Welche Finanzvertriebe in Deutschland gehen wie fair mit ihren Kunden um? Und wer bietet den besten Service an? Diese Fragen untersuchte das Analysehaus Service Value in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt.
20.10.2017 | 11:35 Uhr
Die staatliche Rente allein wird im Alter nicht reichen. Diese Erkenntnis ist mittlerweile in den Köpfen der Deutschen angekommen. Das Thema Altersvorsorge treibt deshalb immer mehr Erwerbstätige um. Für die Finanzdienstleistungsbranche ist das eine gute Nachricht. Denn mit einer breiten Angebotspalette, die von der Absicherung existenzieller Risiken über den Vermögensaufbau und Beratung zu staatlichen Fördermöglichkeiten bis zur Finanzierung größerer Investitionen reicht, können Berater auf die Kunden eingehen und ihnen die passenden Produkte verkaufen.
Zwei Fragen, denen das Analysehaus ServiceValue in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt nun nachgegangen ist: Wie fair gehen die Finanzvertriebe mit ihren Kunden um? Und wer bietet den besten Service? Das erstaunliche Ergebnis: Nicht alle Spitzenreiter im Fairness-Ranking stehen auch beim Service in der ersten Reihe.
Fairness im Finanzvertrieb: Regulierung als Chance
Die Zeiten der Drückerkolonnen sind vorbei. Spätestens mit Inkrafttreten der neuen Richtlinien IDD und MiFID II im kommenden Jahr dürfte in der Branche ein anderer Ton herrschen. Das ist bereits jetzt zu spüren. So versuchen Finanzvertriebe etwa mit ganzheitlichen Beratungsansätzen, ihre Kunden zu überzeugen. Während einige Anbieter darin vor allem die Chance auf den Verkauf mehrerer Produkte sehen, überzeugen andere Finanzdienstleister damit, dass sie mit überzeugenden Konzepten ihren Kunden die wirklich zu ihnen passenden Produkte empfehlen.
Wie gut das verschiedenen Finanzvertrieben gelingt, untersucht ServiceValue jedes Jahr einmal und erstellt aus den Ergebnissen ein Ranking. In der Benchmarkstudie wird das Konstrukt Fairness dabei über sechs Teildimensionen erfasst: Fairer Schutz und Vorsorge, faire Kundenberatung, faire Kundenbetreuung, faires Preis-Leistungs-Verhältnis, faire Kundenkommunikation, Nachhaltigkeit und Verantwortung.
Die fairsten Finanzvertriebe in Deutschland
Drei Unternehmen sicherten sich in diesem Jahr den Titel „Fairster Finanzvertrieb“ mit dem Prädikat „Sehr Gut“: Swiss Life Select belegt erstmals den Spitzenplatz. Telis Finanz zählt bereits zum siebten Mal in Folge zu den Top Drei, und auch Bonnfinanz ist unter den Besten vertreten. Insgesamt habe sich in der Branche in einem schwierigen Umfeld das Verhältnis zwischen den Finanzvertrieben und ihren Kunden weiter verbessert, konstatiert ServiceValue. Die untersuchten Unternehmen würden insgesamt als noch fairer und partnerschaftlicher empfunden als 2016. Damit konnte die Branche den positiven Trend aus den Vorjahren erneut bestätigen.
Quelle: ServiceValue.
Fairness ist nicht immer gleichbedeutend mit Service
In der Studie wurden Finanz-Kunden auch befragt, wie fair sie sich behandelt fühlen und wie sie den Service der Anbieter einschätzen. Offensichtlich gibt es da in der Wahrnehmung Unterschiede. Dieser Erkenntnis stellt für Finanzdienstleister eine Herausforderung im Konkurrenzkampf dar: Kundenzufriedenheit ist mittlerweile kein Garant mehr für Kundenbindung, und damit auch nicht für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Finanzdienstleister seien also gut beraten, wenn sie zuweilen auch etwas Unsicheres wagen, zumindest aber nach Differenzierungsmerkmalen Ausschau halten und den Kunden zu begeistern versuchen, so die Autoren der Studie. Die Möglichkeiten dazu seien da. Preise und Produkte würden zwar zunehmend austauschbar. Doch der Service biete entscheidende Stellschrauben, um in der Wahrnehmung durch die er Kunden positiv zu punkten. Service bedeute eben nicht nur gute Erreichbarkeit der Hotline, sondern zum Beispiel auch Flexibilität bei Dienstleistung und Preisen. Vor diesem Hintergrund wurden insbesondere Produktqualität und Preisgestaltung verschiedener Finanzvertriebe in Deutschland miteinander verglichen.
Quelle: ServiceValue.
Im Ranking der servicestärksten Finanzvertriebe steht erneut die Swiss Life Select, die ehemalige AWD Carsten Maschmeyers, an der Spitze. Im Gesamt-Ranking aller Branchen ist das allerdings nur 507te Rang. Und das ist nicht die einzige Überraschung: Die Finanzvertrieb der Postbank, im Service-Ranking auf Platz Zwei, spielt im Fairness-Ranking überhaupt keine Rolle. Umgekehrt wird der Finanzvertrieb tecis zwar als besonders fair bewertet, sein Service kann aber offensichtlich weniger überzeugen. Erstaunlich sind auch die Bewertungen der Bonnfinanz, immerhin Drittplatzierter im Fairness-Ranking. Das Unternehmen wird von Kunden deutlich weniger serviceorientiert wahrgenommen als es der Fairness-Index vermuten ließe.
(MvA)
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