer raus' eine treffende Formulierung. (...) Es bleibt zu hoffen, dass das letzte Wort in Sachen Zöllen noch nicht gesprochen ist und die jüngsten Verlautbarungen nur der Auftakt für weitere Verhandlungen sind. Donald Trump hat in seiner Rede damit geprahlt, wie stark der US-Aktienmarkt während seiner ersten Amtszeit gestiegen ist. Vielleicht kann die Reaktion des Aktienmarktes dabei helfen, dass Donald Trump von seinem eingeschlagenen Kurs wieder ein Stück abweicht."
Stephen Dover, Marktstratege bei Franklin Templeton Institute meint:
"Rezession und Inflation sind jetzt wahrscheinlicher. Zölle funktionieren nicht, wenn die Preise nicht steigen. Die durchschnittliche amerikanische Familie könnte aufgrund der heutigen Zölle bis zu 4.200 US-Dollar mehr pro Jahr zahlen (bei einem durchschnittlichen Zollsatz von 20 Prozent auf Importe). Zölle werden daher wahrscheinlich die Ausgaben der Haushalte und Unternehmen bremsen, und wir gehen davon aus, dass sie das Risiko von Rückschlägen beim Wachstum und bei den Gewinnen in den USA im Jahr 2025 erhöhen werden." (dpa/pg)
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