Die Unsicherheit an den Finanzmärkten ist groß, die Kurse sind stark gefallen. Nicht immer zu Recht. Gerade im Small- & Mid-Cap-Segment finden sich Firmen mit Krisenresistenz. Marcus Ratz, Fondsmanager des Lupus alpha Dividend Champions, erläutert, wie sich solche Titel finden lassen
15.12.2022 | 08:00 Uhr von «Ronny Kohl»
TiAM: Das Marktumfeld ist zurzeit extrem herausfordernd. Wie gehen Sie damit um?
Marcus Ratz: Ich bin bereits seit mehr als 20 Jahren im Job und habe in dieser Zeit schon einige Krisen erlebt. Dabei hatte jede Krise ihre Eigenheiten. Aktuell haben wir es mit einer hohen Inflation und steigenden Zinsen zu tun. Zudem droht eine Rezession, und, nicht zu vergessen, vor unserer Haustür tobt nach wie vor eine schwere geopolitische Krise. In solch schwierigen Phasen spielen Makrodaten eine entscheidende Rolle – was das Investieren für Bottom-up-getriebene Investoren wie uns erschwert, da ganze Sektoren oder Regionen abverkauft werden und nicht auf die erfolgreiche Umsetzung der Strategie geachtet wird.
TiAM: Wie überstehen Sie solche Phasen?
Ratz: Wir beobachten sehr aufmerksam die Veränderungen und Umbrüche, die derzeit vor allem durch Energiekrise und Klimawandel entstehen. Dadurch verändern sich die Märkte und auch die Unternehmen, woraus neue Chancen erwachsen. Insbesondere im Small- & Mid-Cap-Bereich lassen sich viele Unternehmen finden, die hochflexibel auf neue politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren und in der Lage sind, die schöpferische Zerstörung von Krisen zu nutzen.
TiAM: Wonach genau suchen Sie?
Ratz: Kleine und mittelgroße Unternehmen haben fokussierte Geschäftsmodelle und sind durch ihre schlanke Struktur und die kurzen Entscheidungswege in der Lage, sehr flexibel auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren. Krisen können diesen wendigen Unternehmen neue Handlungsspielräume eröffnen. Unser Ziel ist es, genau solche Small- & Mid-Cap-Unternehmen zu finden, die der Lage sind, Krisen durchzustehen und sogar Marktanteile zu gewinnen. Gerade in turbulenten und unsicheren Zeiten wie zurzeit reduziert der Fokus auf solche krisenresistenten Qualitätsunternehmen das Risiko.
TiAM: Und wie finden Sie diese Titel?
Ratz: Da wir uns auf den europäischen Markt konzentrieren, treffen wir zunächst eine quantitative Vorauswahl aus rund 1000 europäischen Mittelstandsunternehmen, wofür wir konkrete Kriterien aufgestellt haben. Beispielsweise analysieren wir über einen längeren Zeitraum Umsatz- und Bilanzkennzahlen sowie die Eigenkapitalquote. Dabei zählt für uns, dass die Firmen jedes Jahr Gewinn gemacht haben – auch in Krisen. Daneben sind Dividendenzahlungen wichtig, wobei hier die Kontinuität der Ausschüttungen entscheidend ist. Es muss mindestens fünf Jahre lang jedes Jahr eine zumindest gleichbleibende Dividende gezahlt worden sein, bei längerem Track Record sogar zehn Jahre lang.
TiAM: Wie sieht Ihr Auswahlprozess aus?
Ratz: Die erste, quantitative Prozessstufe reduziert das Anlageuniversum um rund 85 Prozent. Die verbleibenden rund 150 Unternehmen schauen wir uns ganz detailliert an, um die aus unserer Sicht besten rund 35 Unternehmen für unser konzentriertes Portfolio auszuwählen. Hierfür kommt die Bottom-up-Auswahl zum Tragen. Bedeutsam ist auch die Marktpositionierung des Unternehmens, gerade in Nischenmärkten, denn Marktführer haben Preissetzungsmacht und können bessere Margen als der Wettbewerb erzielen. Kern unseres Prozesses sind aber die mehr als 1500 persönlichen Unternehmensgespräche unseres Small- & Mid-Cap-Teams pro Jahr, um uns von der Qualität und Strategie des Managements sowie vom Potenzial und der Krisenresistenz des Unternehmens zu überzeugen. Dieser Bottom-up-Auswahlprozess hat sich die letzten 20 Jahre bei Lupus alpha hervorragend bewährt.
TiAM: Können Sie ein Beispiel für ein krisenresistentes Unternehmen nennen?
Ratz: Ein Beispiel ist D’Ieteren aus Belgien. Das Unternehmen mit einer Holdingstruktur verfügt über fünf Teilbereiche und ist aus unserer Sicht strukturell sehr gut aufgestellt. Der wichtigste Geschäftsbereich ist Belron, der Weltmarktführer für Reparatur und Austausch von Autoglas und in Deutschland unter der Marke Carglass bekannt. Der Charme dieses Geschäfts liegt vor allem darin, dass immer mehr Fahrzeuge mit Assistenzsystemen wie Radar- oder Abstandssensoren verkauft werden, die sich in der Frontscheibe befinden. Bei einem Austausch der Scheibe müssen die Sensoren wieder rekalibriert werden. Das bedeutet für Carglass, dass durch die Software der Preis für den Austausch der Scheibe deutlich teurer wird und gleichzeitig die hochmargige Rekalibrierung hinzukommt.
TiAM: Und das unabhängig vom konjunkturellen Umfeld?
Ratz: Um es einfach zu formulieren: Autos fahren auch in konjunkturell schwierigen Zeiten, Glasscheiben gehen auch in Rezessionen kaputt. Da ist kein Autofahrer vor Steinschlägen gefeit, die kaputte Scheiben verursachen können. Das Unternehmen ist gut aufgestellt, in einem defensiven Geschäftsfeld tätig und sollte somit auch in einer rezessiven Marktphase nicht oder kaum unter Druck geraten. Zudem hat der breite Markt nach unserem Dafürhalten das Potenzial der Aktie noch nicht vollständig erkannt.
TiAM: Haben Sie noch einen anderen Titel?
Ratz: Selbstredend – beispielsweise die schwedische Loomis. Das Unternehmen ist vor allem in Europa und in den USA im Bereich des physischen Cash-Handlings für Banken, Zentralbanken und für den Einzelhandel tätig. Zwar mag es so scheinen, dass Cash auf dem Rückzug ist, allerdings profitiert Loomis genau von diesem Trend, denn Banken sourcen ihre Cashservices zunehmend aus. Zudem nimmt das im Umlauf befindliche Bargeld noch zu – seit 2008 ist die Anzahl sowohl der Euro- als auch der USD-Banknoten mit sechs Prozent im Durchschnitt pro Jahr gewachsen.
TiAM: Aber hat dieses Geschäft eine Zukunft im Zeitalter der Digitalisierung ?
Ratz: Loomis ist einer der wenigen weltweiten Marktführer in diesem Bereich und bietet einen Service von hoher Qualität. Das Unternehmen weist seit Jahren stetig steigende Cashflows aus. Es wird zudem prognostiziert, dass das Ergebnis aus Umsatz- und Margensteigerung sowie Akquisitionen in den nächsten Jahren zweistellig wächst. Gerade in Krisenzeiten horten Menschen mehr Cash als in geopolitisch sicheren Zeiten – das hat sich nach Beginn des russischen Angriffskriegs gezeigt. Auch führen die erhöhten Zinsen dazu, dass Bargeld aus dem Einzelhandel schneller auf Bankkonten eingezahlt werden soll, da es dort wieder verzinst wird. Das sind Effekte, von denen Loomis stark profitiert.
TiAM: Wann starten die Nebenwerte wieder durch?
Ratz: Durch die Korrektur sind die Bewertungen günstiger geworden, aber wir haben bisher noch kaum Veränderungen bei den Gewinnen der Unternehmen gesehen. Das ist sicher eine große Unsicherheit. Daher lautet unsere Empfehlung, immer den langfristigen Fokus zu behalten. Nicht von ungefähr sind viele unserer Kunden Pensionskassen und Investoren, die für ihre Altersvorsorge Geld anlegen und von daher in der Kapitalanlage generell sehr langfristig ausgerichtet sind.
TiAM: Also jetzt kaufen?
Ratz: Sofern Anleger die jüngsten Kursrückgänge zum Einstieg nutzen möchten, empfehle ich, nicht alles auf einmal zu investieren, sondern sukzessive verteilt über mehrere Monate und Quartale einzusteigen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Small & Mid Caps dank ihrer Flexibilität eine Krise zumeist deutlich schneller hinter sich lassen können als Großkonzerne. Damit können Investoren das Potenzial dieser Anlageklasse voll nutzen.
Der Fonds
Fondsname | Lupus alpha Dividend Champions (R) |
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Fondsstart | 05.12.2012 |
Lfd. Fondskosten | 1,81 % zzgl. Perf. Fee |
Fondsvolumen | 253,60 Mio. Euro |
Wertzuw. 3 Jahre | 4,51 % |
ISIN | DE 000 A1X DX7 9 |
Fondsinfos | www.lupusalpha.de |
Stand: 31.10.2022
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