Mit dem Kinderstartgeld Finanzkompetenz stärken

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein Gremium der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung hat ein Kinderstartgeld vorgeschlagen. So sollen mit einem kleinen monatlichen Anlagebetrag praktische Erfahrungen an den Kapitalmärkten gefördert werden. Breite Bevölkerungsschichten können damit eine höhere Finanzkompetenz erwerben und in Deutschland soll so die Aktienkultur gestärkt werden.

11.10.2024 | 12:15 Uhr

Wichtige Kernelemente des Kinderstartgelds sind die automatische Erfassung aller Kinder, eine ausreichend lange Anspardauer, eine hohe Aktienquote und breite Streuung der Anlage. Das Kinderstartgeld kann die geplante nationale Finanzbildungsstrategie der Bundesregierung sinnvoll ergänzen, um die Lücke bei der Übersetzung von Finanzwissen in Anlageentscheidungen zu schließen.

Früh an den Kapitalmarkt heranführen

Um eine Teilnahme am Kapitalmarkt bereits früh im Leben zu verankern und dadurch langfristige Erfahrungen mit entsprechenden Anlagen und deren Renditechancen für breite Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, soll ein Kinderstartgeld für Kinder ab sechs Jahren eingeführt werden. Mit dem Kinderstartgeld sollen staatlich finanziert monatlich zum Beispiel zehn Euro in einen ausgewählten Fonds eingezahlt werden. Nach Ansicht des Sachverständigenrates Wirtschaft ist ein breit diversifizierter Fonds mit einem hohen Aktienanteil ein unverzichtbares Kernelement des Kinderstartgelds. Dies ermöglicht im langen Anlagehorizont am Kapitalmarkt eine solide Rendite bei geringem Risiko. Der neue Policy Brief des Sachverständigenrates Wirtschaft konkretisiert den Vorschlag für ein Kinderstartgeld aus dem Jahresgutachten 2023/24 und erläutert wichtige Eckpunkte für die Umsetzung.

Lernen durch eigene Erfahrungen

„Die bisherigen Finanzbildungsprogramme haben, nicht nur in Deutschland, weniger zur Stärkung der Finanzkompetenz in der Bevölkerung beigetragen als erhofft. Anders als bisherige Maßnahmen zielt das vorgeschlagene Kinderstartgeld darauf ab, Finanzverhalten durch das Lernen aus Erfahrungen zu stärken – anstatt auf theoretisches Wissen,“ erläutert Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. Werden bereits jüngere Kinder in das Programm aufgenommen, wirkt das Kinderstartgeld auch auf die Finanzkompetenz der Eltern, da sie zunächst die Kapitalanlage für ihre minderjährigen Kinder übernehmen.

Wichtige Eckpunkte für ein Kinderstartgeld

Das Kinderstartgeld sollte alle Kinder in Deutschland ab dem sechsten Geburtstag automatisch erfassen. Hierfür sollte die Anspruchsberechtigung für das Kinderstartgeld an den Bezug von Kindergeld geknüpft werden.

Ein kleiner monatlicher Betrag genügt, da mit dem Kinderstartgeld praktisches Wissen erworben wird und das Programm nicht in erster Linie dem Vermögensaufbau dienen soll.

Zehn Euro pro Monat

Kinder sollten zwölf Jahre lang monatlich zum Beispiel zehn Euro zur Anlage in einen liquiden, breit gestreuten Fonds mit hohem Aktienanteil und niedrigen Kosten erhalten.

Bei der Fondsauswahl sollten nur autorisierte UCITS-Fonds berücksichtigt werden, die sich an Kleinanlegerinnen und Kleinanleger richten und eine einfache, sichere Anlagemöglichkeit in Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere bieten.

Lange Anspardauer nötig

Die Anspardauer muss hinreichend lang sein, damit Kinder (und deren Eltern) verschiedene Finanzzyklen erleben und von den Vorteilen einer breit gestreuten Anlage profitieren. Eine Simulation des Sachverständigenrates Wirtschaft zeigt, dass der Wert des Portfolios nach zwölf Jahren mit einem Aktienanteil von 100 Prozent im Median um 13 Prozent höher ist als bei einem Aktienanteil von 50 Prozent (Median).

Falls Eltern keine aktive Anlageentscheidung treffen, fließen die Einzahlungen in einen Fonds mit einem hundertprozentigen Aktienanteil (Default-Option).

Auszahlung mit der Volljährigkeit

Während der Ansparphase sollten Auszahlungen grundsätzlich nicht zulässig sein. Mit Erreichen der Volljährigkeit sollte die angesparte Summe ohne Zweckbindung ausgezahlt werden können. Das Kinderstartgeld sollte so gestaltet werden, dass es an eine künftig reformierte Riester-Rente anschlussfähig ist, damit Anspruchsberechtigte den Fonds weiter besparen können.

Schulische Begleitung erwünscht

Durch eine bildungspolitische Begleitung des Programms an Schulen und über altersgerechte Finanzbildungskurse zu wichtigen Zeitpunkten, wie etwa kurz vor Ende der Ansparphase, könnte die Wirkung des Kinderstartgelds auf die Finanzkompetenz noch gestärkt werden. Vorausgesetzt, diese Kurse werden ansprechend gestaltet und Lehrkräfte geschult, um die Anlagemöglichkeiten des Kinderstartgelds zu erklären.

Werden schrittweise alle Kinder in das Programm einbezogen, verursacht das Programm in der Aufbauphase nur moderate Kosten für den Bundeshaushalt, von 91 Mio. Euro im ersten Jahr ansteigend auf langfristig etwa 1,5 Mrd. Euro pro Jahr.

Zum Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat wurde durch Gesetz im Jahre 1963 mit dem Mandat eingerichtet, aus unabhängiger Expertensicht eine periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen und damit zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit beizutragen. (jk)

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