Wachstumsaktien hatten in den vergangenen Jahren überdurchschnittliche Kursgewinne verbucht, während Value-Titel nicht in die Gänge kamen. Je länger die Situation andauert, umso drängender stellt sich die Frage, wie es weitergeht.
31.07.2019 | 13:30 Uhr von «Christian Bayer»
Die DWS verweist darauf, dass der S&P 500 in diesem Jahr bereits um gut 20
Prozent zugelegt hat, während Analysten für 2019 ein Gewinnwachstum bei den Index-Unternehmen
im Schnitt von zwei Prozent erwarten. Rund 90 Prozent des Kursanstieges würden
daher nicht aus gestiegenen Gewinnen sondern aus einer höheren Bewertung
resultieren. Vor allem Wachstumsaktien seien von der Verteuerung betroffen. „Das
Ergebnis ist eine Bewertungslücke zwischen den sogenannten Growth-Werten und
dem breiten Markt, wie sie wohl nur wenige Kapitalmarktteilnehmer zuvor gesehen
haben“, sagt Marcus Poppe, Fondsmanager des DWS Global Value bei der DWS.
Auch
Philippe Denef, CIO Quantitative Equity bei DPAM konstatiert: „Die Faktoren
„Momentum“ und „Wachstum“ waren selten teurer als aktuell. Die Bewertung des
Value-Stils hat Niveaus erreicht, die es in den vergangenen zehn Jahren selten
gegeben hat. Die breite Streuung der Bewertungen zwischen den billigsten und
den teuersten Aktien bietet einen guten Puffer für die kommenden Monate und
schafft Gelegenheiten bei Substanzwerten und Aktien höherer Volatilität.“
Einen Auslöser für die Growth-Rallye sehen die DWS-Experten in einem
tendenziell langsameren Wachstum der USA nach der Finanzkrise: „In einem
solchen Umfeld ist die Dichte an kontinuierlich kräftig wachsenden Unternehmen
dann deutlich niedriger, so dass sich die Investoren zuletzt auf eine
vergleichsweise geringe Zahl von Aktien konzentrieren und damit deren Kurse
kräftig nach oben getrieben haben.“ Auch die konjunkturelle Eintrübung trägt
aus Sicht der DWS zur Verteuerung der Growth-Aktien bei. Der ISM-Index für das
verarbeitende Gewerbe in den USA ist vom Hoch bei 60,8 Punkten im August
vergangenen Jahres auf aktuell 51,7 Zähler gefallen: „Damit ist er nur noch
einen Hauch von der 50-Punkte-Marke entfernt, die Wachstum von Schrumpfung des
Sektors trennt. Mit diesem Rückgang hat der Stimmungsindikator auch das
Drehbuch für die Flucht der Anleger in die Wachstumsaktien geschrieben. Denn je
düsterer die wirtschaftlichen Aussichten werden, desto gefragter sind Papiere
von Unternehmen, die auch während konjunktureller Schwächephasen weiter zulegen,“
so die DWS.
Ob die Growth-Rallye weitergehen wird, oder ob Substanzwerte ein Comeback
feiern, hängt nach Einschätzung der DWS von der weiteren Entwicklung des
Handelskonfliktes und der Geldpolitik der Fed ab: „Wartet die US-Notenbank mit
einer oder mehreren präventiven Leitzinssenkungen auf, könnte dies auch zu
einem Anstieg der langfristigen Zinsen führen, wenn die Marktteilnehmer mit einer
anschließenden konjunkturellen Verbesserung rechnen. Dann könnten auch
Substanzwerte und zyklische Aktien wieder stärker nachgefragt werden, was eine
Sektor-Rotation auslösen könnte. Verschlechtern sich die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen aber weiter und fallen die langfristigen Zinsen noch tiefer,
dürfte ein ausgeprägter Favoritenwechsel jedoch ausbleiben.“
Aus Sicht von Philippe Denef braucht es für eine Value-Renaissance verschiedene
Zutaten: „Entweder eine erneute, nachhaltige Beschleunigung des weltweiten
Wachstums oder eine ausgewachsene Rezession, die eine Neubepreisung der Prämien
und eine Underperformance des Quality-Momentum-Stils verursachen würde. Es gibt
potenzielle Katalysatoren, die zum Jahresende hin für eine Rotation zugunsten
des Value-Stils sorgen könnten. Hierzu gehören die starke Divergenz der
Bewertungen, extreme Positionen zugunsten der defensiven Sektoren und
Qualitätsstilen und -faktoren, das unterschätzte Potenzial für positive
Überraschungen an den makroökonomischen und geopolitischen Fronten sowie eine
taktische Korrektur und Versteilerung der Renditekurven.“
Die DPAM setzt im DPAM Capital B Equities EMU Behavioral Value ein quantitatives Modell um, das systematisch Bewertungsanomalien identifiziert. Dabei werden Grundsätze der Verhaltensökonomie berücksichtigt. Der Ansatz unterscheidet sich von Value-Strategien, die auf die absolut billigsten Werte abzielen, da durch die Konzentration auf wenige Sektoren häufig Klumpenrisiken entstehen. Das DPAM-Modell investiert gleichgewichtet in die günstigsten Titel, die über das Preis-Buchwert-Verhältnis identifiziert werden, aus unterschiedlichen Sektoren. Der Fonds konzentriert sich auf Aktien aus Euroland, Anleger konnten in den vergangenen drei Jahren 21,7 Prozent Wertgewinn erzielen.
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