Die Industrieproduktion fiel im April überraschend um 2,9
Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistikamt in Peking
berichtete. Auch die Einzelhandelsumsätze brachen deutlicher als von Analysten
vorhergesagt sogar um 11,1 Prozent ein.
Die Zahlen deuten nach Ansicht von Experten darauf hin, dass
der Abschwung in diesem Jahr stärker als erwartet ausfällt. «Die Daten für die
Aktivitäten im April haben den Schaden durch die Lockdowns in Shanghai und
anderen Teilen des Landes offengelegt», schrieben Chang Shu und Eric Zhu in
einer Analyse der Finanzagentur Bloomberg. «Die Auswirkungen sind viel breiter
und tiefer als erwartet.»
Millionen Menschen im Lockdown
Die Ankunft der sich schnell verbreitenden Omikron-Variante
stellt die strikte chinesische Null-Covid-Strategie auf eine harte Probe. Zig
Millionen Menschen in Metropolen wie Shanghai, Changchun oder der Provinz Jilin
stecken seit Wochen in Lockdowns und dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen. In
Peking sind zahlreiche Nachbarschaften abgeriegelt. Die meisten Geschäfte und
viele U-Bahnhöfe sind geschlossen. Millionen müssen im Homeoffice arbeiten.
Durch die Beschränkungen ist der Frachtverkehr landesweit
deutlich zurückgegangen. Lieferketten sind unterbrochen. Viele Betriebe mussten
die Produktion einstellen oder herunterfahren. Der Containertransport über den
größten Hafen der Welt in Shanghai ist stark eingebrochen. Die Lieferengpässe
werden auch in Deutschland über höhere Preise zu spüren sein, wie Experten
vorhersagen. Auch in China tätige deutsche und andere europäische oder
ausländische Unternehmen sind schwer betroffen.
Behörde: Folgen werden kurzfristig sein
Trotz der schlechten Zahlen versuchte der Sprecher des
Statistikamtes, Fu Linghui, vor der Presse in Peking, eher Optimismus zu
verbreiten. «Der Covid-Ausbruch im April hatte große Auswirkungen auf die
Wirtschaft, aber die Folgen werden kurzfristig sein.» Die guten langfristigen
Grundlagen der chinesischen Wirtschaft seien unverändert. Wenn die
Covid-Maßnahmen Fortschritte machten und die Politik zur Stabilisierung der
Wirtschaft ihre Wirkung zeige, sei zu erwarten, dass sich die Konjunktur wieder
schrittweise erhole.
Die Anlageinvestitionen fielen im April leicht um 0,82
Prozent im Vergleich zum Vorjahr, stiegen aber seit Jahresanfang um 6,8 Prozent
und liegt damit im Rahmen des Plans. Der Anstieg spiegelt die Anstrengungen der
Regierung wider, die Ausgaben für Infrastruktur zu erhöhen, um die Konjunktur
anzukurbeln.
Die chinesische Führung hatte für dieses Jahr ein
Wachstumsziel von 5,5 Prozent vorgegeben. Ob die ursprünglich schon
optimistische Vorgabe erreicht werden kann, wird sowohl wegen der
Covid-Ausbrüche und der strikten Maßnahmen in China als auch wegen des
Rückschlags für die Weltwirtschaft durch den russischen Krieg in der Ukraine
immer fraglicher.
Quelle: dpa-AFX
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