Zweiter und letzter Tag der TiAM Investment-Konferenz am Tegernsee: Die Investmentgesellschaft LBBW Asset Management stellt ihre Analysen und Ideen vor. Und die Gastredner sorgen für Aha-Effekte.
04.04.2025 | 11:30 Uhr von «P. Gewalt und M. von Arnim»
Schon der erste Tag der TiAM Investment-Konferenz hielt bis zur Mittagspause einige Höhepunkte bereit. Ulrich Kaffarnik von der Investmentgesellschaft DJE Kapital zeigte den Zusammenhang zwischen Geopolitik und Kapitalmarkt auf. Michael Kohl von KGAL stellte nachhaltige Infrastrukturprojekte als neue Assetklasse für Privatanleger vor.
Am gestrigen Vormittag und heute, am zweiten und letzten Tag der Konferenz am Tegernsee, haben Vermögensverwalter, Berater und Vermittler noch einmal ganz neue Gedanken mit auf den Weg bekommen. Zunächst startete gestern nach der Mittagspause Richard Molnàr mit seinen Gedanken zur Welt des Tradings.
Molnàr betont am Anfang seiner Präsentation "Einblicke in die Welt des Tradings - von Renten bis Kryptos", dass ARTS seit über 20 Jahren an mathematischen Algorithmen festhalte und daher Anlageentscheidungen regelbasiert und unabhängig von menschlichen Emotionen treffe. Entwickelt wurde das Handelssystem von Unternehmensgründer Leo Willert und seinem Development-Team selbst. „Willert stellte sich damals die Frage, weshalb Privatanleger eigentlich immer schlechter als die Märkte abschneiden würden“. Molnàr führt dabei nachfolgende Gründe aus: Der Mensch neige dazu, gravierende Fehler zu machen, gerade wenn es turbulent an den Börsen zugehe. So würden Anleger oftmals in fallenden Marktsituationen zu lange an bestimmten Aktien festhalten, ohne sich Risikobegrenzungslimite zu setzen und so weiter Geld verlieren. Andere würden viele fälschlicherweise blind auf Ökonomeneinschätzungen vertrauen. Ob Inflationsprognosen oder Investmentchancen, sehr häufig liegen Experten falsch. „90 Prozent aller Konjunkturprognosen zwischen 2000 und 2017 waren falsch", stellt Molnàr klar. Andere Anleger wiederum würden sich nach einigen erfolgreichen Investments überschätzen und mit erhöhtem, oftmals zu hohem Kapitaleinsatz agieren.
Die systematische, regelbasierte und strukturelle Analysestrategie von ARTS vermeide diese „kostspieligen“ Fehler. Dabei helfe ein quantitatives Handelssystem mit Risikokontrolle, das bei ARTS Asset Management zum Einsatz kommt. Sämtliche Anlageentscheidungen werden so nach einem definierten Regelwerk getroffen, und dies unabhängig von menschlichen Emotionen. Ziel sei es, Benchmark-unabhängig langfristig positive und risikoadjustierte Erträge zu erwirtschaften. Die Vermeidung großer Kursrücksetzer werde über ein aktives Risikomanagement erreicht, das Trends bzw. Trendbrüche berücksichtige. Gemäß dem Motto „Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen,“ wird die Aktienquote im Fonds reduziert, wenn die Märkte fallen, und erhöht, wenn der Aktienmarkt im Aufwind ist. In den dynamischen Fonds kann ARTS so die Aktienquote zwischen null und 100 Prozent variieren. Dabei werde nicht auf Einzeltitel, sondern auf Fonds und ETFs gesetzt, so Molnàr. Maßgeblich für diesen Total-Return-Ansatz sei das Momentum, also die Kursbewegung von Wertpapieren. „Das Handelssystem steigt in Aktien oder Fonds verschiedener Länder und Branchen erst dann ein, wenn sich ein positiver Markttrend manifestiert hat “, erklärt Molnàr.
Die Flexibilität des Systems gepaart mit der Absicherung als wichtigste Anlageprioritäten führten zu einem Portfolio, das sich oftmals stabiler durch die unterschiedlichen Phasen der Kapitalmärkte entwickelt als andere Portfolios. So sei die Volatilität des Flaggschifffonds des Hauses, dem C-QUADRAT ARTS Totale Return Global AMI, nur halb so hoch wie beim MSCI World. Dennoch habe der Fonds seit Auflage eine durchschnittliche Rendite von 5,4 Prozent im Jahr erzielt. „Diese Stabilität ist insbesondere vorteilhaft für alle diejenigen Anleger, die auch in Stresssituation an ihr Kapital kommen müssen“, sagte Molnàr. Ähnliches gelte für den C-QUADRAT ARTS Total Return Bond, der ebenfalls hinsichtlich Rendite und Volatilität deutlich besser abschneide als vergleichbare globale Rentenindizes.
Richard Molnàr, ARTS
„Diese Stabilität ist insbesondere vorteilhaft für alle diejenigen Anleger, die auch in Stresssituation an ihr Kapital kommen müssen“, so Molnàr.
Am Ende seines Vortrages ging Molnàr auch auf Veränderungen beim 2010 aufgelegten C-QUADRAT ARTS Total Return Flexible näher ein. Der Dachmischfonds berücksichtige seit Ende 2023 nicht mehr nur Aktien-, Anleihen- und Geldmarktfonds. Der Fonds investiere nun mit einer Höchstgrenze von zehn Prozent des Gesamtportfolios auch in Exchange-Traded Products (ETPs) auf Bitcoin, Ethereum und weiteren Kryptowährungen mit ausreichender Marktkapitalisierung. Aktuell berücksichtige der Fonds aber keine Krypto-Währungen wegen der Kursturbulenzen von Bitcoin & Co seit Ende Februar 2025, erklärt Molnàr.
Gefühlt schlägt die Welt derzeit Purzelbäume. Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf die Kapitalmärkte. Der Begriff „Risiko“ hat eine ganz neue Bedeutung bekommen. Die Angst vor größeren Kursschwankungen hat zugenommen. In solch einer Situation tut es gut, einmal kurz zurückzutreten, durchzuatmen und das Wechselspiel zwischen Risiko und Ertrag an den Finanzmärkten ganz nüchtern zu analysieren. Genau das tut Stefan Ewald von Warburg Invest in seinem Vortrag „Volatilität: Risiko, Rendite und die unsichtbare Steuer“. Er zeigt auf, wo und wie sich die Volatilität als zentrale Größe für Investoren entwickelt hat und erklärt den Zusammenhang zwischen Volatilität und Rendite. Er betont dabei, dass dieser Zusammenhang nicht linear über Anlageklassen hinweg zu erkennen sei. Besonders hebt er zwei zentrale Punkte hervor: die Volatilitätsrisikoprämie als stabile Renditequelle und die sogenannte "Volatility Tax", die unbemerkt die Performance schmälert. Ewald betont, dass die Volatilitätsrisikoprämie eine der bestuntersuchten und robustesten Kapitalmarktprämien sei. Sie beschreibe die Tatsache, dass Investoren dazu neigen, für den Schutz vor Schwankungen eine Überprämie zu zahlen. „Konkret bedeutet dies, dass implizite Volatilität, also die in Optionspreise eingepreiste erwartete Schwankungsbreite, systematisch höher ist als die tatsächlich realisierte Volatilität. Wer bereit ist, diese Prämie zu vereinnahmen – beispielsweise durch den Verkauf von Optionen oder Volatilitätsstrategien – kann langfristig eine zusätzliche Rendite erzielen“, so Ewald. Anhand von historischen Daten verdeutlicht der erfahrene Kapitalmarktexperte, dass dieser Effekt über Jahrzehnte hinweg stabil geblieben sei. Besonders in Phasen erhöhter Unsicherheit steige die Volatilitätsrisikoprämie, was Anlegern zusätzliche Chancen biete. Entscheidend sei jedoch ein systematischer Ansatz, da kurzfristige Schwankungen sonst zu erheblichen Verlusten führen könnten. Dies werde im Warburg-Defensiv-Fonds umgesetzt. Der Fonds strebe eine attraktive Zielrendite in Höhe des 3-Monats-Euribor plus fünf Prozent im Jahr. Sinn mache ein Investment in den Fonds aber auch, da es einen positiven Diversifikationseffekt hinsichtlich Risiko und Rendite fürs Portfolio ergebe.
Neben den Chancen der Volatilitätsprämie weist Ewald auch auf eine oft unterschätzte Gefahr hin: die "Volatility Tax". Diese bezeichnet den negativen Effekt von Schwankungen auf die langfristige Wertentwicklung eines Portfolios. Hintergrund ist die mathematische Tatsache, dass Renditen multiplikativ wirken: Eine hohe Volatilität sorgt für eine niedrigere geometrische Durchschnittsrendite, selbst wenn die arithmetische Durchschnittsrendite konstant bleibt. Ewald erklärt, wie sich dieser negative Effekt reduzieren lässt: Eine Reduktion der Volatilität führt stets zu einer höheren realisierten Rendite, und das sogar dann, wenn auf einen Teil der erwarteten Rendite verzichtet wird.
Stefan Ewald, Warburg
„Eine Reduktion der Volatilität um 30 Prozent bei gleichzeitiger Aufgabe von zehn Prozent der erwarteten Rendite erhöht die realisierte Rendite. Mit anderen Worten: Die Anpassung bewirkt eine Komprimierung der Renditeverteilung und sorgt für eine Verstetigung der Erträge“, so Ewald.
So kommt er zusammenfassend zu folgendem Schluss: Erfolgreiches Investieren bedeute, Volatilität nicht nur als Risiko, sondern auch als Ertragsquelle zu verstehen. Die bewusste Nutzung der Volatilitätsrisikoprämie könne zusätzliche Renditen liefern, zugleich müsse die schleichende "Volatility Tax" minimiert werden. Ergebnis: Eine Reduktion der Volatilität um 30 Prozent bei gleichzeitiger Aufgabe von zehn Prozent der erwarteten Rendite erhöht die realisierte Rendite. Im Warburg Hedged Equity wird dieses Konzept aufgenommen. Dieser soll im August 2025 auf den Markt kommen.
......eröffnet Stephan Wittwer von LBBW Asset Management mit Einblicken in zwei emotionale, globale Themenaktienfonds: LBBW Sicher Leben und LBBW Global Warming.
Der LBBW Sicher Leben ist erst Ende Dezember letzten Jahres neu gestartet. Fondsmanager Yannik Schiele und Felix Jäger konzentrieren sich auf mehrere Sicherheitsbereiche, erklärt Wittwer. Der Artikel-6-Fonds investiere in Unternehmen, die von steigenden Verteidigungs- und Rüstungsausgaben, dem Boom der digitalen Sicherheit und dem wachsenden Bedürfnis nach physischer Sicherheit profitieren. Diese Sektoren böten dank beeindruckender Wachstumsraten große Chancen. Der jüngste Kursanstieg bei Rüstungstiteln würden dies bestätigen. „Mit seiner breiten Aufstellung ist der LBBW Sicher Leben ein Pionier auf diesem Gebiet.“
Stephan Wittwer, LBBW AM
„Mit seiner breiten Aufstellung ist der LBBW Sicher Leben ein Pionier auf diesem Gebiet. “
Der Fonds treffe auf ein wachsendes Interesse, da Diskussionen über Schutz vor militärischen Bedrohungen, globalen Hackerangriffen und dem Bedürfnis nach persönlicher und öffentlicher Sicherheit zunehmen. Vor allem zum Thema Hackerangriffe konnte Wittwer den versammelten Vermögensverwaltern einige sehr aktuelle wie eindringliche Beispiele vor Augen führen. Vom starken Interesse der Kunden am Fonds zeugen die dynamische Mittelzuflüsse, betont Wittwer.
Aktuell würden machen Verteidigungswerte 42 Prozent, digitale Sicherheitstitel 29 Prozent und Unternehmen mit Fokus physische Sicherheit 24 Prozent des Portfolios ausmachen (Stand: 28.2.2025). Der geografische Fokus liege im Wesentlichen auf Nordamerika und Europa, das Anlageuniversum umfasse etwa 400 Unternehmen weltweit. Im Fonds befänden sich zum Beispiel neben internationalen Titeln wie Checkpoint Software oder Schließsysteme- und Sicherheitstüren-Produzent AssaAbloy auch deutsche Titel wie Rheinmetall. Bestimmte Werte wie Produzenten von Streubomben und Anti-Personenminen würden aber bei der Titelauswahl ausgeschlossen.
Anschließend präsentiert Wittwer das Konzept des LBBW Global Warming, der dieses Jahr im Januar seinen 18. Geburtstag feierte. Und zu feiern gibt es einiges. Denn der Artikel-8-Fonds hat seit Auflage ein Plus von über 320 Prozent Gewinn (Stand: 31.3.2025) erzielt, zahlreiche Auszeichnungen eingesammelt und weist aktuell ein Fondsvolumen von über 2,0 Milliarden Euro auf. Der Fonds fokussiere sich auf Sektoren, die überdurchschnittlich von der Transformation der globalen Firmen auf dem Weg der Dekarbonisierung profitieren, so Wittwer. Das Fondsmanagement investiere in diejenigen Unternehmen, die in den Bereichen Energetisches Bauen und Sanieren, IT und Gesundheit den CO₂-Ausstoß reduzieren. „Der Anteil Aktien von Erneuerbarer Energien am Fondsvolumen beträgt derzeit null Prozent. Die Trump-Politik zu „Wind & Solar“ ist für den LBBW Gobal Warming aktuell eher kein Sorgenthema,“ erklärt Wittwer.
Im Folgenden zeigt Wittwer auf, wie rasant der Energiebedarf im Technologiebereich steigt und damit das Einsparpotenzial durch „Green IT“. „Rechen- und Datenzentren weltweit verbrauchen bereits das Doppelte des deutschen Energieverbrauchs,“ so Wittwer. „Diese Zentren sind extrem CO₂-intensiv, da sie unter anderem gekühlt werden müssen.“ Sie würden nicht nur wegen des KI-Booms, sondern auch wegen des steigenden Datenverbrauchs der Konsumenten wachsen. „Der Fonds sucht daher Technologieunternehmen, die energieeffizient arbeiten oder den Energieverbrauch der Rechenzentren senken,“ sagt Wittwer.
Das Fondsmanagement wähle aus über 8000 Unternehmen mithilfe nachhaltiger und fundamentaler Kriterien die besten aus. Es verfolge einen klassischen fundamentalen Analyse- und Managementansatz mit Fokus auf „Stock Picking“, berichtet Wittwer. Derzeit umfasse das Portfolio 72 Unternehmen. Nur noch 15 Prozent der Werte würden aktuell aus der Technologiebranche stammen (Stand: 31.3.2025), der im Fonds historisch eine deutlich größere Bedeutung gehabt hätte. Probates Mittel in Krisenphasen sei zudem das Halten einer taktischen Kassehaltung.
…sind die Vorträge der beiden Gastredner Tim Bröning und Christian Jasperneite. Die beiden Experten gaben den Konferenzteilnehmern mit ihren spannenden Vorträgen zu Investmentchancen in den Uran-Markt (Bröning) und bewährten Handelsstrategien (Jasperneite) reichlich Gedankenmaterial sowie Diskussionsstoff mit auf den Heimweg.
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