Steuern Wirtschaft und Märkte auf unsichere Zeiten zu, spielen Wandler ihre Vorzüge im Depot aus. Denn die Papiere sind eine Art "Aktien mit Airbag".
28.10.2021 | 12:15 Uhr von «Andreas Hohenadl »
Das Corona-Jahr 2020 bringt alle Voraussetzungen mit, um es in schlechter Erinnerung zu behalten. Dem Markt für Wandelanleihen verpasste es allerdings einen gehörigen Schub. Denn in der durch das Virus ausgelösten Krise entdeckten viele Unternehmen die Zwitterpapiere als Finanzierungsinstrument neu oder wieder. Es kam zu einem Boom an Neuemissionen, der auch in diesem Jahr anhält und erneut für eine Rekordmarke sorgen könnte.
Wandelanleihen eignen sich hervorragend, um unkompliziert, schnell und kosteneffizient Kapital aufzunehmen. Institutionelle Investoren und clevere Privatanleger wiederum legen sich die auch als Convertible Bonds bezeichneten Papiere ins Depot, um es für künftige Krisen zu stabilisieren. Denn Wandler bieten ein asymmetrisches Risikoprofil. Als Faustregel gilt, dass die Papiere Aufwärtsbewegungen bei Aktien zu zwei Dritteln mitmachen, Abwärtsbewegungen aber nur zu einem Drittel.
Im vergangenen Jahr zeigte die Anlageklasse jedenfalls eindrucksvoll, was in ihr steckt. Auf Jahressicht schnitten globale Wandelanleihen nicht nur besser ab als Unternehmensanleihen, sondern sogar besser als Aktien. Mit dem Convertible-Bond-ETF von SPDR (s. Investor-Info) konnten Anleger 2020 einen Zugewinn von knapp 25 Prozent erzielen, mit einem ETF auf den Weltaktienindex MSCI World waren gerade mal gut fünf Prozent möglich. Ein wesentlicher Grund: Convertible Bonds verloren während des Corona-Crashs deutlich weniger als Aktien und schafften darum schneller die Wende ins Plus.
Dass es 2020 so rasant aufwärtsging, hat aber auch mit der schnellen Bewältigung der Corona-Krise zu tun, mit den massiven Hilfspaketen der Regierungen sowie der sich früh abzeichnenden Konjunkturerholung. Das ließ zum einen die Kurse von Aktien aus konjunkturabhängigen Branchen wie der Reise- und Touristikindustrie nach oben drehen. Zum anderen beflügelten die staatlichen Milliardenspritzen, die insbesondere die Energiewende beschleunigen sollten, grüne Firmen oder Projekte.
In diesem Umfeld platzierte zum Beispiel der französische Energieriese EDF seine vierjährigen Green Convertible Bonds im Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Die Erlöse aus der Emission will EDF dafür verwenden, seinen Anteil an regenerativen Energien auszubauen.
"Die Emission von EDF hat große Wellen geschlagen, die Nachfrage war riesig", sagt Daniel Zimmer, Fondsmanager bei Aramea. "Denn mit EDF brachte ein Unternehmen mit Investment-Grade-Rating Wandelanleihen auf den Markt. Das kommt nicht ganz so oft vor." Für den Aramea Global Convertible hielten Zimmer und seine Kollegen sich indes zurück. Denn bei diesem Portfolio spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. EDF als großer Player in der Atomkraft fällt da durchs Raster.
Den wesentlichen Schub indes verpassten 2020 Unternehmen im Bereich neue Technologien dem Wandelanleihemarkt. Viele Emittenten kommen aus der zweiten oder dritten Reihe der Technologiebranche. Ihren Produkten und Dienstleistungen verschaffte die Corona-Pandemie eine Sonderkonjunktur. Fondsmanager Zimmer nennt als Beispiele die Online-Apotheken Shop Apotheke und Zur Rose. Das Interesse an deren Geschäftsmodellen wuchs rasant, als Kontaktbeschränkungen das öffentliche Leben lahmlegten.
"Der Convertibles-Markt ist geprägt von jungen Unternehmen", so Zimmer. "Für sie bieten Wandler ein günstiges Instrument zur Finanzierung." Denn im Vergleich zu klassischen Bonds müssen sie weniger Zinsen bieten, wenn sie die Papiere mit einer Wandlungsoption ausstatten. Aber auch größere Tech-Companies nutzen Wandelanleihen. Beispiel Sea Limited: Der Konzern aus Singapur bietet Onlinespiele an und betreibt eine E-Commerce-Plattform. In der bisher größten Finanzierungsrunde Südostasiens gab Sea unlängst Wandelanleihen für fast 2,9 Milliarden US-Dollar aus.
Investoren profitieren bei Wandlern davon, dass sie unbegrenzt dabei sein können, wenn die Aktie einer der innovativen Firmen durch die Decke geht. Sollte sich der Aktienkurs schlecht entwickeln, kommt der "Airbag" zum Einsatz. Sprich: Der Anleger hat die Gewissheit, am Ende der Laufzeit zumindest den Nennwert der Anleihe zu erhalten (sofern der Emittent nicht pleitegeht).
Was die Sache mit Wandlern jedoch schwierig macht, ist das individuelle Profil jedes einzelnen Papiers, das in dicken Prospekten mit vielen Klauseln festgelegt ist. "Wandelanleihen sind prädestiniert für Fonds, deren Manager sich intensiv mit der Materie beschäftigen", sagt Zimmer. Auch wenn 2020 ein Ausnahmejahr gewesen sei, hält er die Anlageklasse weiter für interessant. "Convertibles passen super in die Zeit und können ein guter Baustein sein, um ein Depot zu diversifizieren."
Unternehmen in den USA emittieren die meisten Wandler weltweit. Danach folgen Firmen aus Europa und Asien. In letztgenannter Region werden Convertibles als Finanzierungsinstrument immer beliebter. Der Fonds von Schroders hat sich erfolgreich auf diese Papiere fokussiert. Fast zwei Drittel machen Wandler aus China aus. Das Fonds bietet eine gute Möglichkeit, risikoreduziert am Aufstieg des Riesenreichs zu partizipieren.
Der SPDR-ETF bildet einen Index von Refinitiv (früher Thomson Reuters) ab, der die Wertentwicklung von rund 350 Wandelanleihen weltweit nachvollzieht. Stark gewichtet sind derzeit die Papiere des Energieriesen EDF sowie des Tech-Konzerns Sea Group. Über die vergangenen fünf Jahre lieferte der 2014 aufgelegte ETF eine durchschnittliche Rendite p. a. von zehn Prozent. Seit 2018 ist auch eine in Euro gehedgte Variante (ISIN: IE 00B DT6 FP9 1) erhältlich.
Eine im Vergleich zum oben vorgestellten Indexfonds ruhigere Kursentwicklung (durchschnittliche Rendite über fünf Jahre: fünf bis sechs Prozent p. a.) zeigt der Wandlerfonds von Aramea. Mit diesem setzt Fondsmanager Daniel Zimmer gezielt auf Convertible Bonds mit mittlerer Aktiensensitivität, um so stärker an Aufwärts- als an Abwärtsbewegungen der unterliegenden Aktien teilzunehmen. Mehr als die Hälfte der Wandler im Portfolio kommen aus Europa. Der Fonds verfolgt strikte Nachhaltigkeitskriterien, was sich auch im hervorragenden Eco-Rating "A" niederschlägt.
Dieser Artikel erschien zuerst am 27.10.2021 auf boerse-online.de
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