„Familienunternehmen haben den Alpha-Faktor“

Der Credit Suisse (Lux) European Entrepreneur Equity Fund investiert nur in Unternehmen, bei denen ­Familien signifikant beteiligt sind. Wir sprachen mit den beiden Managern des Fonds, Gianfranco Iafigliolia und Jan Berg, über die Vorteile ihres Fondskonzepts

15.12.2021 | 07:30 Uhr von «Jörn Kränicke»

TFR: Herr Iafigliola, vor rund einem Jahr haben Sie die Strategie ihres europäischen Nebenwertefonds auf Familienunter­nehmen umgestelt und den Fonds in Credit Suisse (Lux) European Entrepreneur Equity Fund umbeannt. Was waren die Gründe dafür?

Gianfranco Iafigliolia: Wir hatten beim ursprünglichen Small- und Mid-Cap-Fonds schon immer einen Fokus auf familien­geführte Unternehmen gehabt. Allerdings war es oft der Fall, dass die Aktien sich sehr gut entwickelten und wir sie dann aufgrund ihrer höheren Marktkapitalisierung verkaufen mussten. Daher haben wir uns entschieden, eine wichtige Komponente des vorherigen Investmentansatzes, nämlich die Präferenz, in familiengeführten Unternehmen zu investieren und den in verschiedenen Studien beschriebenen Alpha-Faktor von familiengeführten Unternehmen in den Vordergrund zu stellen. Dies unabhängig von der Marktkapitalisierung.

Sind sie bislang zufrieden mit den Ergebnissen seit der Umstellung?

GI: Das sind wir voll und ganz. Wir haben die Benchmark des MSCI EMU deutlich geschlagen. Die Performance in den vergangenen von wirtschaftlicher Unsicherheit geprägten Börsenphasen belegt, dass unser Konzept dies mit einer ansprechenden Resilienz erzielt hat. Auch die in diesem Zusammenhang häufigen Sektorrotationen hat der Fonds gut gemeistert. Die Familienunternehmen sind sehr gut aus der Coronakrise herausgekommen und haben gut performt. Sie hatten oft viel Dynamik und konnten sich viel agiler an die veränderten Rahmenbedingen anpassen. Ihre umsichtige Art, die Geschäfte mit einem starken Fokus, gutem Cashflow-Management, soliden Bilanzen und hohen Margen zu führen, hat sehr geholfen.

Ihre Grenzen für die Stimmrechte, die bei einer Familie liegen, beträgt 20 Prozent. Was ist der Grund dafür?

GI: Diese Grenze haben wir nach ausführlicher Sichtung der Forschungslage gesetzt. In den meisten Abhandlungen zu dem Thema wird eine Spanne von 20 bis 30 Prozent genannt, ab der man einen positiven Einfluss auf die Entwicklung eines Unternehmens erkennen kann. Die europäische Kommission definiert ein börsennotiertes Unternehmen als ein Familienunternehmen, wenn eine Person oder Familie mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält. Wir haben die Schwelle bewusst niedriger gesetzt, bei 20 Prozent. Damit ist unser Auswahluniversum größer. Allerdings sind die 20 Prozent nicht in Stein gemeißelt. Letztendlich kommt es immer darauf an, in welcher Form sich die Eigner in die Entwicklung des Unternehmens einbringen.

Also ist ein möglichst hoher Stimmrechtsanteil nicht notwendig?

GI: Nein. Aus der Höhe der Beteiligung lässt sich nicht auf das Maß der möglichen Out­performance schließen. Die Ausprägung der aktiven Mitarbeit der Unternehmer in den oberen Unternehmensgremien spielt eine ebenso wichtige Rolle, unabhängig von der Beteiligungshöhe. Es kann gar problematisch sein, wenn die Dominanz der Familie in einem Unternehmen sehr hoch ist, gerade mit Blick auf die Corporate Governance und den Schutz der Minderheitsaktionäre. Daher ist ein zu hoher Anteil an Stimmrechten in einer Hand nicht unbedingt immer von Vorteil.

Gibt es eine Korrelation zwischen der Größe des Unternehmens und der Performance?

Jan Berg: Da kann man pauschal keine direkten Zusammenhänge erkennen. Small und Mid Caps performen generell besser. Das liegt aber am Size-Faktor und nicht daran, wie Familien Unternehmen führen. Wenn die Familien weiterhin diesem Unternehmen ihren unternehmerischen Spirit einhauchen, kann man unabhängig von der Marktkapitalisierung feststellen, dass sich dies positiv auswirkt. Den Family-Alpha-Faktor gibt es sowohl in großen als auch bei kleineren Unternehmen. Die Aktienkursentwicklung von großen Familienunternehmen wie etwa LVMH ist durchaus beeindruckend.

Sind Familienunternehmen demnach unter ESG-Gesichtspunkten eher besser aufgestellt als „normale“ Unternehmen?

GI: Ein großer Teil der Methodik im Bereich ESG ist noch nicht einheitlich definiert. Wenn man mal betrachtet, wie unterschiedlich die verschiedenen Rating­agenturen die Unternehmen bewerten, muss man dies mit Vorsicht genießen. Zudem fehlen auch teilweise verlässliche und aktualisierte Analysen zu verschiedenen Unternehmen mit tieferer Marktkapitalisierung. Es gibt jedoch Indizien, dass Familienunternehmen zumindest beim E und S, also unter Umwelt- und sozialen Gesichtspunkten, besser abschneiden als der Durchschnitt. Bei der Governance sieht es tendenziell eher problematischer aus. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass es bei Familienunternehmen zu Interessenskonflikten kommen kann.

Können Sie ein Beispiel für die Indizien nennen?

GI: Es gibt etwa Hinweise darauf, dass während des Lockdowns 2020 Familien­unternehmen in geringerem Umfang vom Kurzarbeitergeld Gebrauch gemacht haben. Dies unterstreicht das soziale Bewusstsein dieser Unternehmen, ihre tiefe Verankerung mit den lokalen Gegebenheiten und ihr ganzheitlicher Ansatz bei der Unter­nehmensführung.

Sind Familienunternehmen innovationsfeindlicher oder -freundlicher?

GI: Um das Thema Innovation greifbar zu machen, kann man sich vor allem die Forschungs- und Entwicklungsausgaben anschauen. Und hier lässt sich konstatieren, dass familiengeführte Unternehmen punktuell etwas mehr in Forschung und Entwicklung investieren. Entscheidend ist jedoch weniger die Höhe der F & E-Ausgaben, sondern die Qualität der Investitionen. Familienunternehmen sind oftmals langfristiger orientiert und schauen nicht nur darauf, dass sie gute Quartalszahlen vorlegen oder Innovationen rasch auf den Markt bringen. Wichtiger ist es ihnen, sich über Jahre hinweg erfolgreich zu positio­nieren. Sie sind weniger darauf fokussiert, Profite kurzfristig zu maximieren. Allerdings birgt dies auch ein Risiko, das man nicht unterschätzen sollte. Denn die Früchte ihrer Anstrengungen können oftmals erst sehr viel weiter in der Zukunft geerntet werden.

Haben Sie dazu ein Beispiel?

JB: Ein gutes Beispiel ist etwa Merck KGaA. Die Gesellschaft hat sich über viele Jahrhunderte hinweg gut gehalten und den neuen Marktanforderungen durch die Erweiterung von Geschäftsbereichen zum Beispiel im Bereich Life Science und vor einigen Jahren im Bereich der Halbleiter stets erfolgreich angepasst. Langfristig orientierte Investoren profitieren nun von diesem Durchhaltevermögen.

Gibt es besondere Risiken, die man vor allem bei Familienunternehmen findet?

JB: Das Thema Corporate Governance nehmen wir sehr ernst und es ist ganz oben auf der Agenda. Wir merken immer wieder in Gesprächen, die wir mit den Vorständen führen, dass das Bewusstsein für dieses Thema durchaus vorhanden ist. Es gibt auch viele familiengeführte Unternehmen, die bereits vor dem Börsengang diese Problematik aus dem Weg räumen, indem sie für ein gutes Zusammenspiel zwischen Aufsichtsrat und Management sorgen. Eine Herausforderung können auch Emotionen darstellen. Es kann passieren, das Familienunternehmen aus emotionalen Gründen ein wenig erfolgreiches Produkt oder eine Dienstleistung, die in der Vergangenheit erfolgreich war, einfach weiterführen. Der Fokus auf Langfristigkeit gepaart mit dem vergangenen Erfolg der Produkte oder Dienstleistung kann manchmal dazu führen, dass diese Unternehmen gewisse gesellschaftliche und technologische Schwellen nur langsam oder verspätet nehmen. Nicht zu unterschätzen sind auch die Nachfolgeregelungen. Es gibt in der Literatur Indizien, dass nur etwa 30 Prozent der Familienunternehmen erfolgreich an die dritte Generation weitergegeben werden. Allerdings können wir durch unser aktives Management solchen Problemen weit­gehend aus dem Weg gehen.

Erkauft man sich die Vorteile der Familienunternehmen mit dem Nachteil einer höheren Bewertung?

GI: Ja, Familienunternehmen sind tendenziell eher höher bewertet als andere Titel. Das ist jedoch je nach Sektor und Marktphase unterschiedlich ausgeprägt. Allerdings bekommt man dafür in der Regel sehr solide und auch innovative Unternehmen, die geringe Verschuldungsquoten aufweisen. Zudem haben sie über viele Jahrzehnte bewiesen, dass sie erfolgreiche Geschäftsmodelle verfolgen.

Sind die Dividendenrenditen daher höher?

GI: Das ist unterschiedlich. Es kommt auf das Cashflow-Profil des Unternehmens an. Familienunternehmen fokussieren sich natürlich schon stark auf die innere Finanzierung des Unternehmens. Es gibt keine Tendenz, die Dividendenrenditen zu maximieren. Ihnen ist es viel wichtiger, die Zukunft des Unternehmens zu sichern und in das Unternehmen zu reinvestieren. Das erkennt man auch daran, dass sie bei Aktienrückkäufen zurückhaltender agieren.

Es gibt eine Reihe von Fonds, die auch in Familienunternehmen investieren. Was macht den Credit Suisse Fonds besonders?

GI: Wir schauen nicht nur statisch auf die Höhe der Stimmrechte. Für uns ist vielmehr von Bedeutung, wie die Familien versuchen, aktiv mit ihrem unternehmerischen Spirit Einfluss auf die Richtung des Unternehmens zu nehmen – unabhängig von der Höhe der Stimmrechtsanteile. Zudem haben wir unseren Fokus auf Euroländer gelegt.

Wie schätzen Sie derzeit die Börsenlage ein?

GI: Es gibt derzeit aufgrund der unsicheren Makrolage und der wieder aufgeflammten Covid-Pandemie eine große Unsicherheit. Wir schenken solchen kurzfristigen Faktoren nicht besonders viel Aufmerksamkeit. Wir stellen unser Portfolio immer für eine mittlere Frist auf. Unserer Einschätzung nach hat der Fonds seine Krisenresistenz bereits unter Beweis gestellt und bietet aufgrund seiner Innovativität Wachstumspotenzial.

Zu den Person

Gianfranco Iafigliola, VicePresident, ist Lead Portfolio Manager im Small-und Mid-Cap-Equities-Team und Co-Portfoliomanager des CreditSuisse (Lux) Small and Mid Cap Alpha Long/Short Fund. Gianfranco Iafigliola kam im Oktober 2011 zur CreditSuisse. Er begann seine berufliche Laufbahn 2008 als Berater für M&A Transaktionsdienstleistungen im Corporate-Finance-Bereich von Deloitte, wo er hauptsächlich mit Fusionen und Übernahmen sowie der Neuorganisation von Beratungsdienstleistungen befasst war. Gianfranco Iafigliola hat einen Masterabschluss in Financial Economics der Universität Zürich und ist Chartered Financial Analyst (CFA).

Jan Berg, Director, ist Senior Portfolio Manager im Small-und Mid-Cap-Equities-Team undCo-Portfoliomanager des CreditSuisse (Lux) Small and Mid Cap Alpha Long/Short Fund. Jan Berg begann seine Laufbahn bei der Deutschen Bank im Bereich Institutional Sales und bekleidete verschiedene Positionen im Investment-Banking von Dresdner Kleinwort, wo er die Börsengänge deutscher Small-und Mid-Cap-Unternehmen beaufsichtigte. Jan Berg hat einen Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften der Universität des Saarlandes und ist Certified European Financial Analyst (CEFA).

Diesen Beitrag teilen: