Während die Kurse von Aktien im März einbrachen, blieben offene Immobilienfonds weitestgehend verschont. Vielleicht gehört Betongold im Jahr 2020 zu den wenigen Gewinnern.
22.04.2020 | 07:30 Uhr
Prognosen sind in diesen Zeiten schwer. Wie schnell sich nahezu Alles innerhalb nur weniger Wochen verändern kann, hat die Welt gerade erlebt. Auch Börsianer durften zuletzt dazulernen. Höhenflug, Blitzcrash, Turnaround und Konsolidierung folgten von Anfang März bis Mitte April im Stakkato. Insbesondere Aktien und Aktienfonds gehörten in der Corona-Krise bisher zu den Verlierern. Immobilienfonds dagegen machten ihrem Namen alle Ehre. So immobil wie die in den Fonds versammelten Gebäude blieben auch die Kurse. So verzeichneten offene Immobilienfonds in den ersten drei Monaten 2020 im Durchschnitt einen Wertzuwachs von +0,3 Prozent. Die durchschnittliche 1-Jahres-Wertentwicklung betrug zu Ende März +2,7 Prozent. Das ergab eine Untersuchung der Ratingagentur Scope.
Mit Blick auf die weitere Entwicklung bleiben die Scope-Analysten skeptisch bis vorsichtig optimistisch. Zwar rechnet Scope für das Gesamtjahr 2020 mit sinkenden Fondsrenditen – allerdings immer noch im positiven Bereich. Was angesichts der Unsicherheiten an den Kapitalmärken schon ein Lichtblick ist. So erwartet Scope durchschnittliche Renditen der Fonds zwischen 1,5 und zwei Prozent. Voraussetzung: Die aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens in den kommenden zwei Monaten werden gelockert und staatliche Stützungsmaßnahmen greifen. Die Analysten rechnen damit, dass zahlreiche Mieter Nachverhandlungen anstreben und Mietpreissenkungen durchsetzen werden. Das hätte dauerhafte Auswirkungen auf die Einnahmen der Fonds und längerfristig auch für die Bewertung der Objekte zur Folge.
Mögliche Auswirkungen der Corona-Krise werden sich aufgrund der verzögerten Auswirkungen auf die Immobilienmärkte erst nachgelagert in den Immobilienportfolios der offenen Immobilienfonds zeigen, so die Einschätzung der Experten. Auch die Nutzungsarten, in denen die Fonds investiert sind, zeigen unterschiedliche Reaktionen auf die aktuelle Situation. Zurzeit sind vor allem der Einzelhandel und hier vor allem der Non-Food-Bereich sowie die Gastronomie betroffen. Aber auch die Hotelbranche leidet stark. Die Krise wird mittelfristig auch Auswirkungen auf die Büroimmobilienmärkte haben.
Spannend wird es in den Segmenten Einzelhandels- und Hotelimmobilien. Offene Immobilienfonds haben hier in den vergangenen Jahren ordentlich zugekauft und in diesen beiden Segmenten im Durchschnitt einen Anteil von 31 Prozent in ihren Portfolios aufgebaut. Beide Branchen sind aktuell in besonderem Maße betroffen. Der strukturelle Wandel im Einzelhandelssektor wird nach Ansicht von Scope in der Folge beschleunigt werden und der bereits vorher erkennbare Trend zu sinkenden Mieten wird sich hier weiter fortsetzen.
Die Fonds sind jedoch nicht nur in den derzeit von der Krise stark betroffenen Bereichen investiert, sondern auch in Profiteure wie dem Logistiksektor oder in das vergleichsweise stabile Segment der Wohnimmobilien.
Offene Immobilienfonds haben zuletzt deutliche Liquiditätspolster aufgebaut. Das verschafft ihnen in der aktuellen Krisensituation mehr Sicherheit. Die Mittelzuflüsse in die Fonds gehen zwar zurück, allerdings haben Anleger bis Ende März auch nur marginale Beträge gekündigt. Jetzt zahlt sich eine Gesetzesänderungen aus, die vor Jahren nach der Finanzkrise beschlossen wurde: Die zwölfmonatige Kündigungsfrist für Fondsanteile, die nach dem 22.7.2013 erworben wurden, trägt nun zur Stabilisierung in der aktuellen Situation bei.
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