Der Start aus dem Schoß der Großbank war mutig. Zehn Jahre später steht Tresides Asset Management für vier Publikumsfonds, mehrere Spezialfondsmandate und mehr als zwei Milliarden Euro Assets under Management. Jetzt kommen die Stuttgarter mit neuen, spannenden Strategien
06.06.2023 | 12:05 Uhr von «Uli Kühn»
TiAM: Vor zehn Jahren haben Sie ihren Bank-Führungsjob gekündigt und einen Asset-Manager gegründet. Was hat Sie dazu gebracht?
Michael Trauth: Ich war damals Geschäftsführer und CIO bei der LBBW Asset Management. Die LBBW war nach der Finanzkrise in einer Phase des Rückbaus. Das hat mir und anderen nicht so richtig Spaß gemacht, und so entstand die Idee, dass man gutes Asset-Management auch ohne eine Großbank im Rücken machen kann.
TiAM: Aber ist das nicht sehr schwierig, ohne die Ressourcen der Großbank?
Trauth: Ich habe mich zehn Kollegen in die Selbstständigkeit aufgemacht. Das war schon mutig. Wir waren aber keine Anfänger, sondern in unserem Team hatten wir zusammen mehr als hundert Jahre Anlageerfahrung und einen guten Track-Record, sodass unsere Kunden sich gut aufgehoben fühlen konnten. Wir haben übrigens nicht nur Fondsmanager mitgenommen, sondern auch die Leiterin Operations und den Kapitalanlage-Juristen. Dass es uns jetzt seit zehn Jahren gibt und unsere Assets wachsen, bestätigt, dass es letztlich auf die Qualität des Teams ankommt und nicht auf die Größe des Unternehmens.
TiAM: Was antworten Sie auf die Frage, ob Tresides so gut ist wie eine Großbank?
Trauth: Wir können mit einem sehr starken Team punkten, das die Anlageentscheidungen trifft, bestehend aus Anlageexperten mit langjähriger Berufserfahrung und Prämierungen. Beim Research arbeiten wir mit starken Partnern. Wir haben Research-Verträge mit einer ganzen Reihe von internationalen Investmentbanken. Und wir haben lokale Partner, die Märkte beobachten, die von den ganz Großen nicht genug beachtet werden, wie Skandinavien. Research ist heute ja auch ein Produkt, das verkauft wird, und die Erfahrung unseres eigenen Researchteams ist die Basis, hier die Spreu vom Weizen zu trennen.
TiAM: Ist das nicht ein belastender Kostenblock, Research zu kaufen?
Trauth: Im Prinzip stellt sich dieselbe Frage wie in jedem anderen Unternehmen: „Make or buy?“ Wir machen das, was wir am besten können, selbst. Zusätzliches Research zu kaufen, das zum Erfolg unserer Kunden beiträgt, ist für uns weniger ein Kostenposten als ein Investment.
TiAM: Wahrscheinlich können Sie auch bei Ihren Investments flexibler sein.
Trauth: So ist es. Wir haben keine Ebene zwischen dem Kunden und dem Fondsmanager. Normalerweise ist der direkte Kontakt zwischen dem Kunden und dem Fondsmanager eher selten, bei uns ist das dagegen ganz normal. Wir können sehr individuell auf die Kundenwünsche eingehen. Im Rentenbereich können wir uns zum Beispiel auch in Segmenten bewegen, in die große KVGs aufgrund ihrer schieren Größe gar nicht investieren können. Wir müssen einen Bond nicht in 100 Portfolios kaufen.
TiAM: Gibt es bei Tresides eine Hausmeinung?
Trauth: Für jedes Mandat wird die strategische Asset-Allokation quantitativ berechnet. Bei der Portfoliooptimierung werden historische Risikokennzahlen und langfristige Returnschätzungen verwendet und jeweils an die Mandatsrestriktionen angepasst. Die Hausmeinung bildet die Basis für taktische Allokationsanpassungen, die im Team nach fundamentalen Einschätzungen und quantitativen Signalen getroffen werden.
TiAM: Welche Tresides-Strategien sind im Moment besonders spannend?
Trauth: Jetzt, wo es wieder Zinsen gibt, sind ordentliche Renditen gefragt. Deshalb sind Renten attraktiv, ebenso dividendenstarke Aktien. Auch im Rohstoffbereich hat das Interesse zugenommen. Nachhaltige Anlagestrategien sind weiterhin stark gefragt, und hier werden wir dieses Jahr einen neuen Fonds lancieren.
TiAM: Da sind Sie aber relativ spät dran …
Trauth: Nicht unbedingt. Es hat uns eigentlich überrascht, wie viele Manager mit Artikel-9-Fonds vorgeprescht sind, ohne zu wissen, wie die Regulierung aussehen wird. Viele Fonds sind jetzt plötzlich nicht mehr Artikel 9. Aber inzwischen gibt es vom Regulator zumindest Definitionen, mit denen wir arbeiten können. Wir werden alle unsere Tresides-Publikumsfonds mit Artikel 8 klassifizieren, außer unseren Rohstofffonds, weil es hier gar keine Regeln gibt. Bei unseren Spezialfonds entscheiden die Investoren selbst.
TiAM: Wo ist Ihr neuer ESG-Fonds besser?
Trauth: Unser neuer Fonds wird nach Artikel 8 klassifiziert und kümmert sich um die Werte, ohne die Transformation nicht funktioniert. Um den CO₂-Ausstoß zu senken, braucht es Basismetalle, ohne die wird die Transformation nicht gelingen. Batterien enthalten Nickel, Kobalt, Spezialmetalle et cetera. Die sind heute schon knapp und werden noch viel knapper. Elektroautos benötigen davon viel mehr als Verbrennungsmotoren. Bei der Wind- und Solarkraft sieht es genauso aus. Und der Themenkomplex Wasserstoff steht erst in den Startlöchern. Ganz überwiegend wird der Fonds in Aktien der Rohstoff- und Techniklieferanten investieren und weniger in Rohstoffe.
TiAM: Einen Rohstofffonds haben Sie ja ohnehin schon.
Trauth: Mit Michael Krauß haben wir einen Pionier dieser Assetklasse im Team, der den ersten deutschen Rohstoff-OGAW auflegte. Unsere Fondsstrategie ist seit fast zehn Jahren erfolgreich. Der Fonds investiert streng regelbasiert in zwölf Rohstoffe. Wir selektieren dabei nach der Backwardation: Wir kaufen nur Rohstoffe, bei denen der Preis auf Termin niedriger ist als der Spotpreis. Technisch umgesetzt wird die Strategie über einen Rohstoffindex, den wir hierfür entwickelt haben.
TiAM: Haben Sie auch einen Dividendenaktienfonds?
Trauth: Unser Dividendenaktienfonds heißt Tresides Dividend & Growth. Der Portfoliomanager Berndt Maisch – mit mittlerweile 25 Jahren Erfahrung – war einer der Ersten in Deutschland, die dieses Thema aufgegriffen haben. Growth steht im Fondsnamen, weil uns nicht nur die Höhe der Dividenden wichtig ist, sondern auch das Dividendenpotenzial. Wir vermeiden Titel, bei denen die Dividende relativ zum Unternehmensgewinn hoch ist, wo also das Risiko der Dividendenkürzung besteht. Wir investieren in Unternehmen, die in den nächsten Jahren die Dividende stärker anheben können.
TiAM: Was ist Ihr größter Fonds?
Trauth: Das ist ein Spezialfonds. Unser größter Publikumsfonds ist der Tresides Balanced Return, ein defensiver Mischfonds mit einem Maximum von 40 Prozent Aktien. Das Besondere an ihm ist, dass wir je nach Volatilität auch Put-Optionen schreiben, um zusätzliche Erträge zu erzielen. Dabei wählen wir Titel, die wir gern hätten, die uns aber aktuell noch zu teuer sind. Die restlichen mindestens 60 Prozent investieren wir hauptsächlich in Unternehmensanleihen. Der Fonds ist stark auf Europa konzentriert.
TiAM: Schlussendlich scheint der Weg in die Selbstständigkeit also die richtige Entscheidung gewesen zu sein.
Trauth: Tresides verwaltet heute über zwei Milliarden Euro, und wir sind schon ein wenig stolz auf unseren Erfolg, besonders wenn man bedenkt, dass es ja keine einfachen zehn Jahre waren. Wir freuen uns, dass wir unsere Kunden da stabil durchgeführt haben.
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