Versicherer erhalten von Fondshäusern oft Vergütungen für den Verkauf von Fonds. Die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA sieht diese sogenannten Kickbacks kritisch. Sie seien intransparent, steigerten die Kosten und senkten die Renditeaussichten.
05.05.2017 | 08:27 Uhr
Es ist seit vielen Jahren geübte Praxis, dass Fondshäuser Versicherern monetäre Anreize bieten, damit diese die entsprechenden Fonds in ihre Portfolios aufnehmen und an Versicherungs-Kunden vertreiben. Das will die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA nicht mehr einfach so hinnehmen. Um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen, hat die EIOPA in 28 Mitgliedsstaaten der EU bei 218 Versicherern geprüft, ob und welche Versicherer von Fondshäusern Kickbacks erhalten. In der Studie (PDF, engl.) wird die Kickback-Praxis anhand von 1.800 Fonds untersucht.
Die Kickbacks machen fast die Hälfte der Fondskosten ausEin Ergebnis der EIOPA-Studie: 81 Prozent der Versicherer erhalten Vergütungen für den Vertrieb von Fonds. 133 der Unternehmen behalten die Kickbacks vollständig ein. 55 Versicherer geben die Rückvergütungen an ihre Kunden weiter.
Quelle: EIOPA
Für die Versicherer, die die Kickbacks einbehalten, bedeuten die Zahlungen eine passable Ertragsquelle: Im Jahr 2015 verbuchten die befragten Unternehmen laut Studie 3,7 Milliarden Euro an entsprechenden Fonds-Vertriebsprovisionen. Die EIOPA hat die Zahl auf den Gesamtmarkt hochgerechnet und schätzt eine Kickback-Summe von 5,2 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht laut EIOPA 0,56 Prozent der vermittelten Anlagen und macht damit 46 Prozent der Fondskosten aus. Die Aufsicht schließt daraus: Ohne Kickbacks könnten sich die Fonds-Kosten für Anleger fast halbieren. Ohne die höheren Kosten durch Kickbacks würden die Fonds zudem bessere Anlageergebnisse erzielen.
Ein Viertel der Fondsverwaltung erzeugt die Hälfte der KostenLaut Studie verwalten die Versicherer nur 72 Prozent ihrer in Fonds angelegten Vermögen selbst. 28 Prozent werden extern gemanagt. Auffällig: Die Gesamtvergütung der 28 Prozent extern verwalteten Vermögen ist fast genauso hoch wie die restlichen 72 Prozent intern verwalteten Vermögen.
Quelle: EIOPA
Intransparente Geldflüsse
Was die EIOPA ebenfalls kritisch anmerkt, ist die hohe Intransparenz in der Branche: So legen 69 Prozent der Versicherer die Geldflüsse von und zu den Fondshäusern nicht offen. Nur gut ein Viertel der Versicherer habe einen formellen Auswahlprozess für die Fonds, in die sie Kundengelder leiten. Und ein Drittel der Unternehmen überwache diesen Auswahlprozess nicht.
In der hohen Intransparenz sieht die EIOPA ein Problem: Wenn Kickback-Zahlungen nicht offengelegt werden, können Kunden auch nicht dagegen vorgehen, folgert die EIOPA. Kritisch sieht die Aufsichtsbehörde auch, dass Kickbacks dazu führen können, dass nicht die Qualität des Produkts im Vordergrund stehe, sondern eher die Ertragsmöglichkeit für den Versicherer. So würden „wettbewerbsfähige Anlageformen“ verhindert, wenn deren Anbieter keine Belohnungsprämien für den Verkauf an die Versicherer zahlten.
Die EIOPA-Studie lässt aufhorchen. Denn die Aufsichtsbehörde hat sich in bislang vermintes Terrain vorgewagt: Versicherer müssen die Kosten für externe Fonds in ihren Portfolien nicht in vollem Umfang ausweisen. Für Kunden ist deshalb bisher nicht nachvollziehbar, welchen Einfluss die Kickbacks auf ihre Anlagen haben. Der Vorstoß der EIOPA könnte ein Hinweis darauf sein, dass das nicht auf Dauer so bleiben soll.
(MvA)
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