Die Finanzportfolioverwaltung gilt in der Geschichte der
Regulierung eher als vernachlässigtes Stiefkind. Demgegenüber konnte sich die
Anlageberatung als geliebter Sonnenschein immer schon einer uneingeschränkten
Aufmerksamkeit des Regulators erfreuen. Dies liegt wohl daran, dass die der
Vermögensverwaltung zugrunde liegende portfolio- oder strategiebezogene
Sichtweise schwer in normative Formen zu fassen ist.
Die Schwierigkeit, eine auf Flexibilität und Diversifikation
ausgerichtete Portfoliostruktur zu regulieren, setzt sich auch bei der
Umsetzung der Nachhaltigkeitsvorgaben fort. Nach dem aktuellen Stand müssen
Vermögensverwalter ab dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen der
Kunden abfragen und bei den laufenden Transaktionen berücksichtigen.
Entscheidungsfreiheit
Der Kunde kann seinen Nachhaltigkeitsfantasien freien Lauf
lassen und entscheiden, welche Nachhaltigkeitskriterien qualitativ und
quantitativ bei der Zusammensetzung des Depots zu berücksichtigen sind. Zur
Veranschaulichung nannte Rechtsanwalt Christian Waigel in den VuV-Seminaren den
Schutz der Delfine im Südpazifik. Auch wenn dies eine Überspitzung ist, kommt
darin das vom Gesetzgeber normierte Ziel plastisch zum Ausdruck.
Insoweit erscheint es kaum vorstellbar, dass diese frei
definierbaren Wünsche in einer portfoliobezogenen Vermögensverwaltung eins zu
eins erfüllt werden können. Die wenigsten Anlagestrategien werden sich darauf
ausrichten lassen, die notwendigerweise unterschiedlichen Nachhaltigkeitsideen
der Kunden exakt umzusetzen.
Der Gesetzgeber hat dies wohl geahnt und die Möglichkeit
vorgesehen, dass der Kunde seine Nachhaltigkeitspräferenzen an das jeweils
angebotene Modell anpassen kann. Die sich hier aufdrängende Lösung besteht
mithin darin, den Kunden seine speziellen Nachhaltigkeitswünsche im Rahmen der
Exploration zunächst definieren zu lassen, um diese sodann im Wege der
Anpassung auf das jeweils angebotene eigene Nachhaltigkeitskonzept zurückzuholen.
Ein komplexes Thema
Im VuV beschäftigen sich zwei Fachausschüsse damit,
geeignete Muster für den WpHG-Bogen und die Geeignetheitsdokumentation zu
entwickeln. Auch wenn in den derzeit konsultierten ESMA-Guidelines darauf hingewiesen
wird, dass die Anpassung der Nachhaltigkeitspräferenzen nicht das
Standardverfahren sein sollte, wird dies am Ende der praktikabelste Königsweg
sein.
Ein Spaziergang ist dies angesichts der Aufklärungs- und
Dokumentationserfordernisse aber gleichwohl nicht. Damit der Kunde seine
Präferenzen an das jeweilige Nachhaltigkeitskonzept anpassen kann, muss er
hierüber transparent aufgeklärt werden. Schon die Erläuterung dessen, was
Nachhaltigkeitspräferenzen sind und was er sich mithin alles wünschen kann,
dürfte eine Herausforderung werden.
Noch anspruchsvoller ist es, ihm das eigene
nachhaltigkeitsbezogene Bewertungsmodell mit möglichst verständlichen Worten zu
erklären, damit er nachvollziehen kann, inwiefern er von seinen eigenen
Nachhaltigkeitspräferenzen abrücken muss.
Es dürfte wahrscheinlich auf Unverständnis stoßen, wenn die
zunächst so minutiös abgefragten Nachhaltigkeitspräferenzen dann am Ende doch
nicht umgesetzt, sondern auf das angebotene Anlagestrategiemodell
zurückgestutzt werden sollen.
Dieses Wechselbad ist aber letztlich der Preis, der
für Transparenz und insbesondere an das Postulat der Vermeidung von
Greenwashing entrichtet werden muss.
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