Seit Anfang des Jahres müssen Anbieter von Fonds und strukturierten Produkten ihre Kunden vor dem Kauf und danach detailliert über Kosten informieren. Jetzt berichten Finanzvermittler: Viele Kunden sind desinteressiert, andere sogar verwirrt.
19.11.2019 | 15:22 Uhr von «Olaf Wittrock»
Jahr für Jahr ziehen die europäischen Aufsichtsbehörden das Netz der Regulierung am Finanzmarkt enger, um Verbraucher über die Produkte aufzuklären und vor schlechten Entscheidungen zu schützen. Eines der jüngsten Beispiele: Seit Beginn dieses Jahres müssen Banken, Finanzdienstleister und Vermögensverwalter jedes Jahr nach dem EU-weit gültigen MiFID-II-Standard alle Kosten ausweisen, die Investmentfonds oder strukturierte Produkte verursacht haben. Das sogenannte Ex-Post-Kostenblatt ergänzt ein Ex-Ante-Kostenblatt, das bereits im Jahr zuvor eingeführt wurde – und das wiederum schon vor dem Kauf detailliert die voraussichtlichen Kosten einer Finanzanlage abschätzen soll.
Knapp ein Jahr später lässt eine Umfrage der auf Depotverwaltung spezialisierten B2B-Bank Ebase starke Zweifel daran aufkommen, ob der Regulierer seine hehren Ziele auch wirklich erreicht. Denn 50 Prozent der befragten 137 Vermittler gehen davon aus, dass ihre Kunden die Ex-ante- und Ex-post-Kosteninformationen gar nicht beachten. Weitere 34 Prozent sind der Überzeugung, dass die Daten Kunden eher verwirren. Nur 15 Prozent der Ebase-Vertriebspartner gehen davon aus, dass ihre Kunden tatsächlich besser informiert sind als früher. „Transparenz ist immer zu begrüßen, aber das Format muss von den Kunden angenommen werden und auch einen praktischen Nutzen stiften“, sagt Rudolf Geyer, Sprecher der Geschäftsführung von Ebase – und kritisiert das teilweise komplexe Zahlenwerk, das nach MiFID-II-Regularien an die Kunden zu übermitteln ist: „Man sollte sich in der Tat die Frage stellen, ob der Informationsumfang für einen durchschnittlichen Kunden eventuell schon nicht mehr unbedingt leicht verständlich ist.“
Tatsächlich sind in den Kostenblättern getrennt die sogenannten Einstiegs- und Ausstiegskosten sowie fortlaufende Kosten gesammelt zu beziffern, die zuvor teilweise in ganz unterschiedlichen Dokumenten zu finden waren, wie beispielsweise dem Produktinformationsblatt, den wesentlichen Anlegerinformationen, dem Preis-Leistungsverzeichnis des Anbieters und dem Beratungsvertrag. Jetzt müssen die Anbieter sowohl Gesamtkosten ausweisen, als auch aufgeschlüsselte Informationen zu allen Bestandteilen in zuvor nicht dagewesenen Detailtiefe offenlegen, getrennt nach Produktkosten, Dienstleistungskosten und sogenannten übergreifenden Kosten. Die für Deutschland zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sieht darin einen wesentlichen Beitrag zur Transparenz und Informiertheit der Anleger.
Der große Aufwand für mehr Klarheit hat nun aber offenbar auch eine große Zahl verwirrter Kunden bewirkt. „Wenn man sich zudem die enormen Kosten der Umstellung für die gesamte Branche vor Augen führt, ist es durchaus enttäuschend“, sagt Ebase-Chef Geyer. Er kritisiert zudem, dass auch die neuen Kostenblätter längst noch nicht so transparent seien wie gedacht. Denn: „Bisher hat sich noch kein klarer Marktstandard für die Kosteninformationen etabliert.“ Womöglich legt der Gesetzgeber hier ja noch einmal nach.
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