Hoffnungsträger Wasserstoff: Alles Wissenswerte für Investoren - Teil 2
Wasserstoff gilt als Megatrend. Viele Finanzprofis sind ganz heiß auf Aktien aus diesem Segment. Neben vielen Chancen gibt es aber auch etliche Risiken. Union Investment geht in einer Studie der Frage nach, ob es sich um ein interessantes Investmentthema für nachhaltige und langfristig agierende Investoren handelt und stellt zwei Aktien als Praxisbeispiele vor.26.06.2020 | 10:00 Uhr von «Jürgen Büttner»
Hier geht es zu Teil 1 der Studie
Teil 2
Abbildung 4 verdeutlicht, dass aktuell überwiegend fossile Gase und Kohle für die Erzeugung von Wasserstoff verwendet werden. Nur rund vier Prozent des 2018 erzeugten Wasserstoffs seien durch (saubere) Elektrolyse in Verbindung mit erneuerbarer Energie produziert worden. Im Umkehrschluss bedeute dies: 96 Prozent der hergestellten Wasserstoffmenge seien unter Einsatz gerade solcher Inputstoffe hergestellt worden, die noch immer hauptverantwortlich für den Klimawandel sind.
Dazu muss man wissen, dass grauer Wasserstoff mehrheitlich aus Erdgas
oder anderen fossilen Energieträgern gewonnen wird. Auch bei dem bei
blauen Wasserstoff angewandten Produktionsverfahren wird auf Gas
und/oder Kohle als wichtigste Inputstoffe zurückgegriffen.
Grüner
Wasserstoff stelle die teuerste und komplexeste Produktionsweise dar.
Wasser (H2O) wird dabei mittels des chemischen Prozesses der Elektrolyse
in die beiden Moleküle O2 (Sauerstoff) und H2 aufgespalten - völlig
ohne schädliche CO2-Emissionen. Wenn der für die Elektrolyse benötigte
Strom dann auch noch aus erneuerbaren Energiequellen stamme, sei die
gesamte Wertschöpfungskette CO2-neutral. Dies sei der Grund, warum
grüner Wasserstoff für viele Experten die einzig sinnvolle,
zukunftsorientierte Wasserstoffvariante darstelle. Doch die
technologischen und finanziellen Hürden seien hoch: Im Vergleich zu
blauem Wasserstoff seien die Produktionskosten pro erzeugtem Kilogramm
Wasserstoff um den Faktor 2 bis 3 höher, wie Abbildung 5 verdeutlicht.
Die
Herausforderung, eine grüne und damit wirklich saubere
Wasserstoffwirtschaft zu etablieren, bestehe darin, dass immense
Investitionen in verschiedene Technologiebereiche getätigt werden
müssten, die gleichzeitig aufeinander abgestimmt seien. Um dieses
langfristige Ziel zu erreichen, seien vor allem der Ausbau und die
Förderung von grünem Strom, zusätzlich notwendiger Infrastruktur und
effizienter Elektrolysekapazitäten notwendig. Denn aktuell gehe bei der
Produktion von grünem H2 noch bis zu 36 Prozent der eingesetzten Energie
verloren. Gemäß verschiedener Studien seien breit angelegte
Investitionsprogramme über viele Jahre notwendig, um eine umfassende
Infrastruktur und effiziente Technik sicher zu stellen. Doch dadurch
könnte es gelingen - auch aufgrund von dann einsetzenden Skaleneffekten -
die Kosten der Produktion deutlich zu senken, wie dies Abbildung 6
andeutet. Erste Erfolge bei den Kostensenkungsmaßnahmen seien bereits zu
verzeichnen.
Vielfältige Einsatzgebiete denkbar
Die
Chance, durch die stärkere Verwendung gerade von grünem Wasserstoff
positiv auf den Klimawandel einzuwirken, sei ein wichtiger Punkt, warum
eine öffentliche Förderung von H2 diskutiert werde und sinnvoll
erscheine. Doch Wasserstoff besitze weitere, wichtige Eigenschaften, die
ihn für eine breitere Anwendung interessant machen: Er kann - trotz
seiner geringeren Dichte im Vergleich zu anderen Gasen - gespeichert
werden (was einen Vorteil gegenüber Strom darstellt, dessen
Speicherfähigkeit beschränkt ist), er kann transportiert werden (zum
Beispiel auch in bestehenden Gasnetzen, grundsätzlich aber auch per
Schiff und LKW), er kann als Vorleistungsprodukt genutzt werden (zum
Beispiel in der chemischen Industrie), er lässt sich zur Erzeugung von
Energie, Treibstoffen und großer Hitze verwenden und ist in einer
Vielzahl unterschiedlicher Industriebereiche einsetzbar, die bislang
fast ausschließlich auf fossile Brennstoffe in ihren
Produktionsprozessen zurückgreifen.
Ein weiterer
Vorteil sei die positive Wechselwirkung mit dem im Bereich erneuerbare
Energien erzeugten Strom. Denn die Erzeugung von Wasserstoff könnte als
eine "Puffertechnologie" dienen. Abbildung 8 verdeutlicht diesen
einfachen, aber wichtigen Zusammenhang.
Die Chancen,
die sich mittel- bis langfristig aus einer breiteren Verwendung von
Wasserstoff ergeben, sind laut Union Investment - vor allem unter
Klimagesichtspunkten - erheblich. Doch es müsse auch darauf hingewiesen
werden, dass - neben den immensen Kosten, der Komplexität und
Langfristigkeit der Projekte - Wasserstoff auch einige Nachteile
aufweise: So müsse Wasserstoff produziert werden; dies bedeute, dass H2
immer einen (Kosten-)Nachteil gegenüber fossilen Energiequellen besitze,
die lediglich gefördert oder abgebaut werden müssen. Aufgrund seiner
geringeren Dichte (im Vergleich zu anderen Gasen) sei Wasserstoff
aufwendiger zu speichern. H2-Speicheranlagen benötigten also
vergleichsweise mehr Platz und sind deshalb auch tendenziell teurer.
Wasserstoff
könne relativ gut in Leitungen transportiert werden. Doch die oftmals
notwendigen Aggregatumwandlungen von Wasserstoff während des Transports,
zum Beispiel auf Schiffen und mit LKWs, trieben die Kosten für den
industriellen Endverbraucher in die Höhe und führten zu einem
Energieverlust. Daher sei mitentscheidend, aber auch kostenintensiv und
langwierig, zunächst die Infrastruktur für eine verlässliche und
möglichst kostengünstige Versorgung mit Wasserstoff zu gewährleisten.