Goldpreis könnte 2023 neuen nominalen Höchststand erreichen
Seit Anfang des Jahres scheint sich das Blatt für Gold zu wenden. Dem ETP-Anbieter WisdomTree zufolge könnte Gold bis Ende des Jahres einen Preis von 2.082 US-Dollar/Unze erreichen und damit das bisherige nominale Allzeithoch durchbrechen (2.061 US-Dollar/Unze am 7. August 2020).21.02.2023 | 11:36 Uhr
„Unser Konsensszenario geht davon aus, dass die Inflation weiter zurückgehen wird, jedoch über dem Zielwert der Zentralbank bleibt, der US-Dollar abwertet und die Anleiherenditen weiter sinken“, schreibt Nitesh Shah, Leiter Rohstoff- und Makro-Research Europa bei WisdomTree, in einem aktuellen Marktkommentar. „In diesem Jahr liegt das Risiko eindeutig auf der positiven Seite, falls eine Rezession eintritt. Denn in Zeiten wirtschaftlicher und finanzieller Anspannungen ist Gold ein sehr begehrter Wert, so dass eine Rezession die Stimmung für das Metall noch weiter anheizen könnte.“ Das Erreichen eines realen Höchststandes unter Berücksichtigung der inflationsbedingten Erosion scheine jedoch außer Reichweite zu sein.
Gegenwind für Gold wird schwächer
Die sinkenden Anleiherenditen im Jahr 2022 hätten den aggressivsten Ausverkauf von Anleihen seit Jahrzehnten zur Folge gehabt. Dies habe den Goldpreis belastet. „Ohne die steigenden Realzinsen würde das Metall aufgrund der hohen Inflation viel höher gehandelt werden“, so der Experte. Ende 2022 sowie in den ersten Wochen des Jahres 2023 zeichne sich erneut eine Trendwende ab: Der US-Dollar habe an Wert verloren, und die Anleiherenditen dürften im Oktober 2022 ihren Höchststand erreicht haben, was Gold etwas Luft verschaffe. „Jetzt, da die Realzinsen wieder zu sinken beginnen, ist ein Gegenwind für Gold weggefallen. Darüber hinaus – und das ist vielleicht der wichtigste Punkt – hat sich die Stimmung der Anleger gegenüber Gold deutlich verbessert“, schreibt Shah.
Sinkender Dollar hilft dem Goldpreis
Die Inflation scheine zwar im Jahr 2022 ihren Höhepunkt erreicht zu haben, doch sie sei weiterhin hoch und könne für den Rest des Jahres über den Zielvorgaben der Zentralbanken liegen, was eine Unterstützung für Gold darstelle. Anleger, denen die Geldpolitik entweder zu straff sei (und damit die Gefahr einer Rezession bestehe) oder nicht straff genug sei (und dadurch die Inflation für einen noch längeren Zeitraum über dem Zielwert verharre), suchten nach finanziellen Absicherungen durch ihr vertrautes Gut: Gold. Während des größten Teils des Jahres 2022 habe die Aufwertung des US-Dollars den Goldpreis in US-Dollar belastet. Seit Oktober 2022 habe der US-Dollar jedoch an Wert verloren, was dem Goldpreis zugutegekommen sei. „Die Entwicklung der Anleihen und des US-Dollars deutet darauf hin, dass die Märkte glauben, wir nähern uns dem Ende des Straffungszyklus der Fed und dass die Möglichkeit besteht, in diesem Jahr eine Umkehr hin zu einer lockereren Geldpolitik zu erleben“, so Shah.
Kryptowährungen sind keine Alternative
Die Stimmung gegenüber Gold, gemessen an der spekulativen Positionierung in Gold-Futures, sei im September 2022 auf den niedrigsten Stand seit April 2019 gefallen. Als jedoch der Gegenwind von Anleihen und dem US-Dollar nachgelassen habe, sei der Höhepunkt der negativen Stimmung bezüglich des Edelmetalls erreicht gewesen. 2022 sei für digitale Vermögenswerte – die oft mit Gold als Pseudowährung verglichen würden – ein schreckliches Jahr gewesen. Vielen Anlegern sei klar geworden, dass sich Gold und digitale Vermögenswerte sehr unterschiedlich verhielten. „Viele Anleger haben erkannt, dass sie nicht als konkurrierende, sondern als komplementäre Assets betrachtet werden sollten. Als die Krypto-Handelsplattform FTX im November 2022 implodierte, stieg die Stimmung gegenüber Gold wieder an“, schreibt Shah. Obwohl die spekulative Nettopositionierung in Gold noch weit von dem im März 2022 erreichten (Einjahres-)Hoch entfernt sei, baue diese sich rasch wieder auf. Shah führt weiter aus: „Die Anleger sind zwar optimistischer, was eine Wende in der Politik der Zentralbank angeht. Aber sie sind sich auch bewusst, dass dies alles andere als sicher ist und dass bei einer zu starken Straffung Rezessionsrisiken drohen.“ (jk)