TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: was hinter dem KI-Projekt „Stargate“ steckt.
27.01.2025 | 07:30 Uhr
Was war wohl das wichtigste Ereignis in der vergangenen Woche? Na klar: der Einzug von Darth Vader ins Weiße Haus. Und natürlich das ganze Davor, Drum und Dran. Trump unterschrieb vor Publikum dutzendweise Dekrete. Trump verkündete ein neues „goldenes Zeitalter“ für Amerika. Er schloss die Grenze zu Mexiko für Immigranten. Er begnadigte 1.500 verurteilte Straftäter, die vor vier Jahren das Kapital gestürmt hatten. Darunter viele Rechtsextreme. Er holte die gesperrte Mediaplattform TikTok per Dekret für 75 Tage zurück ins Leben. Er verfügte per Anordnung, dass der Golf von Mexiko nun Golf von Amerika genannt werden soll. Er schnappte sich auf einem seiner drei Amtseinführungs-Bälle einen Säbel und spielte damit vor seinem begeisterten Publikum herum. Zur Musik der Village People, YMCA – eine weltbekannte Schwulenhymne. Um dann später per Amtsanweisung an die US-Exekutive zu erklären, dass es fortan nur Frauen und Männer gebe. Alles dazwischen sei „fake“ und „woke“. Trump hat zudem die Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung unterzeichnet und den Ausstieg aus der WHO angekündigt. Und so weiter. Und so weiter. Insgesamt rund 200 Dekrete hat der alte neu gewählte US-Präsident allein in den beiden ersten Tagen der Machtübernahme in Washington unterschrieben.
Der Mann mit den gelben Haaren ist in seinem Element. It´s Showtime. Seit dem vergangenen Montag verkünden Fox News und rechte Medien nahezu im Stundentakt neue Wohltaten des Imperators. Trump tut dies. Trump tut das. Alles mit großem Trommelwirbel, Fanfaren und Jubelarien untermalt. Es bleibt kaum Zeit fürs Verarbeiten, Interpretieren und Bewerten. Vielleicht hat das System. Denn der tatsächliche Nutzen und Schaden der einzelnen Maßnahmen und Entscheidungen, die da nun im Stakkato unter lautem Tamtam verkündet werden, bleibt so erst einmal im Dunkeln.
Ein gutes Beispiel dafür ist das sogenannte „Stargate“-Projekt. Die Schlagzeile lautet: Trump startet eine neue KI-Initiative. Deren Ziel: die Sicherung der Vormachtstellung der USA auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Dafür wollen die Unternehmen OpenAI, Oracle und Softbank in Texas ein großes Rechenzentrum errichten. 500 Milliarden Dollar sollen in das Projekt fließen. Und damit die Konzerne in ihrem Entwicklungs-Eifer niemand aufhalten kann, kündigte Trump zugleich die Aufhebung von Regulierungen für KI-Projekte an. Freie Fahrt für freie Daten. Und außerdem werden auch noch 100.000 neue Jobs geschaffen. Sagt der US-Präsident.
Hatte Trump hier eine neue, eigene, geniale Idee? Nicht wirklich. Neu ist der Name Stargate. Und die Erweiterung um zwei weitere Partner. Denn das Rechenzentrum in Texas war schon während der Biden-Regierung geplant worden. Ursprünglich war es ein Projekt von OpenAI und Microsoft. Der Technologiekonzern ist zu 14 Prozent an der KI-Schmiede beteiligt und hatte dieser in einer Exklusivvereinbarung abgetrotzt, dass sie bis zu Jahr 2030 alle ihre Cloud-Kapazitäten von Microsoft beziehen muss. Das führte jedoch zu Reibungen zwischen den Partnern: OpenAI forderte für das umfangreiche Training seiner Sprachmodelle enorme Rechenkapazitäten ein. Microsoft schaut aber auch aufs Geld und wollte deshalb nicht allen Begehrlichkeiten des OpenAI-Chefs Sam Altman nachgeben. Bei Stargate wird Microsoft jetzt nicht mehr prominent, sondern nur noch als Technologiepartner genannt. Oracle und Softbank sitzen dafür mit im Boot. Die Kosten werden also auf mehrere Schultern verteilt. Und auch die Rechenzentrumskapazitäten. Hier kann Oracle einen wichtigen Beitrag leisten.
Ansonsten stellen sich zwei Fragen: Was kann Stargate leisten? Und wer profitiert davon? Die erste Frage lässt sich nur schwer beantworten. Zunächst einmal kostet das Projekt in Texas viel Geld. Bevor hier auch nur ein „Hello World“ durch die Datenleitungen surren kann, wird viel Beton gegossen, werden viele Chips verbaut, viele Kabel verlegt und sehr, sehr viele Kühlanlagen errichtet werden müssen. Allein aus diesem letztgenannten Grund ist das in den vergangenen Jahren immer stärker unter Hitzewellen leidende Texas sicher nicht die schlaueste Ortswahl für ein solch gigantisches Rechenzentrums-Projekt. Aber das ist ein anderes Thema.
Wobei wir aber schon bei der zweiten Frage wären: Wer profitiert davon? In den kommenden Jahren heißen die Gewinner erst einmal nicht OpenAI, Oracle und Softbank. Für diese Konzerne ist das Projekt eine teure Wette auf erhofftes, zukünftiges Wachstum. Ein Gewinner der Stunde dagegen heißt Microsoft, weil es als Teilhaber von den Fortschritten bei OpenAI profitiert, aber nicht mehr alle Infrastrukturkosten tragen muss. Aber auch Nvidia profitiert, weil Grafikprozessoren und integrierte Systeme nach wie vor das Herzstück fast jedes größeren KI-Rechenzentrums bilden. Unternehmen wie Arista, Ciena, Dell, Broadcom, Micron und Flex, deren KI-Technologien im Markt eine große Rolle spielen und gebraucht werden, dürfen sich ebenfalls auf neue Aufträge vorbereiten. Ganz besonders können sich Firmen wie Daikin Industries, Schneider Electric, Mitsubishi Electric, Johnson Controls International und Asetek – die Marktführer im Bereich der Kühlung von Rechenzentren – über die neue Allianz und das frische Geld freuen. Wer dem Grundsatz folgt „Grabe nicht nach Gold, sondern verkaufe die Schaufeln“, sollte diese Unternehmen im Blick behalten.
Ach ja, und dann wäre da noch ein großer Profiteur: Donald Trump. Er selbst hat für das Projekt nicht viel getan und auch kein Budget dafür locker machen müssen. Aber er hat eine neue Schlagzeile produziert und Aufmerksamkeit erzeugt. Die Rechnung bezahlen andere. So funktioniert das Prinzip Donald. Es fehlte nur noch, das Ganze nicht Stargate, sondern Trump-Gate zu nennen. Das wäre die Kirsche auf der Sahnetorte gewesen.
Am Dienstag stellt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihren Bericht mit dem Titel „Risiken im Fokus der Bafin 2025“ vor. Darin richtet die Finanzaufsicht den Blick darauf, welchen Gefahren der deutsche Finanzsektor in den kommenden Monaten ausgesetzt sein könnte, welche Risiken die BaFin identifiziert hat und was sie unternimmt, um diesen entgegenzuwirken.
Am Mittwoch wird die US-Notenbank auf ihrer Sitzung voraussichtlich eine abwartende Haltung einnehmen. Denn auf der einen Seite sprechen die Inflations- und Arbeitsmarktzahlen für begrenzte Zinssenkungen. Auf der anderen Seite bleiben politische Unsicherheiten wie Zölle und Fiskalpolitik aber ungelöst. Die Notenbanker haben im Blick, dass ein abnehmender Zustrom von Arbeitskräften langfristig das Wachstum hemmen und die Inflation erhöhen könnte. Auch das Thema Zölle ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits können sie als politisches Druckmittel dienen und die Staatseinnahmen stärken. Gleichzeitig sind ihre Auswirkungen auf Inflation und Nachfrage unklar.
Am Donnerstag veröffentlicht die Europäische Statistikbehörde Eurostat ihre Schnellschätzung zum Bruttoinlandsprodukt für die Euroländer und die EU im vierten Quartal 2024. Wenige Stunden später folgt der Report aus Washington mit der Vorabschätzung des BIP-Wachstums der USA für das Jahr 2024 und das vierte Quartal 2024. Es werden keine Wetten mehr dazu angenommen, wer das Rennen im Vergleich machen wird.
Am Freitag gibt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden seine erste Schätzung zur Entwicklung der deutschen Inflationsrate im Januar 2025 bekannt. Kurzer Rückblick aufs vergangene Jahr: Die Verbraucherpreise in Deutschland haben sich im Jahresdurchschnitt 2024 um 2,2 Prozent gegenüber 2023 erhöht. Die Inflationsrate im Jahr 2024 fiel damit deutlich geringer aus als in den drei vorangegangenen Jahren. Am Freitag wird sich zeigen, ob sich dieser Trend fortsetzt oder ob sich nun das Erreichen einer Talsohle abzeichnet.
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