Vor 525 Jahren erreichte Vasco da Gama Indiens Westküste.
Der Portugiese war nicht der erste europäische Besucher des Subkontinents, aber
er entdeckte den Seeweg von Europa um das Kap der guten Hoffnung nach Indien.
Portugal errichtete einen Stützpunkt und begann den Handel mit Gewürzen und
anderen Waren.
Auch heute machen sich Investoren auf den Weg nach
Indien – und sie tun gut daran, meint Goldman Sachs. „Es ist Zeit, Indien
neu zu entdecken“, heißt es in einem aktuellen Marktkommentar der
Investmentbank. Andere gehen noch einen Schritt weiter: „Indien könnte die
Outperformance der Schwellenländer im Laufe dieses Jahrzehnts anführen“, sagt
Tim Love, Director Emerging Markets Aktien bei GAM Investments. Vincent
Mortier, Chief Investment Officer bei Amundi, stellt sich in seinem
Marktausblick sogar die Frage, ob Indien nicht gleich zur globalen
Konjunkturlokomotive werden kann.
Indien ist heute die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Bis zum Jahr 2027 könnte das Land zur drittgrößten aufsteigen – hinter den
USA und China und vor Japan und Deutschland. Bedeutet für Investoren: Es gibt
gute Gründe, sich zu engagieren, aber auch einige Risiken.
Demografische und andere Dividenden
Indiens strukturelle und fundamentale Situation ist gut.
Wachstum, Inflation, Geldpolitik und eine reformorientierte Regierung tragen je
ihren Teil dazu bei. 2023 liegen die Erwartungen für das BIP-Wachstum Indiens
bei 5,9 Prozent. Zum Vergleich: Die USA wachsen in diesem Jahr
voraussichtlich um 1,1 Prozent, Europa liegt im negativen Bereich, und
China kommt nur auf 5,2 Prozent. Auch mittelfristig steht Indien gut da.
Das prognostizierte durchschnittliche Gesamtwachstum für die nächsten fünf
Jahre liegt bei 6,1 Prozent und damit deutlich vor dem Wert Chinas,
schreibt Marcus Weyerer, ETF Investment Strategist bei Franklin Templeton.
Auch auf der Aktienseite ist Indiens langfristige
Wachstumsstory attraktiv. „In den vergangenen zwei Jahren hat das Land die
globalen Aktienmärkte deutlich übertroffen, und seine Performance gegenüber den
Benchmarks für Schwellenländer war sogar noch ausgeprägter“, sagt Mortier von
Amundi. Infolgedessen stieg Indiens Bewertungsprämie gegenüber den
Schwellenländern auf ein Rekordniveau. „In letzter Zeit hat sie sich jedoch
aufgrund schwacher Performance wieder normalisiert“, so der Experte weiter. Die
Währungsrisiken seien auf dem Rückmarsch, und die indische Rupie profitiere von
dem schwachen US-Dollar.
Mit seinen rund 1,4 Milliarden Einwohnern ist Indien das
bevölkerungsreichste Land der Erde, 40 Prozent der Inder sind jünger als
25 Jahre, gut zwei Drittel im erwerbsfähigen Alter. „Das Medianalter in
Indien liegt bei 29 Jahren, in China bei 37,1 Jahren. Diese
demografische Dividende bietet großes Potenzial für nachhaltiges
Wirtschaftswachstum“ sagt Anuja Munde, Portfoliomanagerin bei Nikko AM.
„Wir glauben, dass Indiens größte Stärke in seinem
Binnenkonsum liegt, der mehr als 60 Prozent des BIP ausmacht und dazu
beiträgt, die Wirtschaft bis zu einem gewissen Grad vor globalen
wirtschaftlichen Ereignissen zu schützen“, ergänzt Love von GAM. Er erwartet,
dass sich das Pro-Kopf-Einkommen des Landes schon bald auf mehr als
5000 US-Dollar verdoppeln wird.
Option auf die Zukunft
Natürlich gibt es auch Risiken, allen voran im
Rohstoffbereich. Zwar will Indien bei Solar und Wasserstoff stark wachsen, aber
aktuell ist das Land noch Energie-Nettoimporteur – daher können
Schwankungen bei den Rohstoffpreisen die makroökonomische Stabilität schwächen.
Ein weiterer Störfaktor könnte die Beschäftigung werden. Damit Indien seine
demografische Dividende wirklich ausschöpfen und die soziale Stabilität
aufrechterhalten kann, bleibt bei der Qualifizierung der Menschen und der
Schaffung neuer Arbeitsplätze noch viel zu tun. Zudem bestehen politische und
wirtschaftliche Übergangsrisiken, wie sie in vielen Schwellenländern auftreten.
Kann Indien also zur globalen Konjunkturlokomotive werden?
Die jüngsten Marktturbulenzen haben den allgemeinen Optimismus etwas gedämpft,
doch mittel- bis langfristig sollte Indiens Einfluss auf der geopolitischen
Bühne zunehmen: Das Land unterhält enge Beziehungen zu großen Volkswirtschaften
und sollte davon profitieren, dass der Westen sich aus der wirtschaftlichen
Abhängigkeit von China lösen möchte.
Attraktive Fonds
Wer am Aufstieg Indiens partizipieren will, kann auf einige
hervorragende Fonds zurückgreifen. Einer der ältesten aktiv gemanagten Fonds
für indische Aktien ist der Schroder ISF Indian Equity. Aufgelegt im November
2006, hat der Fonds heute ein Volumen von 318 Millionen Euro. „Wir wollen
für unsere Investoren Kapitalwachstum erzielen“, erklärt Fondsmanager Manish
Bhatia, der die Strategie seit 2009 verantwortet. Der Zuwachs soll nach Abzug
der Gebühren den MSCI India Index über einen Drei- bis Fünfjahreszeitraum
übertreffen.
Zuletzt ist Bhatia das nicht ganz gelungen. Über drei und
über fünf Jahre blieb der Fonds etwas hinter seiner Benchmark zurück. Anders
sieht es über zehn Jahre aus: Mit einem Plus von 157 Prozent schlägt er
den Index deutlich. Für Bhatia spricht zudem, dass der Fonds über drei Jahre
eine niedrigere annualisierte Volatilität aufwies als der Vergleichsindex.
Fondsmanager Bhatia nutzt seinen Gestaltungsspielraum für
aktive Wetten. So hat er Finanzwerte mit 37 Prozent im Fonds gewichtet und
damit 26 Prozent höher als der MSCI India. Vorsichtiger ist er bei Aktien
aus dem Bereich Konsumgüter und Energie.
Avinash Vazirani und Colin Croft steuern den Jupiter India
Select, der schwerpunktmäßig in Indien investiert, aber auch Aktien aus einigen
umliegenden Ländern halten kann. Benchmark des 2008 aufgelegten Fonds ist der
MSCI India Index. Vazirani und Croft berücksichtigen Unternehmen jeder Größe,
wobei Large Caps mit einer Marktkapitalisierung von über zehn Milliarden
US-Dollar zu knapp 35 Prozent gewichtet sind, Mid und Small Caps etwas
unter 30 Prozent.
„Wir suchen Wachstum zu einem vernünftigen Preis“, sagt
Vazirani. „Aktuell haben wir Finanzwerte mit 25 Prozent am stärksten
gewichtet. Aber auch Basiskonsumgüter sind mit gut 15 Prozent prominent
vertreten.“
Die positive Einschätzung der Fondsmanager von Bankaktien
macht sich bei den zehn größten Einzelpositionen des Fonds bemerkbar. Neben der
State Bank of India findet sich dort die Icici Bank Ltd. Das Kreditinstitut mit
Sitz in Mumbai ist die größte private Bank Indiens und bietet unter anderem
Versicherungen, Bankkonten, Darlehen und Investments an.
Überrendite in der langen Sicht
Auch Vazirani und Croft haben ihre Benchmark über zehn Jahre
geschlagen. Darüber hinaus sind die beiden Jupiter-Manager auch über drei Jahre
besser – mit 80 Prozent im Vergleich zu 59 Prozent, lediglich
über fünf Jahre schneidet ihr Fonds schlechter ab als der Vergleichsindex.
„Vom Wachstum in Indien profitieren, und das nach
ökologischen und sozialen Kriterien“ – so lautet die Vorgabe beim Robeco
Indian Equities, der wie der Schroders-Fonds nach Artikel 8 der
EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert ist. Verwaltet wird der Fonds vom
Asia-Pacific-Equities-Investmentteam, das aus fünf Anlageexperten besteht. Das
Team folgt einem konzentrierten Ansatz, der sich insbesondere an den Trends
Binnenkonsum und Ausbau der Infrastruktur orientiert.
Indien nachhaltig
Mit dieser Vorgehensweise fuhr der Robeco Indian Equities
bislang sehr gut. Bis Ende Juli konnte der Fonds seine Benchmark, den MSCI
India Index (Net Return in Euro), über ein, drei und fünf Jahre schlagen.
Besonders deutlich fiel die Outperformance über fünf Jahre aus. Über diesen
Zeitraum stand der Fonds 80 Prozent im Plus, der Index nur
41 Prozent.
Linus Kwan verwaltet den Indien-Fonds mit dem längsten
Track Record unter den hier vorgestellten Anlagelösungen. Der DWS India ging
bereits Ende Juli 1996 an den Start und hat aktuell ein Volumen von rund
175 Millionen Euro. Kwan investiert in kleinere, mittelgroße und große
Werte mit starker Marktposition und überdurchschnittlich guten
Wachstumsperspektiven. Allerdings machen Large Caps mit rund drei Viertel des
Fonds den Löwenanteil aus. Ein Argument für den DWS India ist ohne Zweifel
seine Performance: Seit Auflegung hat er in 27 Jahren immerhin
1766 Prozent zugelegt.
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