Vor diesem Hintergrund ist eine größere
Bereitschaft zu erkennen, sich mit Asset-Backed Securities (ABS) zu
beschäftigen. Die Einbeziehung von strukturierten Krediten kann
festverzinsliche Anlageportfolios sinnvoll ergänzen. Es lohnt sich, diese
Anlageklasse zu erkunden.
ABS – eine diverse Assetklasse
In der Regel sind ABS in Europa durch eine
Reihe gleichartiger Vermögenswerte besichert, wie etwa Wohn- oder
Gewerbeimmobilien-Hypotheken, Studenten- und Privatdarlehen, Autokredite oder
Kreditkartenforderungen. ABS entstehen durch Verbriefung. Dabei bündelt ein
Originator Vermögenswerte wie Kredite, Hypotheken, Leasingverträge oder
Forderungen und überträgt sie auf eine zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft
(SPV = Special Purpose Vehicle). Die SPV generiert Anleihen, die durch den
kollektiven Vermögenspool gesichert sind, und emittiert sie an die Anleger. Aus
illiquiden Vermögenswerten werden so handelbare Wertpapiere.
Die so entstandenen Anleihen werden in
verschiedene Tranchen mit unterschiedlichen Risiken und Renditen strukturiert. Die
Cashflows aus dem Vermögenspool, also die Zins- und Rückzahlungen der
Schuldner, werden nach der sogenannten "Wasserfall"-Methode verteilt.
Die vorrangigen oder Senior-Tranchen haben den vorrangigen Anspruch. Erst nach
deren vollständiger Auszahlung werden die Cashflows zur Tilgung der anderen
Tranchen verwendet. Bei Verlusten im Pool der Vermögenswerte erfolgt die
Verteilung in der entgegengesetzten Richtung. Die nachrangigen oder
Junior-Tranchen sind hier als erste betroffen und müssen die Ausfälle verkraften.
Diese Vielfalt an Sicherheiten und die
Strukturierung in Tranchen ermöglicht es den Investoren, ABS zu wählen, die
ihren Risiko-, Rendite- und Liquiditätspräferenzen und Anlagezielen entsprechen:
von den liquideren, sichereren AAA- oder AA-gerateten ABS, bis hin zu
BB/B-gerateten nachrangigen Anleihen mit mehr Risiko, aber auch höheren
Renditechancen. Die meisten Tranchen europäischer ABS-Emissionen weisen in der
Regel ein Investment-Grade-Rating von AAA oder AA auf.
Welche Risiken
gibt es bei der Anlage in ABS?
ABS-Investoren können Verluste erleiden, wenn
eine signifikante Anzahl von Kreditnehmern im Pool der einer Verbriefung
zugrunde liegenden Assets ausfällt und kein Ausgleich durch die Verwertung der
Sicherheiten, wie beispielsweise der Immobilien im Falle von Hypotheken,
geschaffen werden kann.
Damit dieser Fall eintritt, müsste bei einer
Anleihe mit dem Rating AAA ein dauerhafter Rückgang der Immobilienpreise um
etwa 40 % eintreten. Bei einem solchen wahrhaften Armageddon-Szenario stünde
die Welt allerdings vor weitaus größeren Problemen, als Verluste von
Investments in der Anlageklasse ABS zu verkraften.
Dazu kommt,
dass Hypothekenzahlungen in der Regel die größte finanzielle Verpflichtung
privater Haushalte sind, es aber trotz höherer Zinssätze 2023 und bis in das
Jahr 2024 hinein, keinen generellen Anstieg der Zahlungsrückstände gab. Im
Gegenteil: Europäische Hypotheken wiesen in den letzten 15
Jahren selbst während der Finanzkrise und der Pandemie durchweg niedrige
Verlustraten auf. Eine robuste
Nachfrage nach Arbeitskräften, ein starkes Lohnwachstum, Ersparnisse und
staatliche Steuererleichterungen haben dazu beigetragen, die Einkommen der
privaten Haushalte in den vergangenen zwölf bis 24 Monaten zu schützen. Der
jüngste Rückgang bei den Neueinstellungen hat nicht ausgereicht, um das
Lohnwachstum abzukühlen. Dennoch gibt es am Markt bereits Stimmen, die von einer
nachlassenden Lohnsteigerung ausgehen.
Strengere Auflagen in Europa als in den USA
Viele Marktteilnehmer assoziieren ABS immer
noch mit der globalen Finanzkrise 2008. Aber in diesem Zusammenhang muss
zwischen europäischen und US-ABS-Märkten unterschieden werden. So waren damals die
Abschreibungen bei europäischen ABS, die durch Wohngebäude-Hypotheken gesichert
sind (RMBS), mit 0,30 % deutlich niedriger als in den USA mit 4,7 %. Während
der Finanzkrise wiesen US-ABS im Vergleich zu europäischen über alle Arten von
Vermögenswerten hinweg eine deutlich höhere Ausfallquote auf. Ein Grund dafür
ist, dass die Kreditvergabestandards in Europa bereits seinerzeit höher waren.
Weiter stehen hinter europäischen ABS in erster Linie zuverlässige
Finanzinstitute, wobei Banken die bedeutendsten Emittenten sind. Sie nutzen die
Verbriefung als Mittel zur Sicherung der Finanzierung und zur Risikominderung.
Seit 2008 hat sich zudem besonders in Europa
auf dem Gebiet der Regulierung und Transparenz viel getan. Die Besicherung von
Vermögenswerten profitiert von inzwischen noch strengeren Standards für die
Kreditvergabe. Die globalen Regulierungsbehörden verlangen von Banken und
Versicherungsunternehmen, sich mit mehr Kapital zu finanzieren – dazu gehören
die Reformen von Basel II/III (und IV) und IFRS 9.
Die europäischen Verbriefungsmärkte
unterliegen strengeren Vorschriften, die die Interessen von ABS-Emittenten/ Originatoren
und Anlegern besser aufeinander abstimmen, einschließlich der Anforderungen an
den Selbstbehalt beim Kreditrisiko und die Offenlegungspflichten. Alle in der
EU emittierten ABS müssen die Verpflichtung eines 5 %-Kreditrisiko-Selbstbehalts
erfüllen. Das heißt: Die Originatoren müssen bei Verbriefungstransaktionen
(mindestens) 5 % "Skin-in-the-game" halten – dies ist in den USA
nicht mehr der Fall. Darum sind sich Marktteilnehmer einig, dass der
Verbriefungsmarkt in der EU weitaus umfassender reguliert ist.
Zukünftig
fester Bestandteil im festverzinslichen Anlagemix
Europäische und deutsche Anleger haben in den
letzten Jahren zunehmend ABS und andere strukturierte Kreditanlagen in ihre
festverzinslichen Portfolios aufgenommen. Im Zuge der steigenden
Popularität dieser Assetklasse haben sich französische und deutsche Regierungsvertreter
wiederholt dafür ausgesprochen, dass ABS eine stärkere Rolle im europäischen
Kapitalmarktsystem spielen sollte. Auch wenn dieser Appell nicht in naher
Zukunft in umsetzbaren Maßnahmen münden sollte, unterstreicht er doch die
erhöhte Bedeutung dieser Instrumente an den Finanzmärkten.
Das liegt auch daran, dass ABS ihre Cashflows
aus Verbindlichkeiten generieren, die in erster Linie durch Verbraucher- und
nicht durch Unternehmenssicherheiten gedeckt sind. So ermöglichen sie eine Verbesserung
und Diversifizierung für Anleiheportfolios, die in der Regel stark auf
Unternehmensanleihen ausgerichtet sind.
Hauptsächlich dank ihrer variablen Verzinsung
wirken sich Inflation und höhere Zinssätze weitaus weniger auf ABS aus, als auf
festverzinsliche Anlagen mit festen Kupons. Der Kupon der ABS steigt sogar,
wenn die EZB die Zinsen anhebt. Denn in einem solchen Fall sinkt das
Rückzahlungsrisiko, also das Risiko, dass ein Kreditnehmer ein Darlehen refinanziert
und vorzeitig zurückzahlt.
Die Anlageklasse bietet in der Regel einen
Renditeaufschlag gegenüber gleich bewerteten festverzinslichen Bonds, jedoch
mit geringeren Schwankungen. Die aktuellen Bewertungen
sind nach wie vor äußerst attraktiv. Zwar haben sich die Spreads seit
Jahresbeginn angesichts der Nachfrage eingeengt, doch die Renditedifferenzen
über die gesamte Kapitalstruktur hinweg bewegen sich auf oder nahe den
Höchstständen des letzten Jahrzehnts.
Die mit ABS verbundenen
Chancen dürften gerade im Vergleich zu Anleihen und alternativen
festverzinslichen Anlagen auch 2024 viele Investorinnen und Investoren
überzeugen.
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