Die Deutsche Wertpapiertreuhand ist der letzte Finanzdienstleister, der die Zulassung als Honorarberater bei der BaFin beantragt hat. Im Gespräch mit FundResearch spricht Gründer Marcel van Leeuwen über die Herausforderungen der Branche.
12.06.2019 | 09:00 Uhr
Herr van Leeuwen, die Deutsche Wertpapiertreuhand hat sich im Januar 2018 bei der BaFin als unabhängiger Honorar-Anlageberater registrieren lassen. Damit sind Sie der letzte Finanzdienstleister, der diesen Schritt gewagt hat. Haben Sie es bereut?
Marcel van Leeuwen: Nein, ganz und gar nicht. Man muss dazu sagen: Die Registrierung war für uns nur ein Verwaltungsakt. Wir haben seit unserer Gründung im Jahr 2005 auf das Honorar-Prinzip gesetzt und arbeiten seitdem ohne Provisionen durch Produktanbieter. Wir gehören damit eher zu den Pionieren unter den Honorar-Beratern.
Wie kommt es, dass Sie erst so spät die Lizenz beantragt haben?
Marcel van Leeuwen: Als 2013 das Gesetz zur Honoraranlageberatung beschlossen wurde, waren wir unzufrieden damit. Es machte aus unserer Sicht keinen Sinn. Es war nicht konsequent genug. Mit der Anwendung der MiFID II-Richtlinie, die das Honorar-Prinzip für die Finanzportfolioverwaltung klar geregelt hat, haben wir uns entschieden, auch den letzten Schritt zu gehen und uns bei der BaFin zu registrieren.
Es gibt gerade einmal 19 bei der BaFin registrierte Honorar-Anlageberater. Gleichzeitig sind bundesweit aktuell fast 38.000 Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach § 34f GewO eingetragen, die in der Regel Provisionen von Emittenten nehmen. Wie erklären sie sich das?
Marcel van Leeuwen: Der provisionsbasierte Vertrieb lohnt sich einfach schneller. Das Modell ist ausgereift, erprobt und für die Branche hoch profitabel. Die Banken verdienen sich seit Jahrzehnten ein goldene Nase daran, den Kunden Produkte zu verkaufen, an denen vor allem sie selbst verdienen. Und die Berater profitieren von den Vertriebs- und Bestandsprovisionen. Weder aus Sicht der Emittenten noch aus der Sicht vieler Berater besteht der Wunsch, das zu ändern.
Die Richtlinie MiFID II soll ja das, was Sie hier beschreiben, unterbinden. Funktioniert das etwa nicht?
Marcel van Leeuwen: Naja, sagen wir mal so: MiFID II ist der Geist, der Gutes will und Böses nicht verhindert. Die Gesetzgebung ist inkonsequent. Da werden Tausende von kleinteiligen Regelungen erfunden, um die Folgen der provisionsbasierten Beratung einzudämmen. Aber offensichtlich hatte Niemand den Mut, Provisionen einfach abzuschaffen. Das ist sehr schade.
Vielleicht ist MiFID II ja nicht radikal genug, aber werden Anleger nicht wenigstens besser geschützt?
Marcel van Leeuwen: Das mag in Teilen vielleicht so sein. Aber der Gesetzgeber ist auch hier in seiner Vorgehensweise inkonsequent. Das fängt schon mit der Besteuerung an. Die Bestandsprovision aus einem Fonds, die wir vom Anbieter erhalten und an den Kunden auszahlen, muss dieser als Gewinn versteuern. Das ist doch völlig unsinnig. Er bekommt schließlich doch nur zurück, was er vorher als Anleger im Fonds bereits als Kosten bezahlt hat. Von Gewinn kann hier doch gar keine Rede sein. Auch der Anlegerschutz ist nicht konsequent gewährleistet. Honorarberater dürfen keine Provisionen nehmen, aber Provisionsberater dürfen schon zusätzlich Honorare nehmen. Anleger werden folglich so nicht davor geschützt, Gebühren für eine Beratung zu zahlen, die eigentlich ein Verkauf ist.
Aber die Emittenten von Finanzprodukten und auch die Berater müssen doch die Kosten offenlegen. Wo ist das Problem?
Marcel van Leeuwen: Ich mache das mal am Beispiel von Anlagezertifikaten deutlich. Hier können die Emittenten die Struktur eines Produktes so gestalten, dass sie daran ein bis zwei Prozent per annum verdienen, ohne dass das als Kosten ausgewiesen wird. Es wird einfach in der Berechnungsformel für die Wertentwicklung versteckt. Weder der Berater noch der Kunde können das nachrechnen. Aus diesem Grund führen viele Banken Milliardenprogramme durch, bei denen sie Aktien in den Depots der Anleger durch Zertifikate ersetzen. Der Anleger bekommt von den versteckten finanziellen Vorteilen für die Bank nichts mit.
Wenn das so lukrativ ist für die Berater: Warum sind Sie selbst dann vom Prinzip der Honorarberatung so überzeugt?
Marcel van Leeuwen: Wir glauben daran, dass es langfristig kein Erfolgsmodell ist, Kunden Finanzprodukte zu verkaufen, die sie nicht brauchen. Wir fühlen uns ganz gut damit, Kunden Wertpapiere zu empfehlen oder im Rahmen unserer Vermögensverwaltung ins Depot zu legen, die ihnen im Rahmen ihrer Anlagestrategie einen Mehrwert bieten.
Können Sie von diesem guten Gefühl auch gut leben?
Marcel van Leeuwen: Ja. Denn wir haben unser Geschäftsmodell von Anfang an konsequent auf dieses Ziel ausgerichtet. Das bedeutet konkret, dass wir sehr effizient arbeiten. Wir haben eine effiziente Verwaltung, wir investieren mehr als Andere in den Ausbau unserer IT-Struktur, und wir entwickeln Zukunftsthemen wie die Künstliche Intelligenz. Mit der Kombination aus persönlicher, honorarbasierter Beratung und einer effizienten Infrastruktur im Hintergrund können wir uns sehr gut im Markt behaupten. Der Trend spricht für uns. Immer mehr Anleger erkennen den Wert unserer Dienstleistung. Wer einmal nachgerechnet und verglichen hat, was er bei uns bezahlt und was eine klassische Beratung kostet, bleibt uns treu verbunden.
Können Sie Finanzberatern, die derzeit noch provisionsbasiert beraten, den Umstieg auf das Prinzip Honorarberatung empfehlen?
Marcel van Leeuwen: Das kommt darauf an. Guten Beratern empfehle ich den Umstieg, schlechten nicht.
Herr van Leeuwen, vielen Dank für das Gespräch.
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