Ab 21. Juli gilt in Deutschland die neue EU-Prospektverordnung. Für Berater, Anleger und Emittenten ändert sich einiges. FundResearch gibt einen Überblick über die neuen Regeln.
21.06.2019 | 08:00 Uhr
Ab Juli beginnt für Emittenten von Finanzprodukten, Berater und Anleger eine neue Zeitrechnung. Konkret: Ab dem 21.Juli tritt die neue EU-Prospektverordnung (Prospekt-VO) in Kraft. Die Verordnung gilt zwar schon seit dem 20. Juli 2017. Doch erst im Juli wird aus der EU-Prospektrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen war, nun eine unmittelbar anwendbare Europäische Verordnung und damit ein weiterer Baustein im Rahmen der Europäischen Kapitalmarktunion. Schließlich sollen Aufsichtsrecht und Aufsichtspraxis in der EU weitgehend vereinheitlicht werden.
Die Prospekt-VO soll gleich mehrere Ziele erreichen: Erstens soll sie dafür sorgen, dass Wertpapierprospekte für Verbraucher einfacher und nutzerfreundlicher gestaltet werden. Die Informationen zu den Finanzprodukten sollen mit einfacher Sprache klar und verständlich auf den Punkt gebracht werden, um Anlegern die Entscheidung für oder gegen eine Investition zu erleichtern. Zweitens soll für die Unternehmen der Aufwand zur Erstellung von Prospekten sinken. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen von der Reform profitieren.
Das neue europäische, einheitliche Prospektrecht enthält Vorschriften für verschiedene Formen von Prospekten: einen Standardprospekt, einen Großkundenprospekt für Nichtdividendenwerte, einen Basisprospekt, einen vereinfachten Prospekt für Sekundäremissionen sowie einen EU-Wachstumsprospekt. Die grundsätzliche Idee der Verordnung ist, dass alle Wertpapierprospekte einfacher und nutzerfreundlicher gestaltet werden.
Gleichzeitig soll kleineren Unternehmen der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden. Deshalb wurden großzügige Handlungs-Freiräume geschaffen: Für öffentliche Angebote von Wertpapieren mit einem Gesamtgegenwert in der EU von weniger als einer Million wird kein Prospekt mehr verlangt. Zudem hat die Bundesregierung den Rahmen ihres nationalen Handlungsspielraums ausgeschöpft und die Schwellenwerte für die Prospektpflicht auf bis zu acht Millionen Euro heraufgesetzt. Ab 21. Juli ist für Anleihe-Emissionen von unter acht Millionen Euro demnach nur noch ein dreiseitiges Informationsblatt nötig.
In einem Prospekt müssen alle erforderlichen Informationen enthalten sein, die für Anleger wesentlich sind, um sich ein fundiertes Urteil über folgende Punkte bilden zu können: zählen die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Gewinne und Verluste, die Finanzlage und die Aussicht des Emittenten und eines etwaigen Garantiegebers, die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte und die Gründe für die Emission und ihre Auswirkungen auf den Emittenten.
Zusammen mit der EU-Prospektverordnung wird auch das neue einheitliche Registrierungsformular eingeführt. Bestimmt ist es für Emittenten, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt oder multilateralen Handelssystem im Sinne von Artikel 2 lit. u) der EU-Prospektverordnung zugelassen sind. Auch für öffentliche Angebote von Wertpapieren kann das Formular genutzt werden. Der wesentliche Unterschied zu den bisherigen Registrierungsformularen ist die Möglichkeit, das einheitliche Registrierungsformular ohne vorherige Billigung durch die BaFin zu hinterlegen. Voraussetzung dafür ist, dass das einheitliche Registrierungsformular zuvor in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren eingereicht und gebilligt worden ist.
Weiterer Vorteil: Mit dem einheitlichen Registrierungsformular kann ein Emittent den Status eines Daueremittenten erlangen und bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen ein beschleunigtes Billigungsverfahren nutzen, in dem eine Prüffrist von nur fünf Arbeitstagen vorgesehen ist.
Inhaltlich gibt die EU-Prospektverordnung vier Abschnitte für die Zusammenfassung vor: eine Einleitung mit Warnhinweisen, Basisinformationen über den Emittenten, Basisinformationen über die Wertpapiere sowie Basisinformationen über das öffentliche Angebot und/oder die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt. Die Inhalte sollen kurz und verständlich dargestellt werden. Die Zusammenfassung nach der neuen Regelung darf deshalb nicht mehr als sieben Seiten lang sein. Eine Ausnahme besteht unter Umständen dann, wenn eine Ersetzung von Angaben durch solche in einem Basisinformationsblatt gemäß PRIIPs-Verordnung stattfindet.
Künftig ist für eine verordnungskonforme Veröffentlichung des Prospekts nur noch die elektronische Form über das Internet vorgesehen. Das soll Anlegern einen leichteren Zugang ermöglichen. Die bisherigen Veröffentlichungen über Anzeigen in Zeitungen und das Bereithalten einer gedruckten Fassung sind nicht mehr nötig. Zudem orientiert sich der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts ab Juli nicht mehr an dessen Billigung, sondern am Beginn des öffentlichen Angebots beziehungsweise der Zulassung zum Handel am geregelten Markt. Damit ist der Prospekt nicht mehr unverzüglich nach der Billigung zu veröffentlichen, sondern nur noch rechtzeitig vor und spätestens mit Beginn des öffentlichen Angebots beziehungsweise der Zulassung zum Handel am geregelten Markt. Im Falle eines öffentlichen Erstangebots von Aktien, die also zum ersten Mal zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden, muss der Prospekt der Öffentlichkeit allerdings mindestens sechs Arbeitstage vor dem Ende des Angebots verfügbar sein.
Für Prospekte, die nach nationalem Recht vor dem Stichtag gebilligt worden sind, sieht die EU-Prospektverordnung eine Übergangsregelung vor. Die betreffenden Prospekte unterliegen bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit oder innerhalb von zwölf Monaten nach dem Stichtag, je nachdem, was zuerst eintritt, weiterhin dem nationalen Recht. Prospekte, die nach dem Recht erstellt werden, das bis zum Stichtag gilt, und die vor dem Stichtag eingereicht, am Stichtag aber noch nicht gebilligt sind, müssen dagegen auf die Rechtslage nach der neuen EU-Prospektverordnung umgestellt werden. Sie können nach dem Stichtag nicht mehr nach altem Recht gebilligt werden.
Diesen Beitrag teilen: