Tom Stubbe Olsen, einer der bekanntesten europäischen Value-Anleger, gibt nach 35 Jahren das Fondsmanagement auf.
16.06.2021 | 15:30 Uhr von «Jörn Kränicke»
Stubbe Olsen managte unter der Flagge seiner eigenen Firma
(Mensarius) bis Oktober 2020 den noch immer 440 Millionen großen Nordea 1 –
European Value Fund. Er wurde damals mit dem Nordea 1 – European Stars Equity Fund fusioniert. Daraufhin legte er den
Mensarius Sustainable Value Fonds auf. Stubbe Olsen zieht sich aber nun von der Verwaltung von Publikumsfonds zurück.
Der Co-Manager wechselte zu Emerald Wealth Partners
Cedric Jacques, bislang Co-Manager des Fonds, ist bereits im Mai zum Züricher Vermögensverwalter Emerald Wealth Partners gewechselt.
Stubbe Olsens Kapitulation liegt vor allem an der heutzutage
kurzfristigen Handelsmentalität
"Die Funktionsweise des Aktienmarktes ist heute ganz anders als in der zweiten Hälfte der 1980er Jahren, als ich anfing, praktische Erfahrungen mit professionellem Investieren zu sammeln. Seitdem haben sich die haben sich die Finanzmärkte und insbesondere der Aktienmarkt dramatisch verändert", sagt Stubbe Olsen.
Als wesentlichstes Problem sieht er den Verlust der Idee des Investierens im Gegensatz zu der kurzfristigen Handelsmentalität, die heute an den Märkten und in den Medien vorherrscht. "Die Idee, dass man beim Kauf einer Aktie Eigentümer eines Unternehmens ist, das reale Waren und Dienstleistungen produziert, reale Menschen beschäftigt und reale Kunden bedient, ist den meisten Marktteilnehmern und Medien leider verloren gegangen", so Stubbe Olsen.
Gesichtslose Akteure machen die Kurse
Überdies stört ihn die Dominanz von gesichtslosen ETFs, Algotradern und neuerdings Social-Media-Handelsplattformen. Sie würden oftmals eine extreme Volatilität erzeugen. Dies hält Stubbe Olsen für eine Bedrohung für den fundamental orientierten Investor. Denn so sei man möglicherweise nicht in der Lage, sein Geschäft so lange aufrechtzuerhalten, wie die Märkte irrational blieben.
Stubbe Olsen kritisiert die voranschreitende Regulierung
"Ein weiteres wesentlichs Problem ist, dass Regulierung und Compliance zu einer Situation geführt haben, in der weniger Informationen verfügbar sind, da Unternehmen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, in den sozialen Medien und in der Presse bezüglich Gewinnprognosen und nicht politisch korrekten Geschäftsaktivitäten oder Entscheidungen bloßgestellt zu werden. Die Einschüchterung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen mit schwerwiegenden Konsequenzen, wenn sie sich irren, ist nicht hilfreich, um das Risiko zu mindern und die langfristige Rendite zu sichern. Für den fundamentalen Investor erhöhen diese Probleme die Kapitalkosten und die Kosten der Geschäftstätigkeit als Vermögensverwalter", sagt der Value-Experte.
Anleger stehen vor sehr großen Herausforderungen
Stubbe Olsen sieht auch, dass alle Marktteilnehmer in den kommenden Jahren mit
großen Herausforderungen konfrontiert sind. Sie ergeben sich aus einem erhöhten
Verschuldungsgrad, einem Mangel an Möglichkeiten der Zentralbanken zur Bewältigung
künftiger Krisen, einer verzerrten Risikowahrnehmung zwischen den einzelnen
Anlageklassen und hohen Bewertungen praktisch aller Finanzanlagen.
Stubbe Olsen will sich nun vorrangig um das eigene Geld kümmern
Diese Herausforderungen mit einem langfristig ausgerichteten
Value-Fonds zu bewältigen, hält Stubbe Olsen für fast unmöglich. Daher wandelt
er seine Firma – Mensarius – in ein Family Office um. Dort kümmert er sich nur
noch um sein eigenes Geld und das von einigen seiner Kunden. "Meine Motivation als Investor war schon immer die Begeisterung übersehenen Investitionsmöglichkeiten zu entdecken. Ich freue mich darauf, genau das tun zu können, ohne die Zeit mit kurzfristigen, irrelevanten Themen zu verbringen, die von der externer Seite auferlegt werden", sagt Stubbe Olsen.
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