Der Erfolg berühmter Investoren taugt nicht nur für faszinierende Geschichten. Das Kalkül dieser fünf Börsenstars kann sich jeder Finanzprofi ins Depot holen.
25.08.2021 | 07:15 Uhr von «J. Billina, E. Eder, J. Gross, A. Hohenadl, C. Platt»
Sie haben Reichtümer angehäuft und teilweise wieder verloren, haben Strategien geprägt und neue Anlageideen entdeckt. Nahezu jeder, der sich mit Geldanlage beschäftigt, stößt früher oder später auf die Namen von Börsenlegenden. Für manchen sind die berühmten Vorbilder sogar der Auslöser, sich selbst intensiver mit seinen Finanzen zu beschäftigen und mit dem Investieren zu beginnen.
Tatsächlich ist es immer wieder lehrreich, sich mit den Erfolgsrezepten der Stars auseinanderzusetzen. Die meisten Strategien funktionieren bis heute, manchmal leicht abgewandelt. Eine außergewöhnliche Performance über viele Jahre ist ein Indiz dafür, dass eine Anlagemethode auch in Zukunft aufgehen kann. Wer sich Wissen über die dahinterstehenden Personen aneignet, merkt in der Regel auch recht schnell, ob er oder sie sich mit dem Vorgehen identifizieren kann - oder es nicht der persönlichen Risikoneigung entspricht.
Natürlich gibt es viel mehr als nur fünf Börsenlegenden. Der ein oder andere Leser mag bestimmte Berühmtheiten vermissen oder die ausgewählten Investoren für bei Weitem nicht bedeutend genug erachten. Die Redaktion hat sich nicht nur für Jesse Livermore, Warren Buffett, Jim Rogers, Mark Mobius und Cathie Wood entschieden, weil sie außergewöhnlich erfolgreich waren oder sind, sondern auch, weil sie für bestimmte, sehr verschiedenartige Anlagestile stehen.
Zu jedem berühmten Investor beziehungsweise Investorin nennen wir mehrere Anlagevehikel, mit denen sich die jeweilige Börsenstrategie ganz unkompliziert ins Depot holen lässt. In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Geldanlage!
Jesse wer? Zugegeben, der Name Jesse Livermore ist Anlegern in der Regel bei Weitem nicht so geläufig wie andere Börsenlegenden. Allerdings steht der Amerikaner, der 1940 gestorben ist, wie kaum ein anderer für einen ganz bestimmten Anlegertypen: den Zocker.
Und was für einen. Im Laufe seiner Trading-Karriere gehörte Livermore zeitweise zu den reichsten Menschen der Welt, ging allerdings auch drei Mal bankrott. In guten Phasen besaß er eine Yacht und einen eigenen luxuriösen Eisenbahnwaggon. In schlechten Zeiten musste er sechsstellige Steuernachzahlungen leisten. Zwei seiner drei Ehen scheiterten, er war vermutlich manisch-depressiv und beging mit 63 Jahren Selbstmord.
Livermore investierte in Aktien und Rohstoffe, die er mitunter auch lange Zeit hielt. Seine Lieblingsstrategie war jedoch das Short-Selling, also das Wetten auf fallende Kurse. 1906 setzte er beispielsweise in großem Stil auf Kursverluste der Union Pacific Railroad. Nach dem großen Erdbeben in San Francisco brachte ihm dieser Deal 250.000 Dollar Gewinn ein.
Bald ging es um wesentlich größere Summen: Bei der Börsenpanik von 1907, als die Wall Street um fast 50 Prozent einbrach, verdiente Livermore an einem einzigen Tag eine Million Dollar. Beim Crash von 1929 waren es dann etwa 100 Millionen, das entspricht nach heutigem Wert rund 1,5 Milliarden Dollar. Livermore musste danach Bodyguards anheuern, weil New Yorker ihn für den katastrophalen Kurseinbruch, der viele Existenzen vernichtet hatte, verantwortlich machten.
Bei seinen Investments folgte Livermore einigen ehernen Grundsätzen, die er auch in seinem 1940 erschienenem Buch "How to Trade in Stocks" darlegte. Einer seiner Ratschläge lautete "Verkaufe immer, was dir einen Verlust zeigt, und behalte, was dir einen Gewinn zeigt." In der praktischen Umsetzung kaufte Livermore nie nach, wenn er ins Minus rutschte, vielmehr trennte er sich dann zügig von seinen Positionen. Gewinne dagegen ließ er laufen, stockte auch seinen Einsatz auf. Heute würde man von einer Trendfolger-Strategie sprechen.
Dazu passt auch, dass Livermore immer auf "Bestätigung" durch den Markt wartete, bevor er handelte. Erreichte eine Aktie ein signifikantes Hoch oder Tief, blieb er an der Seitenlinie, bis sich eine klare Richtung abzeichnete, um dann short oder long zu investieren. "Ein wenig zu spät in einem Trade zu sein, ist eine Versicherung, dass Ihre Meinung richtig ist", glaubte er. Auch stieg er lieber zu früh aus, anstatt sich die Finger zu verbrennen.
Wer heute die Erfolgsrezepte des Amerikaners nutzen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass der Börsenhandel zu Livermores Zeiten noch viel kleinere Dimensionen hatte und daher auch eine andere Dynamik herrschte, die heute in der Form nicht mehr existiert. Livermore hat Kurse auch durch seine eigenen Investments nicht unerheblich beeinflusst.
Insbesondere Hedgefonds und Absolute-Return-Portfolios nutzen heute Shortselling zur Gewinnmaximierung. Mit den Renditen von reinen Long-Aktienfonds konnten sie in den vergangenen Jahren nicht immer mithalten. Dafür eignen sie sich gut als Beimischung für mehr Diversifikation im Portfolio. Von den drei von der Redaktion ausgewählten Fonds (siehe Tabelle) hat der Pictet Total Return Mandarin das offensivste Profil: Er setzt auf steigende und fallende Kurse von Unternehmen mit Sitz in China, Hongkong und Taiwan.
Dagegen investiert der Lupus Alpha All Opportunities nur in Europa, vorwiegend in kleine und mittelgroße Firmen. Die Manager Gerald Rössel und Franz Führer gehen Wetten auf Einzeltitel und Sektoren ein.
Beim Nordea-Fonds steht die 15 für 15 Prozent Volatilität, die nicht überschritten werden soll. Hier investiert ein Team um den bekannten Nordea-Manager Asbjorn Trolle Hansen weltweit in Aktien, Anleihen und Derivate, long, short oder gehebelt. Auf Sicht von fünf Jahren sprangen dabei sechs Prozent per annum heraus.
Drei Investments, die Short-Strategien nutzen
Name | ISIN | Rendite in % 5 Jahre | Anlagefokus |
---|---|---|---|
Luxus Alpha All Opportunities | LU0329425713 | 38,9 | Europäische Small und Mid Caps |
Nordea Alpha 15 | LU0607983896 | 33,8 | Aktien, Bonds, Derivate weltweit |
Pictet Total Return Mandarin | LU0496443531 | 70,9 | Asiatische Aktien |
Stand: 11.08.2021
Teil 2 dieser Serie am 26.08.2021 befasst sich mit der Anlagestrategie von Warren Buffett.
Dieser Artikel erschien zuerstam 21.08.2021 auf boerse-online.de
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