Der am Freitagabend veröffentlichte Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission war durch ein hohes Maß an Unsicherheit und Richtungslosigkeit gekennzeichnet.
16.02.2022 | 07:15 Uhr von «Jörg Bernhard »
Gegenüber der Vorwoche kaum verändert zeigte sich zum Beispiel das allgemeine Interesse an Gold-Futures. In der Woche zum 8. Februar hat sich nämlich die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 515.300 auf 512.800 Futures (-0,5 Prozent) lediglich leicht ermäßigt. Keine einheitliche Tendenz gab es beim Optimismus der spekulativen Marktakteure zu beobachten. Während große Terminspekulanten (Non-Commercials) optimistischer wurden, war unter den Kleinspekulanten (Non-Reportables) eine wachsende Skepsis auszumachen. Summa summarum stellte sich bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten auf Wochensicht ein Anstieg von 201.300 auf 211.400 Kontrakte (+5,0 Prozent) ein.
Bei Großspekulanten fiel auf, dass sie im Berichtszeitraum ihre Short-Seite mit 11.000 Futures besonders stark zurückgefahren haben. Zugleich stockten sie ihr Long-Exposure um 3.600 Kontrakte auf. Ihre Netto-Long-Position hat sich dadurch auf Wochensicht von 172.100 auf 186.700 Futures (+8,5 Prozent) erhöht. Erheblicher Verkaufsdruck war indes unter den Kleinspekulanten (Non-Reportables) registriert worden. Innerhalb einer Woche hat sich deren Netto-Long-Position von 29.200 auf 24.700 Futures (-15,4 Prozent) kräftig reduziert. Damit hat der Optimismus sowohl unter großen als auch unter kleinen Terminspekulanten seit Ende Dezember deutlich nachgelassen. Der Goldpreis hat diesen Negativtrend ohne größere Blessuren überstanden, schließlich weist er aktuell einen Jahresgewinn in Höhe von über drei Prozent aus.
An den Goldmärkten "honorieren" die Akteure derzeit vor allem die steigende Inflation, die schwachen Aktienmärkte sowie die gestiegenen geopolitischen Risiken und treiben dadurch den Preis für das gelbe Edelmetall gen Norden. Mit 7,5 Prozent p.a. fiel im Januar die US-Inflation erneut höher als erwartet aus und ist mittlerweile auf dem höchsten Stand seit über 40 Jahren angelangt. Zinsängste wurden durch Kriegsängste ersetzt und haben die Anziehungskraft von Gold als sicheren Hafen signifikant verstärkt. Beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares führte dies seit dem Jahreswechsel zu erheblichen Zuflüssen. So hat sich die gehaltene Goldmenge seit dem Jahresultimo von 975,66 auf 1.019,44 Tonnen erhöht. Dies stellt den höchsten Stand seit August vergangenen Jahres dar. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr verzeichnete der Gold-ETF übrigens einen "Aderlass" in Höhe von 195 Tonnen.
Mit dem Anstieg auf den höchsten Stand seit Juni vergangenen Jahres gelang dem Goldpreis ein Ausbruch aus der seit Monaten gebildeten Keil-Formation, was in der Chartlehre als klares Kaufsignal gilt. Aus charttechnischer Sicht hat sich damit das Marktsentiment deutlich aufgehellt. Die Aufwärtstendenz der langfristigen 200-Tage-Linie spricht ebenfalls für das gelbe Edelmetall. Eine leichte Widerstandszone ist jedoch im Bereich von 1.900 Dollar angesiedelt. Durch die rasante Kursrally befindet sich der Timingindikator Relative-Stärke-Index aktuell auf Tuchfühlung mit der Marke von 70 Prozent. Werte darüber werden als überkaufte Lage interpretiert. Ein Verkaufssignal entstünde, falls der RSI diese Linie von oben nach unten durchschneidet. Um deutlich niedrigere Goldpreise zu sehen, müsste vor allem auf fundamentaler Seite etwas passieren. Sollte sich zum Beispiel die Kriegsgefahr in Europa in Luft auflösen, dürfte dies an den Goldmärkten zumindest zu Gewinnmitnahmen führen. Gegenwärtig scheint das Abwärtspotenzial bei Gold angesichts der zahlreichen Probleme innerhalb der globalen Finanzsysteme aber eher begrenzt zu sein.
Dieser Artikel erschien zuerst am 15.02.2022 auf boerse-online.de
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