Der Absatz von Rentenversicherungen
ist rückläufig: 2022 wurden elf Prozent weniger Renten- und
Pensionsversicherungen abgeschlossen als noch im Jahr zuvor. Die versicherte
Summe sank um 4,7 Prozent. „Die lange herbeigesehnte Zinswende macht
Lebensversicherern jetzt zu schaffen. Auf den ersten Blick scheint sogar
Tagesgeld attraktiver zu sein als eine Investition in zusätzliche Altersvorsorge“,
sagt Michael Franke, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des
Versicherungsanalysten Franke und Bornberg. Zugleich verwandelten sich Bewertungsreservender Versicherer in stille Lasten. Denn die klassischen Tarife der
Rentenversicherungen investieren ihren Deckungsstock zu einem überwiegenden
Anteil in Anleihen mit langen Restlaufzeiten, deren Kurse aufgrund der
Zinserhöhungen tief gefallen sind. In den Genuss der Zinserhöhungen kommen
dagegen die Anleger zunächst nicht. Die garantierten Höchstrechnungszinsen
werden nur zeitverzögert angepasst. Aktuell wird für die in diesem Jahr
abgeschlossenen klassischen Rentenversicherungen ein Rechnungszins von gerade
mal 0,25 Prozent garantiert. Dabei bezieht sich die Garantie nicht auf den
eingezahlten Beitrag, sondern auf das durch Abschluss-, Risiko- und
Verwaltungskosten geschmälerte Anlagekapital. Die Realverzinsung nach Inflation
ist für die Versicherten daher tiefrot.
Verwirrende Tarifvielfalt unter den
Rentenversicherungen
„Für die meisten Menschen
bleibt private Vorsorge unverzichtbar. Und nur die wenigsten können sich einen
schlechten Tarif leisten“, sagt Michael Franke. Das Altersvorsorge-Rating 2023
von Franke und Bornberg erhebt den Anspruch, den Auswahlprozess zu unterstützen.
„Es liefert verlässliche Aussagen zur Qualität von Rentenversicherungen über alle
drei Schichten der Altersvorsorge“, so die im Oktober veröffentlichte
Pressemeldung zu dem Altersvorsorge-Rating 2023. Dafür haben die Analysten 429
Rententarife von 57 Anbietern untersucht. Kategorisiert werden die
Rentenversicherungen zum einen nach dem sogenannten Schichtenmodell der
Altersvorsorge und zum anderen nach dem Konzept der Kapitalanlage.
Das Schichtenmodell unterteilt die
Altersvorsorge in die drei Schichten der gesetzlichen Rentenversicherung und
berufsständischen Versorgung (1. Schicht), der geförderte kapitalgedeckte
Zusatzversorgung mit den Riester-Verträgen und der Varianten der betrieblichen
Altersvorsorge (2. Schicht) sowie der „sonstigen Altersvorsorge“ mit der
privaten Rentenversicherung, Kapitallebensversicherung und den Fondssparplänen
(3. Schicht). Der ersten Schicht wird auch die analog den Riester-Verträgen
nachgelagert versteuerte geförderte Basisrente (auch als „Rürup-Rente“
bezeichnet) für Selbständige zugeordnet. Komplexer sind die Rentenkonzepte nach
Art der Kapitalanlage. Dominierten vor zwei Jahrzehnten noch sogenannte
klassische Rententarife, deren Deckungskapital weitgehend in festverzinsliche
Anleihen investiert werden und deren Kapitalanlage eine vom Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses abhängige Garantieverzinsung erbringen muss, wurden im Zuge
der jahrzehntelangen Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank
Rentenversicherungen mit deutlich geringeren oder gar keinen Garantien auf den
Markt gebracht.
Viele dieser Anlagemodelle wie „beitragsorientierter Hybrid“
oder „garantieorientierter Hybrid“ kombinieren verschiedene Anlagetöpfe und
sind häufig so komplex ausgestaltet, dass sie oft nicht für die Vermittler,
geschweige den von den Anlegern nachvollziehbar sind. Indexpolicen suggerieren,
dass sie wie Indexfonds einen bestimmten Aktienindex abbilden und die Anleger
von dessen Wertentwicklung profitieren. Tatsächlich werden häufig nur
Überschussanteile eines konventionell investierten Deckungskapitals in die
Aktienindices reinvestiert, weshalb Indexpolicen enttäuschende Renditen haben. Die besten Gewinnchancen versprechen unter
den Rententarifen die Fondsrente, wobei die Rendite in Aktienfonds häufig wegen
hoher Kosten auf Versicherungs- und Fondsebene oder durch schlechte Ergebnisse
der angebotenen gemanagten Fonds im Vergleich zu ETF-Sparplänen enttäuschend
ausfällt.
Daher überrascht es, dass im
Altersvorsorge-Rating 2023 von Franke und Bornberg jede dritte der 259
bewerteten Privatrenten (3. Schicht) mit der Höchstnote FFF+ bewertetet wurden.
Die häufigsten Bestnoten erhielten im Rating von Franke und Bornberg dabei die
Fondspolicen (siehe Grafik). Am
schlechtesten schneiden in der 3. Schicht die Tarife der Kategorie Klassik ab.
Knapp ein Drittel (30,4 %) aller Klassiktarife erhalten die Note F+
(ausreichend) oder schlechter. Unter den 153 untersuchten Basisrenten (1. Schicht)
wurden dagegen sogar 58 Prozent der Tarife mit der Höchstnote bedacht, während
in der einst umsatzstarken Sparte der Riesterrenten (2. Schicht) nur eine
kleine Anzahl von 17 Tarifen zur Wahl standen. Ein Grund für die weitgehend
gute Bewertung der Tarife dürfte sein, dass angesichts der vielen
Bewertungskriterien (16) Kriterien wie finanzielle Stabilität des Unternehmens,
Beitragszahlung, Flexibilität zum Rentenbeginn, Zuzahlungen, die tatsächlich die
Rentenhöhe bestimmende Faktoren (Überschussbeteiligung, Garantieausprägung) in
der Gesamtnote einen relativ kleinen Anteil einnehmen.
Niedrige Rentenfaktoren drücken die Rentenhöhe im
Verhältnis zum Kapital
Wer erwägt, eine private oder
betriebliche Rentenversicherung abzuschließen, der sollte zunächst auf den
Rentenfaktor achten. Er bestimmt, wie viel Monatsrente aus einem dem zur
Verfügung stehenden Kapital zum Rentenbeginn gezahlt wird und wird pro 10.000
Euro angegeben. Bei einem Rentenfaktor von 30 erhält der Versicherte zum
vereinbarten Termin aus 100.000 Euro eine lebenslange monatliche Rente von 300
Euro. Liegt der Faktor bei 25, beträgt die Rente nur 250 Euro im Monat. Bei
der am häufigsten verbreiteten aufgeschobenen Rentenversicherung, bei dem das
Kapital in der Aufschubzeit zuerst angespart wird, wird häufig der sogenannte
„aktuelle Rentenfaktor“ angegeben. Dieser ist allerdings nicht garantiert und
kann deshalb später zum Rentenbeginn auch niedriger ausfallen. Wird ein
garantierter Rentenfaktor angegeben, fällt dieser oft deutlich geringer aus, da
der Versicherer dafür in der Regel einen Sicherheitsabschlag vornehmen.
In
einer älteren Untersuchung hat Frank und Bornberg auch die Rentenfaktoren 2021
und 2022 untersucht. Die Rentenfaktoren von 2023 sind dabei noch nicht
enthalten. Im Vergleich von 2022 zu 2021 ist der aktuelle Rentenfaktor bei fast
allen Gesellschaften gesunken. Lag er 2021 im Durchschnitt noch bei 29,09 Euro,
beträgt er 2022 nur noch 25,97 Euro – ein Rückgang von 3,12 Euro oder 10,73
Prozent! Bei 100.000 Euro Ausgangskapital fehlen also Monat für Monat 31,20
Euro versicherte Rente. Allerdings liefern nicht alle Unternehmen Werte. Den
höchsten aktuellen Rentenfaktor bot 2022 die Condor Lebensversicherung mit
einem Faktor von 26,61 Euro, den niedrigsten Wert bot die Bayerische
Lebensversicherung mit ihrer nachhaltigen Produktlinie Pangaea Life mit 20,43
Euro. Unter den Lebensversicherer, die einen garantierten Rentenfaktor angaben,
schnitt die WWK mit 25,93 Euro an der Spitze. Wie gering die Rente aus den
aktuellen und garantierten Rentenfaktoren ist, wird einem aber erst bewusst,
wenn die daraus resultierende Rentenzahlung in das Verhältnis zum Kapital
gesetzt werden. Aus dem aktuellen Rentenfaktor von 26,61 der Condor resultiert
aus einem Kapital von 100.000 eine jährliche Rentenzahlung von 3193,20 Euro.
Wird dasselbe Kapital für einen Zins von 3,1932 Prozent angelegt, ergibt sich
pro Jahr dieselbe Auszahlung. Mit einem entscheidenden Unterschied. Die
Rentenversicherung zahlt die Rente nur lebenslang aus und behält das Kapital.
Der Aktuar Axel Kleinlein kritisiert die Lebensversicherer, dass die private Rente sich oft nur für Hundertjährige rechnet. Vergleicht man die Rentenfaktoren zudem mit der
aktuellen Verzinsung der Spitzenangebote von Tages- und Festgeld, so liegen
diese zum Teil sogar bei 3,5 Prozent oder 4,00 Prozent. Es ist ganz
offensichtlich, dass die private Rente aktuell für die Anleger ein schlechtes
Geschäft ist, zumal auch die Kosten für die Anlage in der Ansparphase oft
deutlich höher als bei günstigen Fondssparplänen sind.
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