17 Crowdinvesting-Plattformen im Check - Teil 1

Schwarmfinanzierung ist bei Finanzprofis eine feste Größe geworden. Wir haben 17 Plattformen getestet und erklären, worauf Crowd-Investoren achten sollten.

11.02.2022 | 12:15 Uhr von «Sabine Hildebrandt-Woeckel»

Die Inflation klettert auf Rekordniveau, der Leitzins im Euroraum dagegen verharrt auf dem Rekordtief von null Prozent - und die Stimmen mehren sich, die vor einer Aktienblase warnen. Die jüngsten Kursverluste tun ihr Übriges. Vor diesem Hintergrund nimmt ein Thema Fahrt auf, dessen konkrete Ausgestaltung sich viele Anleger lange Zeit überhaupt nicht vorstellen konnten: Crowdinvesting.

Streng genommen handelt es sich dabei um eine Unterform von Crowdfunding, zu Deutsch Schwarmfinanzierung. Was konkret bedeutet, dass Unternehmen oder Vorhaben nicht oder nicht nur durch Eigenkapital und Bankkredite finanziert werden, sondern durch Kapital, das über Internetplattformen bei vielen Kleinanlegern eingesammelt wird. Die können sich so gemeinsam an innovativen Unternehmen oder Ideen beteiligen, zu denen sie allein keinen Zugang hätten.

Vom Sozialen zur Rendite

Ganz unbekannt ist das Konzept nicht. Doch als die Idee des Crowdfundings Anfang des Jahrtausends aufkam, ging es hauptsächlich darum, Geld für soziale und kulturelle Projekte zu beschaffen. Ein Ansatz, den heute noch viele mit dem Begriff verbinden. Wer in den Anfangstagen mitmachte, wollte zumeist nicht verdienen, sondern eine gute Idee unterstützen. Heute wird diese Form des Crowdfundings zur Abgrenzung als Spenden-Crowdfunding bezeichnet. Die Begriffe Crowdfunding und Crowdinvesting hingegen werden immer häufiger - im Sinne des Letztgenannten - synonym benutzt.

Erst später wandelte sich das Interesse der Schwarmfinanzierer. Laut Informationsportal Crowdfunding.de ist mit steigender Bekanntheit auch der Wunsch gestiegen, Rendite zu erzielen. So geht es aus dem Crowdfunding-Barometer hervor, das Betreiber Michel Harms seit 2015 einmal im Jahr erstellt. Im bislang letzten, das Anfang 2021 online ging, war dies für jeden dritten Befragten "eine interessante Option". Womit wir also beim Thema Crowdinvesting wären.

Das Problem: Der Markt habe im Lauf der Zeit "einige Hochs und Tiefs" erlebt, wie Harms das formuliert. Auch wenn die Europäische Union im November die Crowdfunding Service Provider Verordnung (ECSP-VO) verabschiedet hat, die die Bedingungen innerhalb des Wirtschaftsraums harmonisieren soll, ist noch viel Bewegung zu beobachten. Viele Crowdfunding-Portale der ersten Stunde sind längst vom Markt verschwunden, andere fusionierten. Aktuellstes Beispiel ist der Zusammenschluss der bis dahin führenden deutschen Crowdfinanzierungs-Plattform Kapilendo mit der finnischen, börsennotierten Finanzierungsplattform Invesdor, die bereits zuvor mit Finnest fusioniert hatte.

Investoren müssen gut hinschauen

Für potenzielle Investoren ist es daher nicht einfach, den Überblick zu behalten. Genau den brauche man aber, wie Harms betont, denn bei allen Vorteilen, die Crowdinvesting biete, könne es auch deutliche Nachteile geben. Egal, in welcher Form der Schwarm das Kapital zur Verfügung stellt: Zumeist geht es um festverzinsliche Kredite oder direkte Beteiligungen, es bleibt ein deutlich höheres Verlustrisiko als bei vielen anderen Anlageformen.

Für Anleger heißt das erstens, immer nur Beträge zu investieren, die im Börsenjargon gern als "Spielgeld" bezeichnet werden, auf die man also im Zweifel verzichten kann. Zweitens bedeutet es, sich über die Projekte oder Unternehmen, in die man investiert, immer genau zu informieren. Und drittens ist es eben auch wichtig zu wissen, auf welche Plattform man sich einlässt, wie diese beispielsweise die Projekte auswählt und abwickelt. Um hier Orientierung bieten zu können, beauftragte €uro am Sonntag nun schon zum vierten Mal das Deutsche Kundeninstitut mit einem Anbietertest. Dieses Mal ließen sich 17 Plattformen auf Herz und Nieren prüfen. Finnest ist aus dem oben beschriebenen Grund nicht mehr dabei, und auch Invesdor sah sich aktuell noch nicht bereit für das DKI-Testverfahren. Außerdem wollten Ecozins und Mezzany, die 2021 auf den hinteren beiden Plätzen gelandet waren, und Engel & Völkers Digital Invest dieses Mal nicht dabei sein. Dafür kamen drei neue hinzu.

Da die Plattformen in verschiedenen Bereichen tätig sind, unterscheidet auch die Studie drei Sparten: "Immobilien" (gemessen in Investitionsvolumen die größte), "Unternehmensfinanzierung" und "Energie und Umwelt". Gerade beim letztgenannten Thema sehen Insider große Wachstumschancen. Schon heute geht es den Schwarmfinanzierern verstärkt um nachhaltige Projekte - auch bei der Immobilien- und Unternehmensfinanzierung.


Teil 2 lesen Sie am 14.02.2022

Dieser Artikel erschien zuerst am 05.02.2022 auf boerse-online.de

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