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USA erzwingen mehr Tempo bei der Abwicklung

US-Börse NYSE: Effizientere Abwicklungsprozesse durchgesetzt
Börse

Auch in Europa wollen Politik, Aufsicht und Branchenverbände eine schnellere Abwicklung von Wertpapiertransaktionen. Asset-Manager und Middle Office Provider müssen dafür massiv umrüsten. Langfristig bringt die Umstellung jedoch effizientere Prozesse und weitere Vorteile.

06.06.2024 | 12:15 Uhr von «Mathias Heiß, Jürgen Lemmen, Patrick Moschell»

Weltweit steht der Finanzbranche eine wichtige Änderung bevor. Am 28. Mai 2024 werden die USA die Frist für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen um einen Tag verkürzen. Das bedeutet, eine Transaktion muss bereits nach einem Handelstag vollzogen sein. Mexiko und Kanada ziehen direkt mit. Bisher war auch in diesen Märkten T+2 üblich, also ein Settlement zwei Tage nach der Transaktion. Nun geben die USA den weltweiten Takt mit T+1 vor.

Ziel der Verkürzung ist es, die Markt­liquidität und damit die Kapitaleffizienz zu erhöhen und Ausfallrisiken im Finanzsystem zu reduzieren. Der Schritt war nötig, um auf die fortschreitende Digitalisierung und die Automatisierung im Finanzsektor eine Antwort zu geben. Jetzt werden schnellere und effizientere Abwicklungsprozesse möglich.

Was in der Theorie zunächst sinnvoll klingt, wird in der Praxis eine große Herausforderung werden. Aktuell findet zum Beispiel die Bestätigung eines Handelsgeschäfts meist am nächsten Tag (T+1) statt. In den USA ist es üblich, einen „Affirmation Process“ durchzuführen, also die Bestätigung durch einen institutionellen Anleger, dass die Transaktionsdetails mit denen des Broker-Dealers übereinstimmen. Dieser Schritt muss nun künftig direkt am Tag der Transaktion erfolgen. Es geht also ein Tag verloren, der bisher beispielsweise für die Korrektur von Fehlbuchungen zur Verfügung stand.

Blicken wir auf die USA, die den Vorstoß gemacht haben. Die Vereinigten Staaten sind in Bezug auf die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen anders auf-gestellt als Europa. Es handelt sich um einen homogenen Markt, der mit der DTCC – der Depository Trust and Clearing Corporation – über einen riesigen Zentralverwahrer verfügt.

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA prüft seit Oktober 2023, ob sich Europa der Verkürzung der Prozesse anschließen wird – und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt. Die Staaten der EU müssen und wollen nachziehen. Grundsätzlich ist Europa an einer Konvergenz mit den USA interessiert.

Aber es gibt in Europa mehrere Hürden, die es deutlich schwerer machen, T+1 zu realisieren. Zum Beispiel besteht in der ­Europäischen Union weiterhin kein einheitliches Wertpapierrecht. Hier existieren viel mehr Lagerstellen wie etwa Euroclear oder Clearstream Lux. Das führt zu einem höheren Risiko für Late Settlements, da Stücke nicht immer dort liegen, wo sie benötigt werden.

Die Investmentverbände EFAMA und BVI begrüßen die Entwicklung zu T+1 dennoch grundsätzlich. Die EU-Kommission hat sich bereits positiv geäußert und sieht sogar perspektivisch T+0. Die tendenziell längere Umsetzungsdauer hängt mit der Abstimmung auf EU-Ebene und dem EU-Gesetzgebungsverfahren zusammen.

Konsequenz für Europa

Die Vereinigten Staaten schaffen Fakten und treiben damit die Entwicklung zu mehr Abwicklungsdisziplin voran. Abwicklung und Settlement zwischen den Vertragspartnern und Verwahrstellen müssen nun 24 Stunden schneller instruiert und abgewickelt werden, und die Marktteilnehmer müssen etwaige Batch-Prozesse und manuelle Eingriffe in der Abwicklung überdenken. Dazu gehört auch die Abschaffung von Verfahren wie E-Mails und Faxnachrichten, die teils immer noch üblich sind.

Eine höhere STP-(Straight-Through-Processing-)Rate und ein gut funktionierendes Lagerstellenmanagement sind nötig. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist eine detaillierte Prozessplanung, die Anpassung an regulatorische Anforderungen und eine proaktive Kommunikation entscheidend. Dieser Schritt bietet zudem die Chance, Prozesse zu digitalisieren und damit die Effizienz zu steigern, was langfristig zu geringeren Kosten führen dürfte.

Die Marktteilnehmer – insbesondere Asset-Manager und Middle Office Provider wie Universal Investment – müssen allerdings massiv umrüsten und können sich auf eine teure und langwierige Systemumstellung einstellen.

Was ist zu tun?

Alle Asset-Manager sollten sich mit der Umstellung auseinandersetzen, da diese ihr Portfoliomanagement direkt beeinflusst. Die Verantwortung für die Prozessoptimierung liegt sowohl bei der Buy-Side, beim Middle Office der Asset-Manager und den Kapitalverwaltungsgesellschaften als auch bei der Sell-Side.

Es sind große Investitionen erforderlich, um alle Zeitzonen abzudecken, die Abwicklung zu beschleunigen und Fehler schneller zu beheben, damit die Risiken nicht steigen. Große, international tätige Kapitalverwaltungsgesellschaften können das mit ihren Middle-Office-Lösungen leisten. Sie verfügen über das erforderliche Know-how, die Technologie, die Expertenteams und die Erfahrung – auch und gerade in der Zusammenarbeit mit den Verwahrstellen.

Mittlere und kleinere Anbieter von Middle- und Back-Office-Lösungen müssen sich überlegen, ob es sich angesichts der umfangreichen Regulierung in diesen Bereichen aus Kostengründen noch lohnt, ein eigenes Middle Office zu unterhalten. Generell steigen die OPS-Risiken, und auch aufsichtsrechtliche und Reputationsrisiken nehmen zu.

Aus Sicht von Universal Investment wird die Umstellung nicht nur Verwahrung und Abrechnung verbessern, sondern auch viele Prozesse im gesamten Wertpapierhandelszyklus beeinflussen – mit positiven Konsequenzen für alle globalen Vermögensverwalter und Finanz­institute. Ineffiziente Prozesse werden bald Vergangenheit sein.

Natürlich gibt es – kurzfristig betrachtet – auch einige Nachteile. Die EU muss sich den USA anpassen und kann dies nur mit deutlicher Zeitverzögerung tun, was sicherlich im Alltag zu Schwierigkeiten führen wird, etwa einem potenziellen Liquiditäts-Gap. Aber langfristig überwiegen die Vorteile der weltweiten Harmonisierung.

Kapitalverwaltungsgesellschaften mit einem umfassenden Serviceangebot im Middle Office sind für die Umstellung gut vorbereitet. Im Rahmen des Outsourcings dieser Leistungen können sie Asset-Manager entlasten. Für Kunden der Provider bedeutet es, je mehr auf der Plattform sind, desto kosteneffizienter wird der Prozess, wodurch auch die Abwicklungskosten sinken werden. Die Kunden müssen nicht länger eigenes Personal dafür vorhalten und können somit aus fixen Kosten variable Kosten machen, weil sie nur noch pro Transaktion zahlen.

Universal Investment wird gezielt investieren und technologisch und personell aufrüsten, um bei den Wertpapiertransaktionen für alle Kunden und Anforderungen T+1 anbieten zu können. Das Wichtigste aber ist der Dialog mit allen Beteiligten. Ein koordiniertes Vorgehen ist das A und O.

WIRD bald SOGAR T+0 zum Standard?

Die DTCC in den USA ist bereits heute in der Lage, T+0 abzuwickeln. Das beweist sie auch in der Praxis, indem sie täglich mehr als eine Million Trans­aktionen am selben Tag verarbeitet. Der amerikanische Zentralverwahrer bereitet sich auf den Übergang zu T+1 im Frühjahr vor – und zwar mit Blick auf T+0. Dies wäre aber weltweit eine sehr große Herausforderung. Es würde noch viel umfassendere Änderungen der Geschäftsprozesse mit sich bringen, was sich auf Anleger und Produkte auswirken würde. T+0 könnte in einigen Jahren zu einem branchenweiten Standard werden. Doch hierfür sind auch auf der anderen Seite des Atlantiks noch viele Analysen notwendig, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer solchen Umstellung für alle Wertpapiertransaktionen zu ermitteln und zu bewerten.

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