Versicherer AXA zieht umstrittene Kündigungen durch - Verbraucherschützer wollen vor Gericht
Der Versicherer AXA hat seine Drohung wahrgemacht und umstrittene Kündigungen tatsächlich ausgesprochen. Es geht um Kunden einer "Unfall-Kombirente ohne Beitragsrückgewähr". Verbraucherschützer wollen vor Gericht ziehen.18.09.2019 | 10:45 Uhr von «Martin Reim»
Vor gut einem Jahr wurde bekannt, dass die AXA knapp 18.000 Verträge ihrer "Unfall-Kombirente ohne Beitragsrückgewähr" loswerden will. Die Pläne hatten damals für Aufsehen gesorgt, weil ihr Umfang ungewöhnlich war. Der Konzern hatte seine Entscheidung unter anderem damit begründet, der "erhebliche medizinische Fortschritt" habe die Kosten erhöht.
Die AXA wollte nur dann auf eine Kündigung verzichten, wenn der Versicherungsnehmer 2017 mindestens 58 Jahre alt war, bereits eine Rente erhält oder in eine sogenannte Existenzschutzversicherung der AXA wechselt. Diese Police sei eine "bezahlbare Alternative" zur Unfall-Kombirente und beinhalte "in wesentlichen Aspekten" höhere Leistungen. Die Frist für einen solchen Vertragswechsel wurde mehrfach verlängert.
Die "Mehrheit" der betroffenen Kunden sei in die Existenzschutzversicherung gewechselt, erklärte nun eine AXA-Sprecherin gegenüber boerse-online.de. Allen anderen sei gekündigt worden, eine konkrete Zahl nannte sie nicht. Die Kündigungen würden zu den "individuellen Hauptfälligkeiten" wirksam - also zum Ende der Laufzeit der Kombirenten-Verträge.
Die Verbraucherzentale (VZ) Hamburg erklärte, man wolle gegen die Kündigungen vor Gericht ziehen. Einen konkreten Zeitpunkt für eine Klage gebe es noch nicht, sagte die VZ-Abteilungsleiterin Kerstin Becker-Eiselen auf Anfrage, "wir arbeiten daran". Die VZ hatte im Mai der AXA eine Unterlassungserklärung zugestellt und erklärt: "Zahlreiche Schilderungen von Verbrauchern zeigen, dass die Unfall-Kombirente nicht vorrangig als Unfallversicherung, sondern als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung vermittelt wurde." Bei Berufsunfähigkeitspolicen sei eine ordentliche Kündigung, wie sie die AXA nun vollzogen hat, nach allgemeiner Ansicht ausgeschlossen. Zudem sei die Existenzschutzversicherung kein adäquater Ersatz. Die AXA hatte die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben. Eine Sprecherin betonte: "Unser Vorgehen entspricht geltendem Recht."
Auch wenn die Zahl der potenziellen Kündigungen ungewöhnlich hoch ist: Solche Aktionen sind auch von anderen Versicherern bekannt. So wurde im Frühjahr öffentlich, dass sich die Basler - über vier Jahre verteilt - von rund 4000 Kinderinvaliditätsversicherungen trennt. "Wir haben uns entschieden, uns frühzeitig von kostenintensiven Spezialsegmenten mit sehr geringem Volumen zu trennen", sagte ein Firmensprecher gegenüber dem Magazin "Finanztest".