„MiFID 2: Was hat der Gesetzgeber bereits geregelt? Was ist noch offen?“
Der deutsche Gesetzgeber befindet sich gewissermaßen im „Schlussspurt“, was die Erledigung anhängiger Gesetzgebungsverfahren innerhalb der laufenden Legislaturperiode anbelangt. In seiner 228. Sitzung am 30. März 2017 hat sich der Deutsche Bundestag kurz vor Mitternacht sowohl noch mit der Umsetzung von MiFID2 und MiFIR (dazu nachstehend) als auch mit der Umsetzung der neuen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) befasst.06.04.2017 | 09:00 Uhr
Der Bundestag hat den „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte“ (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) in zweiter und dritter Beratung angenommen. Den Beratungen lag die Beschlussempfehlung samt Bericht des Finanzausschusses (BT-Drucksache 18/11775 vom 29. März 2017) zugrunde. Damit hat die Umsetzung der MiFID2 (und, soweit erforderlich, der MiFIR) in deutsches Recht eine der letzten Hürden genommen. Jetzt muss sich noch der Bundesrat mit dem Gesetzesvorhaben befassen. Einer termingerechten Umsetzung bis zum 3. Juli 2017 dürfte aber nichts mehr im Wege stehen.
Die maßgeblichen Vorschriften im neu gefassten und neu nummerierten WpHG, insbesondere zu den Themen des Anlegerschutzes, stehen damit so gut wie fest. Hierauf kann und muss man sich jetzt einstellen. Bis zur Anwendung des neuen Rechts verbleiben nur noch rund neun Monate. Inhaltlich haben sich, soweit unmittelbar ersichtlich, keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf des 2. FiMaNoG vom 21. Dezember 2016 ergeben. Zwei Punkte erscheinen insbesondere erwähnenswert: Durch zusätzliche Änderungen des WpHG (siehe §§ 63, 64 n.F.) soll es nunmehr Erleichterungen im Hinblick auf Produktinformationen zu Aktien bei der Anlageberatung von Privatkunden geben. Für an einem organisierten Markt gehandelte Aktien kann anstelle des bislang vorgesehenen Produktinformationsblattes (PIB) ein vereinfachtes „standardisiertes Informationsblatt“ verwendet werden. Außerdem soll im Rahmen der neuen Anforderungen an die Kostentransparenz eine „formalisierte Kostenaufstellung“ eingeführt werden. Wie sich diese Kostenaufstellung (deren Details noch durch nationale Rechtsverordnung festzulegen sein werden) zu den einschlägigen Vorgaben der unmittelbar anwendbaren Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. April 2016 verhält, wird sich noch herausstellen müssen.
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die für den Anlegerschutz maßgeblichen drei Delegierten Rechtsakte der EU-Kommission (Delegierte Richtlinie (EU) 2017/593 vom 7. April 2016, Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. April 2016 und Delegierte Verordnung (EU) 2017/567 vom 18. Mai 2016) unlängst (endlich) im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden sind (siehe ABl. L 87 vom 31. März 2017).
Zwei für Anlageberater, Anlagevermittler und Finanzportfolioverwalter sowie deren Produktlieferanten wesentliche Regelungsbereiche sind indessen nach wie vor nicht abschließend konkretisiert worden. In Bezug auf die Themenkreise Product Governance sowie Zuwendungen/Anreize steht die Umsetzung der in der Delegierten Richtlinie (EU) 2017/593 vom 7. April 2016 enthaltenen Anforderungen in deutsches Recht noch aus. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte im Referentenentwurf des 2. FiMaNoG vom 29. September 2016 eine entsprechende Umsetzung in der neu gefassten WpDVerOV vorgesehen. Ebenso fand sich dort eine Neufassung der MaAnzV (zur Qualifikation von Mitarbeitern in der Anlageberatung, Finanzportfolioverwaltung etc.). Im Regierungsentwurf vom 21. Dezember 2016 fehlten dann diese Verordnungen und die entsprechenden neuen Vorschriften. Es ist davon auszugehen, dass das BMF diese demnächst erneut vorlegen wird, wobei abzuwarten bleibt, ob es zu inhaltlichen Änderungen gegenüber den im Referentenentwurf enthaltenen Vorschriften kommt (beispielsweise hinsichtlich der neuen Anforderungen an die Qualitätsverbesserung der betreffenden Dienstleistungen durch Zuwendungen).
Schließlich warten auch die Finanzanlagenvermittler weiter darauf, welche Änderungen sich in der GewO und/oder der FinVermV ergeben. Während man wohl davon ausgehen darf, dass es grundsätzlich bei der gesonderten Regulierung im Rahmen der genannten Regelwerke bleibt, ist mit durchaus weit reichenden Neuerungen inhaltlicher Art zu rechnen. Art. 3 Abs. 2 MiFID2 verlangt insoweit eine nationale Regulierung und Beaufsichtigung, die den neuen Anforderungen der MiFID2 samt Durchführungsbestimmungen in weiten Teilen entspricht.