Die zweite Frankfurter Quant-Konferenz unter dem Dach der Berenberg Niederlassung in Frankfurt stand diesmal ganz im Zeichen quantitativer Anlagestrategien. Die Kernfrage: Können Big Data, selbstlernende Algorithmen und neue, computerbasierte Investmentansätze zu größerem Anlagererfolg führen? Und wenn ja: Welche Strategien sind besonders geeignet? Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen stellten vier Investmentboutiquen auf der Veranstaltung ihre Ideen und ihre innovativen Ansätze vor.
Es sind die Daten, stupid!
Richard Zellmann, Geschäftsführer von First Private, unterstreicht diesen Punkt. Die Portfoliomanager in seinem Unternehmen sind durch die Bank gestandene und erfahrene Profis. Das heißt jedoch nicht, dass sie allein auf ihre Erfahrung und Intuition vertrauen. Ganz im Gegenteil: First Private nutzt viele Datenquellen, um für seine softwaregesteuerten Anlageprozesse die passenden Opportunitäten zu identifizieren. „Bei Backtests im allgemeinen und damit auch Themen wie Big Data oder Künstliche Intelligenz dürfen erhebliche Risiken und Fallstricke nicht übersehen werden“, sagt Richard Zellmann. Die Datenqualität muss stimmen. Manchmal können banale Fehler im Datenmaterial zu fatalen Schlussfolgerungen führen. Die Algorithmen von First Private berücksichtigen solche Faktoren.
Von der Unsicherheit an den Finanzmärkten profitieren – Alternative Risikoprämien
Dr. Marc Gerritzen, Leiter Liquid Alternatives, der mit seinem Team den Berenberg DyMACS Volatility Premium I managt, erklärt, wie sich mit dem Verkauf von Optionen regelmäßig Prämien vereinnahmen lassen – ein Geschäft, das vergleichbar sei mit der Bereitstellung einer Versicherungsdienstleistung. So lange kein „Unfall“ passiert, mache eine Versicherungsgesellschaft Gewinne. Für den Schadenfall, der immer einzukalkulieren sei, müsse eine Versicherung vorsorgen. So ähnlich sei es eben auch mit einer Strategie, die auf dem Verkauf von Optionen aufbaue: Die Verkäufer der Optionen erzielen Prämiengewinne. So lange die Kurse der jeweiligen Basiswerte nicht aus dem Ruder laufen, lassen sich gute Gewinne erwirtschaften. Ein besonderes Augenmerk müsse bei dieser Investmentstrategie deshalb immer auch auf dem Risikomanagement liegen: „Die Rücksetzer, die eine lange positive Performancephase zunichtemachen können, sind nicht eine theoretische Gefahr, sondern die immer wiederkehrende Realität“, so Gerritzen. Es gelte, diese Rücksetzer so auszutarieren, dass unter dem Strich immer noch eine ausreichend positive Rendite übrigbleibe.
Robo-Funds & mit künstlicher Intelligenz in die Zukunft
Ganz auf die Lernfähigkeit von Algorithmen setzt das junge Startup Private Alpha. Christoph Gum, einer der beiden Gründer, erzählt, was ihn und seinen Geschäftspartner und Co-Gründer Christoph Züllig motiviert hat, Software mit einem AI-Ansatz zu entwickeln: nämlich die Unzufriedenheit mit der Performance klassischer Anlagestrategien und Markprogosen vor allem in schwachen Marktphasen. Gum skizziert die Ideen des Unternehmens, das Anlage-Tools entwickelt, die auf lange Sicht selbstlernend immer besser werden sollen. Dafür werten Private Alpha-Algorithmen Hunderte von Markt-Indikatoren aus – und definieren so auch neue, noch nicht bekannte Indikatoren. Aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Indikatoren berechnet Private Alpha, ob ein neutrales, starkes oder schwaches Börsenumfeld vorliegt. Daraus kann ein Algorithmus entsprechende Handlungsempfehlungen ableiten. Christoph Gum ist überzeugt davon, dass der konsequente Einsatz künstlicher Intelligenz dazu führen wird, Investmentstrategien zu entwickeln, die eine klare Outperformance zu bestehenden Modellen liefern. Mit Private Alpha wollen er und sein Team nun den Beweis antreten.
A Beautiful Mind: Anlagefehler sind menschlich
Manfred Hübner, Gründer und Geschäftsführer von sentix Asset Management, zeigt, wie sehr immer noch menschliches Denken und Verhalten das Geschehen an der Börse bestimmt. Angst und Gier, so seine Erkenntnis, seien in der menschlichen Natur verankert und damit schwer beherrschbar. Die Effekte ließen sich am Börsengeschehen ablesen. Neu ist, dass sich mit Hilfe der sentix Indikatoren jedoch Stimmungen und Erwartungen der Anleger messen und damit für die quantitative Analyse nutzen lassen. „Wer die Marktteilnehmer befragt, braucht eigentlich keine anderen Konjunkturindikatoren mehr. Das Wissen ist bei den Anlegern vorhanden – auch wenn sie ihr Wissen nicht immer konsequent in Taten umsetzen“, so Hübner. Gerade die Widersprüche menschlicher Psyche führten demnach zu interessanten Opportunitäten.
Fazit
Am Ende der Konferenz in Frankfurt bleibt die Erkenntnis, dass das Wettrennen um die beste Handelsstrategie wohl noch lange offen bleibt – ganz gleich, ob und in wieweit Computer in das Geschehen eingreifen. Das liegt allein schon an der Tatsache, dass ein Markt nur dann funktioniert, wenn es Käufer und Verkäufer gibt. Unbestritten ist jedoch, dass die Auswertung großer Datenmengen in Verbindung mit intelligenten Handelssystemen in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird.
(MvA)