Die Bedeutung von Alternative Investment Funds
(AIF) im konkreten Alltag von Vermögensverwaltern, Anlagevermittlern und
anderen Experten ist so unterschiedlich, wie es die Vorlieben der Anleger sind.
Also ist es ein wenig so wie bei Juristen: Fragt man drei, erhält man vier
Meinungen. Bei Kapitalanlagen ist es womöglich noch etwas unübersichtlicher,
denn viele Vermittler, die zum Beispiel geschlossene Publikums-AIF anbieten,
haben keine Lizenz für Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAW), erklärt ein
Anlageprofi gegenüber TiAM Fundresearch. Andersherum wollten manche
OGAW-Lizenzvermögensberater lieber nur zu liquiden Anlagen beraten, weil da der
Umschlag schneller sei.
Festverzinsliche, Aktien und Sachwerte
Jochen
Schenk,
seit 2024 mit seiner eigenen Beratungsfirma JS Impulse im Geschäft und seit
Jahrzehnten Top-Experte für die regulierte (Immobilien-) Finanzindustrie, ist
mit folgender Einschätzung vermutlich anschlussfähig: „Jede
gute Vermögensdiversifikation enthält mindestens drei Assetklassen:
Festverzinsliche, Aktien und Sachwerte.“ Mit Sachwerten meint er primär
Immobilien und Infrastruktur (Wind und Photovoltaik). Auch Stephanie Lebert,
Analystin bei der Ratingagentur Scope, wird nicht groß anecken, wenn sie in
Bezug auf einen bestimmten AIF-Typus sagt: „Die Investition in
geschlossene Publikums-AIF ist eher für vermögende Privatanleger sinnvoll, die
unter Diversifikationsaspekten langfristig investieren wollen und während
dieser Zeit auf ihr Kapital verzichten können.“ Danach aber beginnt schon bald
die Zone des „Es kommt darauf an“. Auch das erinnert an Juristen.
Schwerpunkt geschlossene
Publikums-Immobilien-AIF
Thomas
Bartels,
Vorstand der Consulting Team Vermögensverwaltung AG in Hildesheim, zählt zu den
Vermögensverwaltern, die die gesamte Klaviatur der Anlagevehikel kennen und
wissen, welcher AIF für welchen Anlegertypus passen könnte. „Der Schwerpunkt liegt bei uns auf
geschlossenen Publikums-AIF im Immobilienbereich“, sagt er. „Hier sind
vertretbare Abschnitte für die Kunden darstellbar.“ Anders sieht es bei den
AIF-Produkten für professionelle und semiprofessionelle Investoren aus. „Spezial-AIF
mit Zeichnungssummen ab 200.000 Euro bedeuten für zahlreiche Kunden ein zu
großes Klumpenrisiko.“ In den vergangenen Jahren fiel ihm auf, dass viele
Anleger gerne über den Zweitmarkt in geschlossene Publikumsfonds investierten. Zu offenen Publikums-Immobilien-AIF ist Bartels indes auf Distanz, „da
sie für die Anleger nicht transparent genug sind. Letztes Beispiel war die
Abwertung des ‚ZBI Wohnen‘ von Union Investment Real Estate“(siehe Teil 2 unserer Serie zu AIF).
Geschlossene Publikums-AIF:
Geplantes Eigenkapitalvolumen je Assetklasse 2024
(in Mio. Euro; X-Achse stellt den Zeitverlauf dar)
AIF-Gewicht im Portfolio von 5 bis 30 Prozent
Generell, so Bartels, wüssten Anleger bei AIF zu schätzen, „dass es sich um eine langfristige Anlage handelt“. Sie profitierten von transparenter Berichterstattung des Fondsmanagements, geringerer Volatilität als etwa bei Aktien sowie „stabilen, regelmäßigen Ausschüttungen über dem normalen Zinsniveau“. Der Schwerpunkt der von seinem Unternehmen für Anleger gemanagten AIF-Bestände betrifft Investments in Immobilien, Windkraft und Photovoltaik. „Ich bin der Meinung, das AIF in jedes Portfolio gehören“, sagt Bartels entschieden. Bei seinen Kunden reicht das Gewicht von AIF in den Portfolios von 5 bis 30 Prozent.
Geschlossene Publikums-AIF:
Platzierungsvolumen nach Assetklassen
AIF gleich Chance für Investments wie bei Institiutionellen
Bei Jakob Hafner, Investment Product Lead beim Vermögensverwalter Liqid, spielen AIF eine zentrale Rolle. Hafner erklärt, AIF kämen bei Liqid „aufgrund ihrer Struktur und Illiquidität nicht in der Vermögensverwaltung zum Einsatz“, interessierte Kunden könnten jedoch „im Rahmen einer Anlagevermittlung“ in AIF investieren. Und genau das tun sie offenkundig. Sie nutzten primär über luxemburgische Spezial-AIF (dortige Typbezeichnung SICAV-RAIF) den Zugang zu den Anlageklassen Private Equity und Venture Capital. Hafner bringt die Attraktivität von AIF so auf den Punkt: „Die Struktur des AIF ermöglicht es unseren Anlegern, zu günstigen Konditionen in Anlageklassen zu investieren, die vormals allein hochvermögenden und institutionellen Investoren vorbehalten waren. Anleger erschließen sich damit die Möglichkeit, ihr Portfolio über die Kapitalmärkte hinaus zu diversifizieren und so Risiken gezielter zu streuen sowie von den im Schnitt höheren Renditen zu profitieren.“
Liqid konzentriert sich bei der Anlagevermittlung von AIF derzeit ausschließlich auf geschlossene Spezial-AIF Luxemburger Art. „Diese eignen sich für Anleger, die mindestens 200.000 Euro investieren können.“ Und weiter: „Wir beobachten ein steigendes Interesse unserer Kundenan alternativen Anlageklassen, die durch gut gestaltete Spezial-AIF auch für Privatkunden investierbar gemacht werden können.“
Liqid rät zu maximal einem Drittel für AIF
Hafner sieht in der illiquiden Struktur der AIF den Vorteil, dass sie auf Anleger in volatilen Marktphasen disziplinierend wirken könnten, da sie „nicht in Versuchung kommen, ihre Investitionen zu veräußern“. Neben dem Interesse an Private Equity und Venture beobachtet er in jüngerer Zeit vermehrte Nachfragen nach anderen alternativen Anlageklassen wie Infrastruktur, Immobilien und Private Credit. Die Gewichtung von AIF im Portfolio ergibt sich aus seiner Empfehlung an institutionelle Investoren. „Diese legen traditionell bis zu einem Drittel ihres Portfolios abseits der Börse an, also in Anlageklassen, in die man vor allem durch AIF investieren kann.“
(In Teil 4 unserer AIF-Serie lesen Sie, welche Perspektiven Vermögensverwalter und andere Experten für AIF im Jahr 2025 und darüber hinaus sehen.)
Hier geht es zu Teil 1 der Serie: Sachwertinvestments von und für Profis
Hier geht es zu Teil 2 der Serie: Spezial-AIF legen kräftig zu, Publikums-AIFzurückhaltend
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