Der
deutsche Aktienmarkt dürfte in der neuen Woche im Bann der US-Zollpolitik und
der deutschen Koalitionsverhandlungen bleiben. Am Mittwoch steht der "Tag
der Befreiung in Amerika" an, von dem Präsident Donald Trump seit Wochen
spricht und an dem er ein großangelegtes Zollpaket verkünden will. Die bereits
angekündigten Auto-Zölle könnten also nur ein Vorgeschmack sein auf weitere
Sonderabgaben.
"Die
makroökonomischen und branchenbezogenen Wirkungen der Zölle werden auch in den
kommenden Wochen das Marktgeschehen stark beeinflussen", befürchtet
Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. "Die US-Politik ist derzeit zu
unberechenbar und die wirtschaftlichen Folgen der neuen Handelsbarrieren lassen
sich nur schwer kalkulieren", glauben auch die Chart-Experten von
Index-Radar an vorerst unsichere Börsenzeiten.
"Der 2.
April 2025 könnte in die Geschichte eingehen als der Tag, der das Ende einer
seit dem Zweiten Weltkrieg andauernden Ära markiert: die eines weitgehend
liberalen Welthandels", hieß es von der Landesbank Hessen-Thüringen
(Helaba). Laut dem Commerzbank-Anlagestrategen Thorsten Weinelt steht eine
Eskalation des Handelskonflikts kurz bevor. Der Experte befürchtet, dass
zumindest die schon länger angekündigten reziproken Zölle noch hinzukommen, die
die deutsche Wirtschaft ebenfalls spürbar treffen dürften.
Eingeläutet
wird in den kommenden Tagen auch das zweite Quartal des Börsenjahres 2025, in
dem weitere Kursgewinne nach dem guten Lauf der europäischen Aktienmärkte wohl
schwieriger werden. Auch wenn der Dax zuletzt wieder um etwa 1.000
Punkte von seinem 23.476-Punkte-Rekord zurückgefallen ist, steht er in diesem
Jahr noch immer mit fast 13 Prozent im Plus. Laut Helaba kann zwar von Panik
oder gar Ausverkauf keine Rede sein, für eine längere Korrekturphase scheine
die Tür nun aber offen zu sein.
Für die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist es "wenig verwunderlich, dass die Anleger zuletzt hin- und hergerissen waren, ob es wegen der Langzeitwirkung des gigantischen Schuldenpakets opportun ist, dem Dax weiter die Stange zu halten". Stattdessen sei zuletzt abgewogen worden, ob es angesichts der zuletzt massiven Überlegenheit europäischer Aktien gegenüber dem breiten US-Markt nicht angebracht wäre, Gewinne mitzunehmen.
Laut dem Dekabank-Experten Kater konnte eine Stimmungsaufhellung in der deutschen Wirtschaft zuletzt nichts ausrichten. Um aus Vorschusslorbeeren eine nachhaltige Aufwärtsbewegung der deutschen Wirtschaft zu machen, müssten zügig durchgreifende Reformen zum Teil einer potenziellen Koalition werden. "Ansonsten droht ein konjunkturelles Strohfeuer, in dem die vielen Milliarden verbrennen, die nun bereitgestellt werden", so Kater. Anleger dürften daher auch den Fortgang der Koalitionsverhandlungen aufmerksam verfolgen.
In der neuen Woche dürften die Anleger auch Konjunkturdaten auf erste Auswirkungen der politischen Weltlage überprüfen. Aus der Eurozone sieht der Commerzbank-Experte Weinelt im frühen Wochenverlauf Preisdaten im Mittelpunkt. Er rechnet damit, dass die Inflationsrate in Deutschland auf 2,0 Prozent und im Euroraum auf 2,1 Prozent gefallen ist - vor allem wegen gesunkener Ölpreise.
In den USA erwähnte Weinelt als Höhepunkte aktuelle Stimmungsdaten, die am Dienstag aus der Industrie und am Donnerstag aus dem Dienstleistungssektor kommen. Beim ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe glaubt er an ein Abrutschen unter die Wachstumsmarke von 50 Punkten. Am Freitag folgen die Arbeitsmarktdaten. Der Commerzbank-Experte glaubt, dass der Stellenabbau in den US-Bundesbehörden die Beschäftigung im März deutlich gebremst hat.
Wenn es der Dax vorerst schwieriger hat, könnte laut DZ Bank die Zeit der deutschen Nebenwerte im MDax und SDax kommen. Denn anders als die exportlastigen Dax-Werte seien diese stärker von der Entwicklung der heimischen Konjunktur abhängig. In den vergangenen drei Jahren hätten sie aufgrund der europäischen Tristesse schwächer abgeschnitten, doch dies könne sich vor dem Hintergrund des deutschen Finanzpakets bald ändern - auch wegen günstigerer Bewertungskennziffern.
Quelle: Trading Economics
Von der zweiten und dritten Börsenreihe geprägt sind in den kommenden Tagen auch die noch anstehenden Zahlenvorlagen von Unternehmen. Diese konzentrieren sich vor allem auf den Montag mit Firmen wie Norma, Drägerwerk, Springer Nature und Cancom. Aus dem Dax könnte DHL wegen eines zweitägigen Kapitalmarkttags einen Blick wert sein. Dieser beginnt am Mittwoch. (dpa-AFX)
Wichtige Termine:
Am Montag
- veröffentlicht das Statistische Bundesamt die Inflationsrate für März 2025 (erste Schätzung).
- gibt Chinas Statistikamt Einkaufsmanagerindex (PMI) für herstellendes Gewerbe für März bekannt.
Am Dienstag
- publiziert die Europäische Statistikbehörde Eurostat eine Schnellschätzung Inflation Euroraum März 2025.
- gibt es neue Daten zum ISM-Index verarbeitendes Gewerbe USA.
- könnten neue Zölle der US-Regierungen bekanntgegeben werden.
- werden neuen Zahlen zum Einkaufsmanagerindex verarbeitendes Gewerbe für die Eurozone veröffentlicht.
- gibt es neue Daten zur Arbeitslosenquote in der Eurozone.
Am Mittwoch
- stehen neue Zahlen des Maschinenbauverbands VDMA zum Auftragseingang Februar 2025 an.
Am Donnerstag
- werden neuen Zahlen zum Einkaufsmanagerindex Dienstleistungen für die Eurozone veröffentlicht.
- gibt es Daten zu den Erstanträgen Arbeitslosenhilfe USA.
Am Freitag
- werden neue Daten zum ISM-Index verarbeitendes Gewerbe USA und zur Arbeitslosenquote in den USA erwartet.
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