Ingo Speich: „Das geht gegen die Klimaziele“

Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit bei der Fondsgesellschaft Deka, im Interview zur EU-Atom-Einstufung.

10.01.2022 | 12:15 Uhr von «Wolfgang Ehrensberger»

Wie beurteilen Sie die Pläne der EU-Kommission, Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig zu deklarieren?

Ingo Speich: Das Regelwerk wurde politisch gekapert. Die Glaubwürdigkeit der Taxonomie hat massiv eingebüßt. Den eigentlichen Zielen, nämlich den Klimawandel zu verlangsamen und die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten, hilft das nicht.

Welche Markteffekte erwarten Sie?

Atomstrom- und Gasfirmen werden es leichter am Kapitalmarkt haben. Sie können durch die Taxonomie auf mehr potenzielle Anleger, Investoren und damit mehr Geld hoffen. Anleger, die taxonomiekonform und vermeintlich nachhaltig anlegen, investieren dann in diese Firmen und stellen Geld zur Verfügung.

Wird damit nicht auch dem Greenwashing, also einer fälschlichen Nachhaltigkeits­deklaration, weiter die Tür geöffnet?

Der Kapitalmarkt muss und wird das Thema Nachhaltigkeit weiter voranbringen. Wir sehen heute, dass sich Anleger aus Unternehmen und Branchen wie Tabak, Kohle oder Erdöl zurückziehen. Diese Entwicklungen werden letztlich auch zu einem Marktstandard führen.

Wie wird Deka auf die EU-Pläne reagieren?

Auf unsere Finanzprodukte haben sie keinen Einfluss. Stand heute bleiben unsere Filter für nachhaltige Finanzprodukte wie sie sind. Wir weiten sie nicht weiter auf Firmen aus dem Atomsektor aus.

Wie gehen Sie bei Deka denn bislang mit Atomkraft um?

In unseren Nachhaltigkeits(ESG)-Fonds schließen wir Investitionen in problematische Branchen oder Tätigkeitsfelder grundsätzlich aus. Dazu gehört zum Beispiel neben Rüstung und Tabak auch Atom­energie. Der Ausschluss erfolgt aus Praktikabilitätsgründen ab einem Umsatz­anteil von mehr als fünf Prozent.

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