Es geht wieder um 25 Basispunkte nach
unten. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat gestern bekannt gegeben, den
Leitzins zum dritten Mal in Folge zu senken. Er bewegt sich nun im Korridor von
1,5 bis 1,75 Prozent. Damit feuern die Notenbanker die US-Konjunktur weiter mit
günstigem Geld an. Zugleich machte Fed-Chef Jerome Powell im offiziellen
Statement aber auch klar, dass die Notenbank die "Auswirkungen eingehender
Informationen auf den Konjunkturausblick überwachen wird, während sie den
geeigneten Weg ihres Zinsziels bewertet."
Mit anderen Worten: Sollte sich die US-Wirtschaft
besser als erwartet entwickeln, könnten auch die Zinsen wieder steigen. "Nach
Angaben der Fed bleibt die Wirtschaft solide, aber es gibt Bedenken
hinsichtlich der Exporte und Unternehmensinvestitionen sowie der deprimierenden
Wirkung von Handelsgesprächen und 'globalen Entwicklungen'", sagt Sandra
Holdsworth, Fondsmanagerin Fixed Income bei Kames Capital. Das rechtfertige die
Zinssenkung. Die Entscheidung der Fed sieht die Anlagestrategin als Chance: "Für
die Finanzmärkte ist die Senkung des risikofreien Zinssatzes positiv und sollte
Investoren ermutigen, von Bargeld zu anderen Vermögenswerten zu wechseln."
"Geldpolitik ist willkürlich geworden"
Christian Scherrmann, US-Volkswirt bei
der DWS, sieht die Entscheidung der Fed kritischer. Vor allem die Begründung
für die erneute Zinssenkung bereitet dem Ökonomen Sorgen: "Die Notenbanker
beschäftigen sich demnach fortan eher mit dem Beobachten der Volkswirtschaft
als mit der Frage, welches Zinsniveau überhaupt angebracht wäre", kommentiert
Scherrmann. "Oder kurz gesagt, die Fed gibt sich erneut datenabhängig."
Thorsten Polleit, Chefvolkswirt
Degussa Goldhandel, formuliert seine Kritik noch schärfer: "Die zyklische
Zinsanpassung zeigt, wie willkürlich die Geldpolitik bereits geworden ist: Man
reagiert nicht mehr auf 'harte Daten', sondern auf Zukunftserwartungen, die die
Zentralbankräte hegen." Der Degussa-Chefvolkswirt geht davon aus, dass die
US-Notenbank vorerst eine Pause einlegt. "Im neuen Jahr jedoch wird der Feldzug
gegen den Zins sehr wahrscheinlich weitergehen – und der Fed-Zins wird
vermutlich in Richtung 1,0 Prozent abgesenkt", sagt Polleit. Denn aus Sicht des
Chefvolkswirts ist das US-Finanzsystem zu angegriffen und daher auf immer
niedrigere Zinsen angewiesen.
Spannungen bei Pharmaunternehmen und Technologieriesen
Finanzberater müssen die Augen offen
halten und die US-Wirtschaft noch genauer beobachten – schließlich macht die
Fed die Entwicklung der Zinsen in Zukunft davon abhängig. Ritu Vohora,
Investmentdirektorin bei M&G Investments, sieht für die Wirtschaft in den
USA viele Risiken, vor allem im Gesundheitssektor. Der Grund: Der Wahlkampf in
den USA hat bereits begonnen und das teure Gesundheitswesen ist ein zentraler
Streitpunkt. "Politiker werden dazu neigen, in der Hoffnung auf Wählerstimmen
eine stärkere Regulierung zu versprechen", sagt Vohora. Davon dürfte vor allem
die Pharmaindustrie negativ betroffen sein.
Weitere Spannungen beobachtet die
M&G-Investmentdirektorin im Kartellrecht und Datenschutz. Das Geschäft der sogenannten
FAANG-Technologieriesen Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Alphabet, vormals Google
steht bereits in der Kritik: "Die FAANG führten in den letzten Jahren die
Entwicklung des S&P 500 an, ihre aktuellen Bewertungen spiegeln jedoch
schon die Bedenken hinsichtlich des regulatorischen und politischen Klimas
wider", sagt Vohora. Dennoch sieht die M&G-Investmentdirektorin weiterhin
gute Chancen für Finanzberater auf dem US-Markt. Schließlich gebe es in den USA
viele Unternehmen, die nicht nur angemessene Erträge bieten, sondern auch ihre
Dividenden nachhaltig über die Jahre steigern können. "In Zeiten knapper
Renditen in allen Anlageklassen ist das eine überzeugende Eigenschaft."
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