„Im Mittelpunkt stehen fünf Mega Forces“

Für Investoren mit langfristigem Anlagehorizont könnten thematische Investitionen in zukunfts­bestimmende Entwicklungen zunehmend interessant werden. iShares Themen-ETFs erschließen das Potenzial und lassen sich auf verschiedene Arten in ein Portfolio einbinden

27.09.2024 | 07:15 Uhr von «Matthias Pfeifer»

TiAM: Thematisches Investieren wird auch bei ETFs immer beliebter. Warum?

Alice Hübener: Thematisches Investieren ist ein Ansatz, der sich auf prognostizierte langfristige Trends konzentriert und es Investoren ermöglicht, strukturelle Veränderungen in ihre Portfolios einzubinden. Im Mittelpunkt unserer thematischen Anlagephilosophie stehen fünf Mega Forces: demografische Divergenz, digitale Disruption und künstliche Intelligenz, geopolitische Fragmentierung, die Zukunft des Finanzwesens sowie der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Aktuell befinden wir uns in einem neuen marktwirtschaftlichen Regime mit strukturellen Veränderungen. Daraus könnten sich große Chancen – und Risiken – für Anleger ergeben. Gerade für Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont könnten thematische Investitionen in zukunftsbestimmende Entwicklungen daher zunehmend interessant werden.

TiAM: Welche Rolle spielen die Indexanbieter bei thematischen ETFs?

Ari Rajendra: Als Indexanbieter arbeiten wir eng mit ETF-Emittenten zusammen, um thematische Indizes zu entwickeln, die der Anlegernachfrage entsprechen. So können wir in der Entwicklungsphase Research und Erkenntnisse austauschen. Dieser partnerschaftliche Prozess hilft uns,
den Umfang der Anlagethemen festzulegen. Durch die Einbeziehung von Feedback und die Priorisierung transparenter Methodiken stellen wir sicher, dass unsere Indizes den Bedürfnissen der ETF-Emittenten und der Marktteilnehmer gleichermaßen entsprechen.

TiAM: BlackRock bietet mehrere Ressourcen-ETFs an. Was verbirgt sich dahinter?

Hübener: Ressourcen wie Nahrungsmittel, Wasser, Strom oder Metalle sind für die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse und für unsere wirtschaftliche Entwicklung unerlässlich. Geopolitische und naturbedingte Ereignisse haben gezeigt, dass einige davon knapp werden und diese Knappheit schwerwiegende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben könnte. Die Notwendigkeit eines besseren Ressourcenmanagements war noch nie so aktuell wie heute, und Unternehmen, die in der Lage sind, Lösungen und Alternativen anzubieten, könnten von dieser langfristigen Chance profitieren. Diese Entwicklungen und Trends bilden wir ab, zum Beispiel in unseren Essential-Resources-ETFs auf ausgewählte S&P-Indizes.

TiAM: Welche Rolle spielt ein Indexanbieter bei Neuauflagen?

Rajendra: Als Indexanbieter nutzen wir robuste Verfahren, um sicherzustellen, dass unsere Indizes ihre Ziele erfüllen und replizierbar sind, auch wenn erhebliche Vermögenswerte dahinterstehen. Angesichts neuer Daten und Technologien prüfen und optimieren wir unsere Methodiken regelmäßig für mehr Transparenz. So wurde etwa die Methodik des S & P Global Clean Energy Index kürzlich angepasst, um die Konzentration der Indexkomponenten sowie Liquiditätsbeschränkungen zu reduzieren und die Replikation zu optimieren. Dank neuer Datensätze, darunter Trucost und FactSet RBICS, konnten wir zudem die Auswahl transparenter gestalten.

TiAM: Bleibt Clean Energy ein Trend?

Hübener: Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist ein komplexer Wandel hin zu erneuerbaren Energiequellen und Elektrifizierung, der sich über Jahrzehnte hinweg vollzieht, denn Katalysatoren und Hindernisse bestimmen die Kipppunkte. 2023 sah sich das Thema saubere Energie mit Gegenwind konfrontiert, unter anderem durch ein Überangebot an Solarenergie und diverse unternehmensspezifische Faktoren. Trotz dieser kurzfristigen Herausforderungen bleiben wir aber bei unserer Ansicht, dass Elektrifizierung und Dekarbonisierung einen Wandel im globalen Energiesystem bewirken werden, der das langfristige Wachstum des Themas Clean Energy unterstützt. Die Aussichten für saubere Energien bleiben unserer Ansicht nach dank der Wachstumsaussichten für Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien, der erheblichen politischen Unterstützung und der attraktiven Bewertungen robust. Darüber hinaus ist die steigende Energienachfrage aufgrund der Einführung von KI neben der Energiesicherheit und der Dekarbonisierung eine weitere Triebkraft, die Investitionen in Energieinfrastruktur beschleunigen könnte.

TiAM: Was sagen Sie Anlegern, die aktive thematische Anlagen vorziehen?

Hübener: Grundsätzlich ist es natürlich unser Ziel, Anlegern thematische Anlagen in allen Formen und Variationen zur Verfügung zu stellen. Wir haben aber auch einen internen Thinktank mit dem Namen Thematic Research & Investment Group, der den Markt analysiert und entscheidet, was das beste Investitionsvehikel für ein Thema ist. Wir sind daher in der Lage, pragmatisch zu entscheiden, wie wir auf ein Thema zugreifen, denn nicht alle Themen sind gleich und nicht alle erfordern einen aktiven Portfoliomanager. Wasser ist beispielsweise ein Thema, das sich weniger für aktives Investieren eignet, da das Aktienuniversum vergleichsweise klein ist, es keine massiven Divergenzen innerhalb der Aktienrenditen gibt und es sich nicht um ein Thema mit signifikanten Veränderungen handelt.

TiAM: Was sind die neuesten ETFs im ­Bereich Essential Resources?

Hübener: Eine der jüngsten Ergänzungen der Palette orientiert sich am S & P Global Essential Metals Producers Index. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, gestützt durch die Erzeugung neuer Technologien, hat das Potenzial, eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Mineralien zu erzeugen. Zu diesen wichtigen Metallen gehören unter anderem Kobalt, Kupfer,Lithium oder Seltene Erden. Wir sehen daher bei Unternehmen, die im Bergbau oder in der Herstellung von Metallen tätig sind, langfristige Chancen, die wir unseren Kunden über ETFs nun zugänglich machen.

TiAM: Wie ist der S & P Global Essential Metals Producer Index aufgebaut?

Rajendra: Der Index bildet wie bereits erwähnt Unternehmen ab, die im Metallabbau tätig sind beziehungsweise in der Herstellung von Produkten aus Metallen, die für die Energiewende essenziell sind. Die ausgewählte Liste von Metallen entstand mit Unterstützung von S & P Global Commodity Insights (S & P GCI). Der Index nutzt für die Firmenauswahl in erster Linie Umsatzdaten, ergänzt durch Daten von S & P GCI. Dabei unterteilen wir nach primären Metallen wie Kupfer, Lithium, Kobalt und Nickel und sekundären Metallen wie Aluminium und Zink, wobei Unternehmen aus der ersten Gruppe stärker gewichtet werden. Zudem wird die Gewichtung auf Basis des themenrelevanten Umsatzanteils angepasst.

TiAM: Wie können thematische ETFs in einem Portfolio eingesetzt werden?

Hübener: Es gibt drei Hauptansätze für die Integration von Themen-ETFs in ein Portfolio. Wenn im Portfolio eine allgemeine Allokation zu globalen Aktien vorgesehen ist, können Themen zur Abdeckung dieses Bereichs im Portfolio genutzt werden, wobei nur minimale Änderungen am Portfolio erforderlich sind. Dann gibt es den Core-Satellite-Ansatz, also Kernanlagen ergänzt durch gezielte Investitionen in ausgewählte Themen-ETFs, wobei das Risiko durch die Gewichtung gesteuert wird. Der dritte ist der thematische Ansatz. Dabei bilden thematische Fonds den Kern des Portfolios, und Anleger gleichen unbeabsichtigte Risiken durch traditionelle Anlagen aus.

TiAM: Welche Innovationen gibt es bei der Indexentwicklung?

Rajendra: Unser Instrumentarium hat sich dank neuer Datensätze und fortschritt­licher Technologien erheblich weiterentwickelt, insbesondere bei thematischen Indizes. Wir nutzen heute eine Vielzahl von Daten, darunter Spezialdaten von S & P Global, wie S & P GCI und S & P Global Mobility, um innovative thematische Indizes zu entwickeln. Über S & P DJI Global Ken­sho Indexing Solutions tragen außerdem KI beziehungsweise KI-Technologien, Natural ­Language Processing und maschinelles Lernen dazu bei, Transparenz und Objektivität zu erhöhen. Dies verbessert die Ziel- und Passgenauigkeit sowie Zugänglichkeit unserer thematischen Indizes.

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