Angesichts der hohen Inflationsrate und der guten Lage am Arbeitsmarkt will die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins «bald» erhöhen. Zentralbankchef Jerome Powell erklärte, die Fed erwäge, den Leitzins bereits bei ihrer nächsten Sitzung am 16. März zu erhöhen - vorausgesetzt, die wirtschaftlichen Bedingungen sprächen weiter dafür.
27.01.2022 | 06:15 Uhr
Es wäre die erste Anhebung seit Beginn der Corona-Pandemie. Dank der starken Wirtschaftsentwicklung gebe es nun «einigen Spielraum», den Leitzins zu erhöhen ohne dabei die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt zu gefährden, fügte Powell hinzu.
Wie gut sich die Wirtschaft im vergangenen Jahr entwickelt hat, dürfte schon heute deutlich werden: Die US-Regierung legt die erste Schätzung des Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten für das vierte Quartal und das gesamte Jahr 2021 vor. Das Finanzministerium rechnet nach der Corona-Rezession im Vorjahr für 2021 mit einem starken Wachstum von 5,3 Prozent. Die Fed erwartet für die weltgrößte Volkswirtschaft ebenfalls ein deutliches Plus - sie geht von 5,5 Prozent aus.
Für das laufende Jahr rechnen Analysten mit einem etwas abgeschwächten Wachstum zwischen 3 und 4 Prozent. Als Gründe dafür werden sowohl anhaltende Unterbrechungen globaler Lieferketten als auch die absehbar straffere Geldpolitik der Notenbank angeführt.
Der Zentralbankrat beließ den Leitzins am Mittwoch zunächst in der extrem niedrigen Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent. Im März ist nun eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte wahrscheinlich. Powell ließ keinen Zweifel daran, dass die Zentralbank die Zügel anziehen werde. Die Lage am Arbeitsmarkt habe sich bedeutend verbessert und entspreche dem Fed-Ziel der Vollbeschäftigung, sagte er. Auch das Wachstum sei robust, weswegen die US-Wirtschaft «keine anhaltend hohe Unterstützung durch die Geldpolitik mehr braucht».
Einer Fed-Prognose vom Dezember zufolge sind bis Jahresende bis zu drei Zinsschritte zu erwarten. An den Märkten wird inzwischen sogar mit vier Straffungen um insgesamt einen Prozentpunkt gerechnet. Zudem will die Fed ihr milliardenschweres Hilfsprogramm zum Ankauf von Wertpapieren planmäßig Anfang März auslaufen lassen.
Im Lauf des Jahres soll auch die durch Krisenprogramme auf fast neun Billionen US-Dollar angeschwollene Bilanz der Fed abgebaut werden, was den Märkten weiter Liquidität entziehen würde. Powell betonte, die «bedeutende Reduzierung» solle «ordnungsgemäß und vorhersehbar» durchgeführt werden, um Marktteilnehmer nicht zu überraschen.
Sorgen bereitet den Entscheidern der Zentralbank vor allem die Inflationsrate, die seit Monaten deutlich über dem Ziel der Fed von mittelfristig 2 Prozent liegt. Im Dezember war die Inflation im Vergleich zum Vorjahr auf 7 Prozent gestiegen. Das war der höchste Wert seit Jahrzehnten. Anhaltend starkes Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung setzten stabile Preise voraus, mahnte Powell. Die Fed sei bereit, zu handeln und gehe davon aus, dass die Teuerungsrate im Lauf des Jahres deutlich fallen werde, sagte er.
Experten machen unter anderem die rasche wirtschaftliche Erholung von der Corona-Krise, großzügige Konjunkturprogramme sowie Unterbrechungen globaler Lieferketten für den Anstieg der Preise verantwortlich. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Dollar weniger kaufen können als zuvor. Erhöhungen des Leitzinses durch die Fed würden die Teuerungsrate drosseln, aber auch das Wirtschaftswachstum ausbremsen, was in der Folge zu mehr Arbeitslosigkeit führen könnte.
Quelle: dpa-AFX
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