Young Professionals verdienen gut. Die Mehrheit von ihnen legt ihr Geld am Kapitalmarkt an. Finanzberater werden ihre Dienstleistung überdenken müssen, um sie zukünftig adäquat zu bedienen.
11.01.2018 | 14:57 Uhr
Sie sind im Alter von 18 bis 35 Jahren, verfügen über eine akademische Ausbildung, und ein überdurchschnittliches Einkommen. Menschen, die diese drei Merkmale kennzeichnen, bezeichnet die Marktforschung als Young Professionals. Eine empirische Studie des Institute for Strategic Finance der FOM Hochschule hat sich unter Federführung von Prof. Dr. Julius Reiter und Prof. Dr. Eric Frère der Einstellung dieser Gruppe zu Finanzberatern und -produkten gewidmet.
Finanzberater verlieren an Relevanz
Quelle: FOM
Für Berater problematisch: die überaus attraktive Zielgruppe erweist sich als relativ beratungsresistent. So nahm der Anteil der Selbstentscheider weiter zu. Er stieg im Vergleich zu 2015 von 62 % auf jetzt 68 %. Dagegen blieb der Anteil derer, die sich von der eigenen Hausbank beraten lassen nahezu konstant um 20 %. Unabhängige Finanzberater (7 %) werden fast ebenso häufig in Anspruch genommen wie Bekannte aus dem engen sozialen Umfeld (6 %). Auch hier konstatierten die Forscher keine signifikanten Änderungen im Zeitverlauf.
Von den Befragten, die ausreichend Expertise mitbringen, treffen 76 % ihre Entscheidungen selbstständig. Nur 6 % dieser Teilgruppe der Young Professionals suchen den Rat eines professionellen Finanzberaters. Den Berater der eigenen Hausbank zieht gut jeder Siebte in Finanzfragen zu Rate. Anders sieht die Situation bei den Befragten aus, die nach eigenen Angaben über unzureichendes Finanzwissen verfügen. Hier liegt die Quote der Selbstentscheider nur bei 44 %. Rund 10 % nutzen die Expertise eines Beraters, und stolze 15 % beziehen Anlagetipps aus dem persönlichen Umfeld. Unter den Young Professionals mit ausgeprägtem finanziellem Selbstbewusstsein fragen nur 3 % Freunde oder Verwandte. Dafür vertraut diese Gruppe sehr stark auf die Expertise ihrer Hausbank (29 %).
Subjektiv und objektiv positiv: Die Einschätzung des eigenen Finanzwissens
Quelle: FOM
Young Professionals verfügen in der Mehrheit objektiv betrachtet über ein gutes allgemeines Finanzwissen. Von den 59 % der Befragten, die angaben, sich „gut“ oder „sehr gut“ auszukennen, bewiesen 94 % ihre Sachkenntnis im Finanzwissenstest. Das ergibt eine Quote von 56 %. „Die Befragten mit gutem subjektivem Finanzwissen besitzen überwiegend auch nach objektiven Kriterien ein gutes Finanzwissen“, so Reiter. Nur 10 % verfügen über ein Finanzwissen, das schlechter als „gut“ ausfällt. Allerdings sind sich viele ihrer Expertise gar nicht bewusst. „Bemerkenswert sind die 31 % der Befragten, welche die Fragen zu Finanzthemen korrekt beantworten konnten, aber ihr eigenes Finanzwissen als schlecht einschätzen“, so Reiter.
Sicherheit spielt eine untergeordnete Rolle
Quelle: FOM
Spielt für die Mehrheit der durchschnittlichen deutschen Anleger Sicherheit eine große Rolle, gilt das nicht für Young Professionals. An erster Stelle steht bei ihrer Geldanlage die Rendite (58 %). Sicherheit folgt mit deutlichem Abstand (26 %) vor Liquidität (16 %). Trotz ihrer risikoaffinen Ausrichtung sind sie am Finanzmarkt relativ erfolgreich unterwegs. Rund 82 % gaben an, eine Rendite oberhalb der Inflationsrate (1,8 %) erzielt zu haben. Nur 8 % fuhren in den letzten zwölf Monaten Verluste ein.
Lieber Aktien als Anleihen
Quelle: FOM
Die strategische Gewichtung der Geldanlage spiegelt sich bei einem Blick ins Portfolio der Young Professionals wieder. Ganz vorne stehen wie 2015 das Tagesgeldkonto (63 %), gefolgt von Aktien (47 %), Fonds (45 %) und dem Bausparvertrag (42 %). Sparbuch (32 %), Immobilien (19 %) und Edelmetalle (18 %) nutzen dagegen relativ wenige zum Vermögensaufbau. Nur jeder Zehnte hat Geld in Anleihen investiert. Auch im Anlageverhalten wirkt sich nach Reiter et. al deutlich das Finanzwissen aus. Young Professionals mit guter financial literacy präferierten Aktien, ETFs und Fonds und investierten per Crowdfunding in Start-Ups. Die weniger finanziell gebildeten setzen konservativer auf das Sparbuch, vermögenswirksame Leistungen oder Riesterprodukte.
Kurze Randnotiz: für 53 % der Young Professionals hat die Deutsche Bank ein schlechtes Image. Positiv werden dagegen die Sparkassen und Volksbanken, die ING-Diba sowie die DKB eingeschätzt. An der Studie nahmen knapp 44o hochqualifizierte Berufstätige teil.
(DW)
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