Neue Herausforderungen und alte Fehler bei der Geldanlage

Wohin mit dem Geld in Zeiten steigender Preise und sinkender Aktienkurse? Die Mehrzahl der deutschen Haushalte findet auf die Frage nicht die passende Antwort und zahlt deshalb auf Sparkonten ein. Aufklärung bei der Geldanlage ist dringend gefragt.

11.11.2022 | 07:00 Uhr

Die Inflation hinterlässt ihre Spuren im Anlageverhalten der Deutschen. Bleibt weniger Geld am Monatsende übrig, wird oft nicht zuerst an den Zigaretten oder am Urlaub gespart, sondern am Sparen selbst. So legen einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des SINUS-Instituts zufolge nur noch die Hälfte der Deutschen regelmäßig Geld beiseite. Vor zwei Jahren waren es noch 70 Prozent. Sogar die Besserverdienenden schränken ihr Sparverhalten ein. 2020 zahlten in dieser Gruppe noch 93 Prozent regelmäßig auf Sparkonten oder Sparpläne ein. Aktuell sind es zwar immerhin noch 85 Prozent. Doch der Rückgang ist bemerkenswert. Als Besserverdienende gelten Menschen mit einem Nettoeinkommen ab 3.000 Euro.

Neue Herausforderungen, alte Fehler

Diejenigen, die weiterhin regelmäßig Geld anlegen, sehen sich einem Dilemma gegenüber: Einerseits wollen sie den Kaufkraftverlust ihres Vermögens gegen Inflation schützen. Andererseits schrecken viele Sparer die jüngsten Entwicklungen an den Renten- und Aktienmärkten ab. Und so führt die Schockstarre zum denkbar ungünstigsten Verhalten: Der aktuell beliebteste Ort der Deutschen, um Geld zurückzulegen, ist das Girokonto. Fast jeder Dritte (31 Prozent) spart Geld auf diese Art. Das zeigt eine Studie von Mitte Oktober 2022, die das Unternehmen CLARK zusammen mit YouGov erstellt hat. Mindestens genauso ineffektiv ist der Umfrage zufolge auch ein weiteres beliebtes Sparziel: Rund 13 Prozent der Befragten stecken regelmäßig Geld in ihre Spardose. Immerhin zahlen 21 Prozent der Deutschen in Sparpläne mit Fonds oder Aktien ein, 15 Prozent in ETF-Sparpläne.

Flexgeld: Neuer Wein in alten Schläuchen

Die Schockstarre der Anleger drückt sich auch in einer weiteren interessanten Zahl aus: Dreiviertel der Befragten sind unzufrieden mit ihrer persönlichen Sparstrategie. Die Finanzindustrie hat diese Situation mit feinem Gespür dazu genutzt. Seit Kurzem steht ein neues Produkt in den Schaufenstern der Banken. Sogenanntes Flexgeld verspricht höhere Zinsen als Tagesgeld bei mehr Flexibilität als Festgeld. Das Prinzip ist schnell erklärt: Flexgeldkonten sind – anders als es der Name verspricht – nur teilweise flexibel. Für einen bestimmten Zeitraum, etwa 30, 60 oder 90 Tage, können Anleger auf ihr eingezahltes Geld nicht zugreifen. Dafür zahlen die Finanzinstitute, die diese Konten anbieten, einen Zins, der oberhalb von Tagesgeld und deutlich unter dem von Festgeldkonten liegt. Die Verzinsung liegt derzeit je nach Laufzeit und Anbieter zwischen 0,2 und einem Prozent. Ausländische Banken wie die litauische Medicinos Bankas bietet unter dem Namen Flexgeld bis zu 3,5 Prozent Zins – bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Von solchen Angeboten abgesehen, ist Flexgeld unterm Strich eher Festgeld mit kürzeren Laufzeiten und niedrigerem Zins.

Fazit: Anlegeraufklärung tut nach wie vor Not. Gute Finanzberatung ist derzeit deshalb so gefragt wie lange nicht mehr.

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